Brüder lasst uns den Text hinterfragen

Aus Biblische Bücher und Predigten

Version vom 8. März 2010, 19:42 Uhr von JoyaTeemer (Diskussion | Beiträge)
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English: Brothers, Let Us Query the Text

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Von John Piper Über Seelsorge

Übersetzung von Andreas Enns

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Wenn die Bibel zusammenhängend ist, dann bedeutet das Verstehen der Bibel, dass man begreift wie Dinge zusammenpassen. Ein biblischer Theologe zu werden bedeutet zu sehen wie sich mehr und mehr Teile in ein prächtiges Mosaik des göttlichen Willens zusammenfügen. Und eine Exegese durchzuführen bedeutet den Text zu befragen wie die vielen Aussagen im Kopf des Autors zusammenhängen.

Wenn wir vor haben unsere Leute zu füttern, müssen wir in unserem Verständnis biblischer Wahrheit stets voranschreiten. Und um in unserem Verständnis biblischer Wahrheit voranzuschreiten, müssen wir von biblischen Zusagen beunruhigt werden.

Es muss uns Sorge bereiten, dass Jakobus und Paulus scheinbar nicht übereinstimmen. Nur wenn wir besorgt und beunruhigt werden denken wir härter nach. Und wenn wir nicht stark darüber nachdenken wie biblische Zusagen zusammenpassen, werden wir nie zu ihrer gemeinsamen Wurzel durchdringen und die Schönheit der einheitlichen göttlichen Wahrheit entdecken. Das Endresultat wird sein, dass unsere Bibellese geschmacklos wird, wir werden uns zu faszinierender Sekundärliteratur wenden, unsere Predigten werden die schwache Arbeit von „zweiter Hand“[1] und die Leute werden hungrig nach Hause gehen.

„Wir denken niemals nach bis wir mit einem Problem konfrontiert werden“, sagte John Dewey. Er hatte recht. Und das ist es warum wir nie ernst über biblische Wahrheit nachdenken werden bis wir nicht von ihrer Komplexität erschüttert werden.

Wir müssen uns angewöhnen systematisch beunruhigt zu werden von Dingen, die auf den ersten Blick keinen Sinn ergeben. Oder um es auf anderem Wege auszudrücken, wir müssen unablässig den Text hinterfragen. Eine der größten Ehren, die ich empfing, während ich in Bethel unterrichtet habe, war als der Lehrassistent des Bibel-Fachbereichs mir ein T-Shirt gab mit den Initialen von Jonathan Edwards vorne und hinten die Worte: „Fragen zu stellen ist der Schlüssel zum Verständnis.“

Aber es gibt einige starke Kräfte, welche sich unserem unablässigen und systematischen Befragen von biblischen Texten widersetzen. Eine ist, dass es viel Zeit und Energie für einen kleinen Teil der Schrift benötigt. Uns wurde beigebracht [fälschlicherweise], dass es einen direkten Zusammenhang zwischen vielem Lesen und Gewinnen von Einsicht gibt. Aber die Tatsache ist, dass es überhaupt keine positive Korrelation zwischen Quantität der Seiten und Qualität der gewonnenen Erkenntnis gibt. Genau das Gegenteil. Außer einiger Genies, verringert sich die Erkenntnis indem wir versuchen mehr und mehr zu lesen. Erkenntnis oder Verständnis ist das Produkt von intensivem, kopfschmerzenbereitendem Nachdenken über zwei oder drei Verse und wie sie zusammenpassen. Diese Art von Reflektion und Nachsinnen wird durch das Fragenstellen an den Text hervorgerufen. Und das kann man nicht in Eile tun. Deshalb müssen wir dem trügerischen Drängen widerstehen unsere Leseleistung voranzutreiben. Nimm dir zwei Stunden um Galater 2:20 zehn Fragen zu stellen und du wirst das Hundertfache der Erkenntnis bekommen, die du beim Lesen von 30 Seiten des Neuen Testaments oder eines anderen Buches gewonnen hättest. Schalte einen Gang runter. Hinterfrage. Überlege. Sinne nach.

Ein anderer Grund warum es hart ist stundenlang die Wurzeln des Zusammenhangs zu erforschen ist, dass es heutzutage grundsätzlich unmodern ist zu systematisieren und nach Harmonie und Einheit zu suchen. Dieses noble Streben ist auf harte Zeiten gefallen, weil so viel künstliche Harmonie von ungeduldigen und gereizten Bibelverteidigern entdeckt wurde. Aber wenn Gottes Denkweise wirklich kohärent und nicht verworren ist, dann muss die Bibelauslegung dahin zielen, den Zusammenhang von biblischer Offenbarung und die tiefgründige Einheit der göttlichen Wahrheit zu sehen. Wenn wir nicht ewig mit der Oberfläche der Dinge rumstümpern wollen (um Worte streitend), dann müssen wir der atomistischen (und im Grunde anti-intellektuellen) Weise in der heutigen theologischen Bildung widerstehen. Es wird viel zu viel Zeit verwendet vergangene Versäumnisse aufzudecken und viel zu wenig Zeit für Konstruktives verwendet.

