Das Blut des Lammes

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English: The Blood of the Lamb

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Von Gordon Wenham Über Der Tod Christi
Teil der Tabletalk-Serie

Übersetzung von Thomas Menz

“Ohne Blutvergießen geschieht keine Vergebung”, sagt der Hebräerbrief (Hebr. 9:22). Den meisten Raum des Briefes nimmt die Erklärung ein, wie Christus die Hoffnungen und das Sehnen des Alten Testamentes erfüllt hat, besonders in Bezug auf die Opferpraktiken des alten Israel. Für moderne Leser jedoch, die niemals ein Opfer gesehen haben und nicht in den Kategorien des Alten Testamentes denken, sind das alles böhmische Dörfer: Was hat das Töten von Tieren mit der Vergebung von Sünden zu tun?

Dies wird ausführlich im Buch Levitikus (3. Buch Mose) erklärt, das mit einem langen Abschnitt beginnt, in dem beschrieben wird, wie die verschiedenen Opfer darzubringen sind und was jedes von ihnen erreicht (Kap. 1-7). Wir müssen jedoch noch weiter zurückgehen, um Levitikus und die grundsätzliche Vorstellung des Opfers zu verstehen.

Genesis 18 berichtet uns, wie Abraham eines Tages von drei Männern besucht wurde. Er wusste zwar nicht, wer sie waren, da er jedoch ein gastfreundlicher Mensch war, veranstaltete er ein großartiges Fest für sie. Seine Frau Sarah machte einen Stapel frisches Brot, während er ein zartes junges Kalb opferte, das seine Diener schlachteten und für die Besucher zubereiteten. Es ist nicht überliefert, dass er ihnen Wein zu trinken gab, aber zweifelsohne war etwas verfügbar, was er den wichtigen Gästen vorsetzen konnte. Später entdeckte Abraham, wer die Besucher waren – der Herr und zwei Engel!

Obwohl diese Episode nicht als Opfer angesehen wird, gibt sie uns einen Einblick in die grundsätzliche Triebkraft von Opfern. Bei einem Opfer ist Gott der wichtigste Gast: Seine Gegenwart wird durch das Opfern von Fleisch, Brot und Wein geehrt, die nur zu ganz besonderen Anlässen serviert wurden. Fleisch war zur Zeit des Alten Testamentes ein seltener Luxus, und Wein war zweifelsohne auch nur für großartige Anlässe reserviert.

Israel’s antike Nachbarn sahen Opfer als Mahl für die Götter an, das Alte Testament jedoch weist diesen Gedanken entrüstet zurück. Es ist Gott, der die Menschen mit Nahrung versorgt (Gen 1:29), nicht umgekehrt. Psalm 50:10, 12 drückt es klar aus:

„Denn alles Wild im Walde ist mein
und die Tiere auf den Bergen zu Tausenden,
Wenn mich hungerte, wollte ich dir nicht davon sagen;
denn der Erdkreis ist mein und alles, was darauf ist.“

Was also ist der entscheidende Punkt dieser großen Festessen vor dem Tempel und später in der Umgebung des Tempels? Die ersten Opfer der Bibel sind wurden von Kain und Abel gebracht. Sie werden direkt nach der Verbannung von Adam und Eva aus dem Garten Eden erwähnt, wo sie sich daran freuten mit Gott in der Kühle des Tages zu wandeln. Ausgeschlossen aus dem Garten waren sie auch des Vorrechts der Vertrautheit mit Gott beraubt. Ein Motiv für das Opfer, auf das durch diese Geschichte geschlossen werden kann, ist also, dass das Opfer es dem Menschen erlaubt die Gemeinschaft mit Gott zu erneuern.

Es muss jedoch im rechten Geiste geopfert werden. Kain opferte lediglich einige Früchte des Feldes, Abel hingegen „brachte von den Erstlingen seiner Herde und von ihrem Fett“ (Gen. 4:4), also die besten Stücke seiner wertvollsten Tiere. Gott akzeptierte das Letztgenannte, aber nicht das davor Genannte. Hier erkennen wir eines der wichtigsten Merkmale des Opfers: die Tiere mussten jung und gesund sein, nicht schwach und alt. Das Passahlamm musste ohne Makel und ein Jahr alt sein. Nochmal, die Opfergesetze in Levitikus verlangen, dass die betroffenen Tiere „ohne Makel“ sein müssen. Die Geschichte von Kain und Abel zeigt, was passiert, falls dies ignoriert wird: „Darum wird es euch nicht wohlgefällig machen“ (Lev. 22:25; siehe auch 19:7; 22:20).

