Von der Pflicht zur Freude/Die Freude in der Freude geliebter Menschen suchen

Aus Biblische Bücher und Predigten

(Unterschied zwischen Versionen)
Wechseln zu:Navigation, Suche
(Die Seite wurde neu angelegt: „{{info|The Dangerous Duty of Delight/Pursue Your Joy in the Joy of the Beloved}}<br> Ich hoffe, es ist mittlerweile deutlich geworden, dass Sie, wenn Sie pflich…“)

Version vom 10. August 2011, 14:49 Uhr

Verwandte Ressourcen
More Von John Piper
Autorenindex
More Über Christian Hedonism
Thema-Index
Über diese Übersetzung
English: The Dangerous Duty of Delight/Pursue Your Joy in the Joy of the Beloved

© Desiring God

Share this
Unsere Mission
Diese Übersetzung wird von Evangelium Übersetzungen, ein Online-Dienst, das Evangelium-zentriert Bücher und Artikel frei verfügbar in jeder Nation und Sprache.

Erfahren Sie mehr (English).
Wie Sie helfen können
Wenn Sie gut Englisch sprechen, können Sie mit uns freiwillig als Übersetzer arbeiten.

Erfahren Sie mehr (English).

Von John Piper Über Christian Hedonism
Kapitel 6 des Buches Von der Pflicht zur Freude

Übersetzung von Desiring God


Ich hoffe, es ist mittlerweile deutlich geworden, dass Sie, wenn Sie pflichtschuldig zu Gott kommen und Ihm die Belohnung Ihrer Gemeinschaft anbieten, anstatt sich nach der Belohnung durch Ihn zu sehnen, Sie sich über Gott wie ein Wohltäter erheben und Ihn zu einem Bedürftigen erniedrigen. Das ist böse.

Der einzige Weg, die Allgenugsamkeit Gottes zu preisen, besteht darin, zu Ihm zu kommen, weil in Seiner Gegenwart Fülle an Freuden und zu Seiner Rechten immerwährendes Vergnügen zu finden sind (Psalm 16,11). Wir könnten das die vertikale Ebene des christlichen Hedonismus nennen. Auf der vertikalen Lebensachse zwischen Mensch und Gott ist die Suche nach Freude nicht nur zu tolerieren, sie ist obligatorisch – »Freude dich an dem HERRN!« Das vornehmste Ziel des Menschen ist, Gott zu ehren, indem er sich ewig an Ihm erfreut.

Aber wie steht es mit dem christlichen Hedonismus auf der horizontalen Ebene? Wie steht es mit dem liebevollen Umgang mit anderen Menschen? Ist das Ideal gleichgültiges Wohlwollen? Oder ist die Suche nach Vergnügen richtig und sogar obligatorisch für jede Art von menschlicher Liebe, die Gott gefällt?

Der christliche Hedonismus antwortet: Das Streben nach Freude ist ein unabdingbares Motiv jeder guten Tat. Wenn Sie das Streben nach voller und dauerhafter Freude aufgeben wollen, können Sie weder Menschen lieben noch Gott gefallen.

Als ich einmal darüber predigte, schrieb mir ein Philosophieprofessor einen Brief mit folgenden kritischen Anmerkungen:

Liegt nicht der Anspruch der Ethik darin, dass wir das Gute tun sollen, weil es das Gute ist? … Ich würde sagen, wir sollten das Gute tun und tugendhaft handeln, weil es gut und tugendhaft ist. Dass Gott es segnen wird und wir dadurch glücklich werden, ist eine Folge dessen, aber nicht das Motiv.

Ein anderer bekannter Autor sagt: »Für den Christen ist Glück nie ein Ziel. Es ist immer die unerwartete Überraschung in einem Leben des Dienstes.« 

Diese Zitate stehen für einen Fülle von weitverbreiteten Ansichten, gegen die ein christlicher Hedonist ständig anschwimmen muss. Er hält sie für gegen die Schrift, gegen die Liebe und letztlich gegen die Ehre Gottes gerichtet.

Nun kommen einem unweigerlich Abschnitte der Bibel in den Sinn, die genau das Gegenteil von dem auszudrücken scheinen, was der christliche Hedonist behauptet. In dem großen Kapitel über die Liebe sagt der Apostel Paulus, dass die Liebe »nicht das Ihre« sucht (1. Korinther 13,5). Bedeutet das, es sei lieblos, sich zu freuen, wenn man Gutes tut?

Durch den Propheten Micha fordert uns Gott dazu auf, nicht nur gütig zu sein, sondern Güte auch zu lieben. »Man hat dir mitgeteilt, o Mensch, was gut ist. Und was fordert der HERR von dir, als Recht zu üben und Güte zu lieben und demütig zu gehen mit deinem Gott?« (Micha 6,8). Heißt das, man muss die Lehre aus 1. Korinther 13,5, nämlich dass die Liebe »nicht das Ihre« sucht, wenn man Barmherzigkeit zeigt, aufgeben, um dem Gebot, »Güte zu lieben«, nachzukommen?