Eine dritte Kraft, die der Bemühung der Bibel Fragen zu stellen entgegenwirkt ist die: Fragen zu stellen ist das gleiche wie Probleme aufwerfen, und uns wurde unser ganzes Leben hindurch abgeraten Probleme in Gottes heiligem Buch zu finden.

Es ist unmöglich die Bibel zu hoch zu achten, aber es ist sehr gut möglich sie in falscher Weise zu achten. Wenn wir nicht ernstlich danach fragen wie verschiedene Texte zusammenpassen, dann sind wir entweder übermenschlich (und durchblicken alle Wahrheit mit einem Blick) oder gleichgültig (und kümmern uns nicht darum mehr Wahrheit zu sehen). Allerdings kann ich nicht einsehen wie jemand, der übermenschlich oder gleichgültig ist, eine angemessene Achtung für die Bibel haben kann. Deshalb verlangt die Ehrfurcht vor dem Wort Gottes, dass wir Fragen stellen und Probleme aufwerfen und dass wir glauben, dass es Antworten und Lösungen gibt, welche unsere Arbeit mit „Neuen und Alten Schätzen“ belohnen. (Matt. 13:52)

Wir müssen unseren Leuten beibringen, dass es nicht respektlos ist Schwierigkeiten im biblischen Text zu sehen und darüber hart nachzudenken wie sie gelöst werden können.

Ich beschuldige nicht meinen 6-jährigen Sohn, Benjamin, wegen Respektlosigkeit wenn er den Sinn eines Bibelverses nicht versteht und mich befragt. Er lernt gerade erst zu lesen. Aber wurden unsere Fähigkeiten zu lesen schon perfektioniert? Kann einer von uns nach einmaligem Lesen die Logik eines Abschnitts begreifen und sehen wie jeder Teil mit allen anderen verknüpft ist und wie sie alle zusammenhängen um einen einheitlichen Punkt zu ergeben? Wie viel weniger wenn man an einen ganzen Brief denkt, das Neue Testament, die Bibel! Wenn uns die Wahrheit interessiert, müssen wir unablässig den Text hinterfragen und uns daran gewöhnen von Dingen, die wir lesen, beunruhigt zu werden.

Das ist genau das Gegenteil von Respektlosigkeit. Es ist was wir tun wenn wir nach dem Angesicht Christi lechzen. Nichts bringt uns tiefer in die Räte Gottes als scheinbare theologische Unstimmigkeiten in der Bibel zu sehen und darüber Tag und Nacht nachzudenken bis sie in ein neu entstehendes System einheitlicher Wahrheit passen. Vor einem Jahr zum Beispiel, habe ich tagelang damit gekämpft wie Paulus einerseits sagen konnte, „Sorget um nichts“ (Phil. 4:6), aber andererseits (mit scheinbarer Straflosigkeit) sagen konnte, dass seine „Sorge für alle Gemeinden“ eine tägliche Last auf ihm war (2.Kor. 11:28). Wie konnte er sagen, „Seid allezeit fröhlich!“ (1.Thess. 5:16), und „weinet mit den Weinenden!“ (Röm. 12:15)? Wie würde er sagen „allezeit für alles“ Gott zu danken (Eph. 5:20) und dann eingestehen „dass ich große Traurigkeit und unablässigen Schmerz in meinem Herzen habe“ (Röm. 9:2)?

In jüngerer Zeit habe ich gefragt, was bedeutet es wenn Jesus in Matthäus 5:39 sagte, seine andere Wange hinzuhalten wenn man geschlagen wird, aber in Matthäus 10:23 sagte, „Wenn sie euch aber in der einen Stadt verfolgen, so fliehet…“? Wann flieht man und wann erduldet man Bedrängnis und hält die andere Wange hin? Ich habe auch darüber nachgedacht in welchem Sinne es wahr ist, dass Gott „langsam zum Zorn“ (2. Mose 34:6) ist und in welchem Sinne „wie leicht kann sein Zorn entbrennen“ (Ps. 2:12) zu verstehen ist?

Es gibt Hundert über Hunderte von solch scheinbaren Unstimmigkeiten in der Heiligen Schrift, und wir entehren den Text, indem wir sie nicht sehen und sie nicht durchdenken. Gott ist kein Gott der Verwirrung. Seine Zunge ist nicht gespalten. Es gibt tiefgründige und wundervolle Erklärungen zu allen Problemen. Er hat uns zu einer Ewigkeit der Entdeckung berufen, sodass wir jeden Morgen in den kommenden Zeitaltern zu neuen Liedern der Anbetung empordringen.

In 2. Timotheus 2:7 hat uns Paulus ein Gebot und eine Verheißung gegeben. Er hat geboten, „Bedenke, was ich dir sage“. Und er hat verheißen „der Herr wird dir Einsicht in alles geben“. Wie passen das Gebot und die Verheißung ineinander? Das kleine „Denn“ (gar) gibt die Antwort. „Bedenke….denn der Herr wird dich mit Einsicht belohnen“

Das Versprechen gilt nicht allen. Es ist für die, welche nachdenken. Und wir denken nicht nach bis wir mit einem Problem konfrontiert werden. Deshalb, Brüder, lasst uns den Text hinterfragen.

  1. sinngemäße Übersetzung von „second-handers“ („Zweithänder“)