Brüder, hütet Euch vor geistlichem Ersatz
Aus Biblische Bücher und Predigten
Von John Piper Über Seelsorge
Übersetzung von Thomas Menz
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Das geistliche Amt ist sich selbst der größte Feind. Es wird nicht durch den großen, bösen Wolf dieser Welt zerstört. Es zerstört sich selbst. Das ist der springende Punkt von Apg. 6:2-4: „Da riefen die Zwölf die Menge der Jünger zusammen und sprachen: Es ist nicht recht, dass wir für die Mahlzeiten sorgen und darüber das Wort Gottes vernachlässigen. Darum, ihr lieben Brüder, seht euch um nach sieben Männern in eurer Mitte, die einen guten Ruf haben und voll Heiligen Geistes und Weisheit sind, die wir bestellen wollen zu diesem Dienst. Wir aber wollen ganz beim Gebet und beim Dienst des Wortes bleiben."
Ohne das ausgedehnte und geheiligte Gebet vertrocknet der Dienst am Wort und trägt keine Frucht. Die 12 widmeten sich selbst dem Gebet (Apg. 1:14), als der Geist fiel, was sich in 3.000 Bekehrten äußerte. Diese Bekehrten widmeten sich ebenfalls dem Gebet (Apg. 2:42), als Zeichen und Wunder geschahen und täglich Menschen zur Gemeinde hinzugetan wurden (Apg. 2: 43, 47). Petrus und seine Freunde waren ins Gebet vertieft, als der Ort erschüttert wurde und sie mit dem Geist erfüllt wurden und das Wort unerschrocken verkündeten (Apg. 4:31). Paulus verließ sich auf das Gebet, auf dass ihm die rechten Worte gegeben würden, um seinen Mund zu öffnen und das Geheimnis des Evangeliums zu verkünden (Eph. 6:19).
Ohne das ausgedehnte, konzentrierte Gebet vertrocknet der Dienst am Wort. Und wenn der Dienst am Wort zurückgeht, gehen auch Glauben (Röm. 10:17; Gal. 3:2, 5) und Heiligkeit (Joh. 17:17) zurück. Die Aktivitäten mögen weitergehen, aber das Leben, die Kraft und die Fruchtbarkeit werden dann vergehen. Deswegen widersetzt sich all jenes dem ganzen Werk des Dienstes, was sich dem Gebet widersetzt.
Und was widersetzt sich dem Gebetsleben eines Pastors mehr als alles andere? Der Dienst. Es sind nicht die Einkäufe, Autoreparaturen, Krankheit oder Gartenarbeit, die unsere Gebete in die hastigen Ecken des Tages quetschen. Es ist die Budgetentwicklung und Mitarbeitertreffen und Besuche und Seelsorge und das Beantworten von Post und das Schreiben von Berichten und das Lesen von Magazinen und das Beantworten von Telefonanrufen.
Die Anstrengung, irgendwelchen Bedürfnissen zu begegnen, ist der Feind des Gebetes. Wörtlich heißt es in Apg. 6:3: „Darum, ihr lieben Brüder, seht euch um nach sieben Männern in eurer Mitte, die einen guten Ruf haben und voll Heiligen Geistes und Weisheit sind, die wir bestellen wollen zu diesem Dienst.“ Die Versorgung der Witwen war ein wirkliches Bedürfnis. Und es war ausgerechnet dieses Bedürfnis, das das apostolische Gebet bedrohte.
Aber die Apostel ergaben sich nicht der Versuchung. Dies musste bedeutet haben, dass das Gebet einen großen Teil ihrer wertvollen Zeit beanspruchte. Wenn sie das Gebet als etwas gesehen hätten, das Sie tun, während Sie das Geschirr abwaschen oder kochen (oder mit dem Auto zwischen den Krankenhäusern hin- und her fahren), hätten sie den Tischdienst nicht als solch eine Bedrohung angesehen. Gebet war eine zeitraubende Arbeit, während derer andere Pflichten zur Seite geschoben werden mussten.