Nach dem Fall wurde die Welt unter einer Lawine der Sünde begraben, besonders Mord und Gewalt. Gott klagt darüber, dass die Sünde im Menschen verankert ist: „Der HERR sah, daß der Menschen Bosheit groß war auf Erden und alles Dichten und Trachten ihres Herzens nur böse war immerdar“ (Gen. 6:5). „Aber die Erde war verderbt vor Gottes Augen und voller Frevel“ (6:11). Also sandte Gott die Flut, um die sündige Menschheit auszutilgen und um mit Noah noch einmal ganz von vorn zu beginnen, jener Mann, „der gerecht und untadelig in seiner Generation war” (6:9).

Als Noah schließlich die Arche verließ, baute er zuerst einen Altar und brachte ein Opfer. Einige mögen annehmen, dass dies nur ein Akt der Dankbarkeit war, weil er selbst vor der Vernichtung verschont geblieben war; der Text zeigt jedoch, dass es wesentlich mehr erreichte. „Und der HERR roch den lieblichen Geruch und sprach in seinem Herzen: Ich will hinfort nicht mehr die Erde verfluchen um der Menschen willen; denn das Dichten und Trachten des menschlichen Herzens ist böse von Jugend auf“ (8:21). Mit anderen Worten, obwohl sich der böse Charakter des Menschen nicht geändert hatte (siehe 6:9), hat sich doch die Einstellung Gottes zur menschlichen Sünde geändert: Er wird nie mehr wieder die Welt mit einer Flut bestrafen. Warum? Wegen des lieblichen Geruchs der Opfer, die von Noah dargebracht wurden (8:21). Nach Genesis 8 kühlt das Opfer den Zorn Gottes über die menschliche Sünde herunter. Dass die Tieropfer einen Wohlgeruch für Gott produzieren, wird in Levitikus 1-7 ständig wiederholt.

Aber warum ist ein Tieropfer so effektiv bei der Beschwichtigung von Gottes Zorn? Der Bericht von Abraham’s Opferung des Isaak gibt darin einen Einblick. Genesis 22 erzählt, wie Gott Abraham prüfte, indem er von ihm verlangte seinen wertvollsten Besitz zu opfern, nämlich seinen eigenen Sohn Isaak. Abraham wusste nicht, dass es sich um einen Test handelte – für ihn war es tödlicher Ernst. In letzter Minute, als Abraham gerade dabei war Isaak die Kehle durchzuschneiden, befahl ihm ein Engel des Herrn aufzuhören: „… denn nun weiß ich, daß du Gott fürchtest“ (22:12). Dann blickte Abraham auf und sah einen Widder, den er anstelle Isaaks opferte.

Diese Geschichte zeigt, dass Gott ein Tier anstelle des Anbeters akzeptiert, wenn jemand bereit ist Gott vollständig Folge zu leisten. Isaak war Abraham’s Zukunft, und Abraham war bereit sie Gott zu geben, und Gott war mit einem Widder zufrieden. Hier wird die Lehre der stellvertretenden Sühne für uns dargestellt. In den Gesetzen des Buches Levitikus wird dies noch klarer, wo ein entscheidendes Merkmal eines jeden Opfers das Handauflegen des Anbeters auf den Kopf des Tieres ist. Diese Handlung erklärt, dass das Tier den Platz des Anbeters einnimmt. Der Anbeter gibt sich selbst vollständig Gott hin, indem er sich mit dem Tier identifiziert; das Tier stirbt anstelle des Anbeters.

In Levitikus 1-7 werden vier verschiedene Arten von Tieropfern besprochen. Der Schwerpunkt liegt in diesen Kapiteln darauf, wie die verschiedenen Opfer auszuführen seien. Wir müssen nun jene Merkmale betrachten, die ein bestimmtes Opfer von den anderen unterscheidet. Das Brandopfer (Lev. 1) war hierbei einzigartig, denn es war das einzige Opfer, bei dem das gesamte Tier auf dem Altar verbrannt wurde. Dies verkörperte die vollständige Hingabe des Anbeters in den Dienst für Gott. Gleichzeitig diente es auch als Sühneopfer für den Anbeter (Lev. 1:4). „Ein Sühneopfer bringen“ bedeutet eigentlich genauer „ein Lösegeld bezahlen“, ein Ausdruck, der noch an anderer Stelle in Gesetz benutzt wird, wo ein Straffälliger, der andernfalls die Todesstrafe zu erwarten hätte, durch das Bezahlen eines Schadenersatzes entlassen wird (zum Beispiel Ex. 21:30).

Das Sühneopfer (Lev. 3) war vermutlich das am weitesten verbreitete unter den Opfern des Alten Testamentes, denn es war das einzige, bei dem der Anbeter, der das Tier darbrachte, einen Anteil an dem Fleisch hatte (in der Regel aßen nur die Priester von dem Opferfleisch). Das Sühneopfer konnte spontan als ein Akt der Danksagung gegenüber Gott dargebracht werden, jedoch konnte man es auch darbringen, wenn man ein Gelübde abgelegte, um Gott zu bitten etwas für jemanden zu tun oder wenn dieses Gebet erhört wurde.

Das Sündopfer (Lev. 4) war insofern etwas besonderes, als das etwas von dem Blut des Tieres auf den Altar gestrichen oder innerhalb der Stiftshütte oder des Tempels versprengt wurde. Dieses Blut reinigte die Stiftshütte von der Beschmutzung der Sünde. Sünde macht jemanden nicht nur schuldig vor Gott oder verärgert Ihn, sie verunreinigt auch Orte und Menschen, sodass sie nicht mehr dazu geeignet sind, dass Gott in ihnen wohnen könnte. Indem das Blut auf den Altar gestrichen wurde oder indem das Innere des Tempels mit Blut besprengt wurde, wurden diese Gegenstände von der Verschmutzung gereinigt. Gleichzeitig wurden dem Sünder, dessen Missetaten die Verunreinigung hervorgerufen hatte, die Sünden vergeben, und auch er wurde von ihrer Verunreinigung gereinigt. Durch diese Reinigung war es für Gott möglich, wieder in den Tempel einzuziehen und in dem Gläubigen zu wohnen.

Schließlich gab es noch das Schuldopfer (Lev. 5:14–6:7), das den Gedanken ausdrückt, dass bestimmte Taten uns vor Gott schuldig werden lassen. Diese Sünden können nur durch das Opfer eines wertvollen Widders gesühnt werden. Obgleich dies nur relativ kurz im Buch Levitikus behandelt wird, ist dieses Opfer in Jesaja 53 von großer Wichtigkeit, wo der leidende Diener zum Schuldopfer gerufen wird (V. 10; siehe die ESV, „Sündopfer“), in dem er für unsere Übertretungen leidet (V. 5-6), Da dieses Kapitel am vollständigsten die sühnende Rolle Christi beschreibt, nimmt es eine zentrale Position im neutestamentlichen Verständnis bezüglich des Todes Christi ein.

Das Bild des Opfers im Allgemeinen zieht sich durch die Interpretation des Kreuzes im Neuen Testament. Als Johannes der Täufer sagte: „Siehe, das ist Gottes Lamm, das der Welt Sünde trägt!“ (Joh. 1:29), hatte er höchstwahrscheinlich Christus als perfektes Passahlamm gesehen, ein Bild, das Paulus ebenfalls verwendet, wenn er von „Christus, unserem Passahlamm“ spricht (1. Kor. 5:7). Er wird auch als das höchste Brandopfer angesehen, ein Opfer, welches das des Isaak überragte, ein Gedanke, auf den sich solche bekannten Verse wie Joh. 3:16 und Röm. 8:32 beziehen: „Der auch seinen eigenen Sohn nicht verschont hat, sondern hat ihn für uns alle dahingegeben - wie sollte er uns mit ihm nicht alles schenken?“ Mk. 10:45 beschreibt den Sohn des Menschen als den höchsten Diener, „der sein Leben als Lösegeld dahingab für viele“. 1. Joh. 1:7 nimmt dieses Bild des Sündopfers auf, wenn er sagt, dass „das Blut von Jesus, seinem Sohn, uns von aller Sünde reinigt.“ Für den Brief an die Hebräer ist Jesus der oberste Hohepriester, der durch Seinen Tod alle Ziele erreicht, auf die das Opfersystem des Alten Testamentes hinweist (siehe Heb. 9:1–14).

Schließlich müssen wir beachten, dass der Tod Christi nicht die Wichtigkeit des Opfersystems für einen Christen entkräftet. Auch von uns wird erwartet, dass wir in den Fußspuren Christi wandeln und teilhaben an Seinem Leiden (1. Petr. 2:21–24). Also werden auch wir ermutigt, “unsere Leiber als ein lebendiges Opfer darzubringen” (Röm. 12:1). Paulus, in Vorausahnung seines eigenen Todes, verglich es mit dem „Ausgießen eines Trankopfers“, so als wenn Wein zusammen mit jedem Tieropfer über dem Altar ausgeschüttet würde (siehe auch Phil. 2:17; 2. Tim. 4:6). In dieser Weise sollen die alten Methoden des Lobpreises auch unsere heutige Heiligung inspirieren.