Sie hatten von Jakobus und Jesus gelernt, dass manchmal ganze Nächte im Gebet verbracht werden müssen (Gen. 32:24; Lk. 6:12). Unter der Erschöpfung des Dienstes müssen wir uns „in die Wüste zurückziehen und beten“ (Lk. 5:16). Vor wichtigen pastoralen Begegnungen müssen wir allein beten (Lk. 9:18). Für Jesus und die Apostel erforderte die Arbeit des Gebetes ein wesentliches Ausmaß an Einsamkeit: „Und am Morgen, noch vor Tage, stand er auf und ging hinaus. Und er ging an eine einsame Stätte und betete dort).
Die Apostel sagten: “Wir widmen uns selbst dem Gebet” (Apg. 6:4). Die Worte „widmen uns selbst“ (proskartereo) unterstreichen die unbeugsame Verpflichtung der Apostel, Zeit für das Gebet zu reservieren. Es bedeutet „verharren im“ und „darin verweilen“. Es wird in Apg. 10:7 verwendet, um jene Loyalität auszudrücken, mit der einige Soldaten dem Cornelius dienten. Der Gedanke ist, stark, ausdauernd und unerschütterlich einem Auftrag nachzukommen.
Also sagten die Apostel: Egal, wie dringlich auch die Zwänge sein mögen, unsere Zeit mit dem Vollbringen guter Taten zu verbringen, wir werden unsere Hauptarbeit nicht im Stich lassen. Wir werden fest dabei bleiben. Wir werden nicht wanken oder uns von der Arbeit des Gebetes abwenden.
Dieses Wort (proskartereo) ist fest mit dem Gebetsdienst in der frühen Gemeinde verbunden. In Apg. 1:14 „gaben sich die Jünger dem Gebet hin“, und in Apg. 2:42 den „Gebeten.“ In den Briefen des Paulus wurde dieser Brauch zu einem Befehl: „Seid fröhlich in Hoffnung, geduldig in Trübsal, beharrlich im Gebet“ (Röm. 12:12). „Seid beharrlich im Gebet und wacht in ihm mit Danksagung!“ (Kol. 4:2). „Betet allezeit mit Bitten und Flehen im Geist und wacht dazu mit aller Beharrlichkeit im Gebet für alle Heiligen“ (Eph. 6:18). Je stärker jemand in den Kampf gegen die Mächte der Finsternis eingebunden ist, desto größer ist sein Gefühl für das Bedürfnis, viel Zeit im Gebet zu verbringen. Deswegen verbinden die Apostel „Gebet“ mit dem „Dienst des Wortes“, und sie befreien sich selbst von den zeitraubenden guten Taten.
Die Wichtigkeit des Gebetes wächst proportional zur Wichtigkeit jener Dinge, die wir aufgeben sollten, um zu beten. Falls die Arbeit, die wir aufgeben müssten, eine Arbeit ist, die große geistliche Tiefe und Kraft erfordert, wie entscheidend und anspruchsvoll muss dann die Arbeit des Gebetes sein? Und gerade das ist der Fall in Apg. 6:3.
Der Text sagt nicht: “Die Apostel sollten die geistliche Arbeit des Gebetes tun und einige praktisch veranlagte Leute für den Tischdienst zur Verfügung haben”. Er sagt: „Darum, ihr lieben Brüder, seht euch um nach sieben Männern in eurer Mitte, die einen guten Ruf haben und voll Heiligen Geistes und Weisheit sind, die wir bestellen wollen zu diesem Dienst.“ (Vermögensverwalter sollten keine weltlichen Finanzfachleute sein. Sie sollten voll Heiligen Geistes und Weisheit sein). Es sind nicht nur die betrügerischen Anforderungen des Pastorenamtes, die unser Gebetsleben bedrohen. Gebet wird auch durch Möglichkeiten des Dienstes bedroht, die eine Fülle des Geistes und Weisheit erfordern. Sogar das müssen wir aufgeben, um uns selbst dem Gebet hinzugeben.
Brüder, hütet Euch vor dem geistlichen Ersatz. Gebt Euch selbst dem Gebet und dem Dienst am Wort hin.