Nein. So denkt Paulus nicht. Wir wissen das, weil er in Vers 3 die Liebe mit unserem Streben nach Gewinn begründet. »Wenn ich alle meine Habe … austeile und wenn ich meinen Leib hingebe, damit ich verbrannt werde, aber keine Liebe habe, so nützt es mir nichts.« Wenn echte Liebe nicht wagen dürfte, auf ihren eigenen Gewinn erpicht zu sein, ist es dann nicht seltsam, dass Paulus uns sagt, keine Liebe zu haben, raube uns den »Gewinn«?

Wenn wir Paulus hier zustimmen, sollten wir annehmen, dass es eine Art von »Gewinn« gibt, von dem motiviert zu sein falsch ist (daher: »Die Liebe sucht nicht das Ihre.«), und dass es auch eine Art von »Gewinn« gibt, vom dem motiviert zu sein richtig ist (daher: »Wenn ich keine Liebe habe, nützt es mir nichts.«). Was ist der richtige Gewinn? Jonathan Edwards gibt eine überzeugende Antwort:

In gewissem Sinn sucht auch der wohltätigste, großzügigste Mensch sein eigenes Glück darin, anderen Menschen Gutes zu tun, weil er sein Glück mit ihrem Wohl verbindet. Er hat ein so weites Herz, dass er sie sich sozusagen einverleibt. Wenn sie also glücklich sind, ist er es auch, er fühlt mit ihnen und ist glücklich in ihrem Glück.[1]

Mit anderen Worten: Wenn Paulus sagt: »Die Liebe sucht nicht das Ihre«, meint er nicht, dass sich die Liebe nicht über das liebevolle Tun freuen darf. Er meint eher, dass die Liebe nicht eigene persönliche Bequemlichkeit und Wohlbefinden auf Kosten anderer sucht.

Der ethische Wert einer Liebestat wird nicht vernichtet, wenn die Vorfreude auf die eigene Freude jemanden dazu anregt. Wenn dem so wäre, könnte ein schlechter Mensch, der es hasst zu lieben, sich in reiner Liebe verausgaben, denn er hätte keine Freude daran. Dagegen könnte ein guter Mensch, der sich darauf freut zu lieben, nicht lieben, denn er würde Freude daran »gewinnen« und sie so zerstören.

Deshalb steht 1. Korinther 13,5 (»Die Liebe sucht nicht das Ihre.«) dem christlichen Hedonismus nicht im Weg. Im Gegenteil: Zusammen mit 1. Korinther 13,3 (»Wenn ich meinen Leib hingebe, damit ich verbrannt werde, aber keine Liebe habe, so nützt es mir nichts.«) wird damit der christliche Hedonismus unterstützt und deutlich gemacht: Das Streben nach echtem Gewinn ist ein unabdingbares Motiv für jede gute Tat.

Worin liegt dieser »echte Gewinn«? In 2. Korinther 8 zeigt Paulus, dass wahre Liebe immer im Zusammenhang mit Gott als Gewinn steht. Die Gemeinden in Mazedonien hatten gezeigt, was wahre Liebe bedeutet, indem sie großzügig für die Armen in Jerusalem spendeten, als Paulus ihnen deren Notlage geschildert hatte. Nun erklärt er den Korinthern das Wesen dieser Liebe.

Wir teilen euch aber mit, Brüder, die Gnade Gottes, die in den Gemeinden Mazedoniens gegeben worden ist, dass bei großer Bewährung in Drangsal der Überschwang ihrer Freude und ihre tiefe Armut übergeströmt ist in den Reichtum ihrer Freigebigkeit. Denn nach Vermögen, ich bezeuge es, und über Vermögen waren sie aus eigenem Antrieb willig und baten uns mit vielem Zureden um die Gnade und die Beteiligung am Dienst für die Heiligen. (2. Korinther 8,1-4)

Wir wissen, dass das eine Beschreibung von Liebe ist, weil Paulus in Vers 8 sagt, er teile es ihnen mit, »um durch den Eifer anderer auch die Echtheit eurer Liebe zu prüfen«. Hier haben wir also einen Testfall dafür, wie die Liebe von 1. Korinther 13 im wahren Leben aussieht. Die Mazedonier haben ihren Besitz verschenkt, wie es in 1. Korinther 13,3 heißt (»wenn ich alle meine Habe … austeile«). Aber hier handelt es sich um wahre Liebe, während es dort überhaupt keine Liebe war. Was macht die Freigebigkeit der Mazedonier zu einer echten Liebestat?

Das Wesen echter Liebe lässt sich an vier Kennzeichen festmachen:

Nun können wir eine Definition von Liebe geben, die mit Gott rechnet und auch die Gefühle miteinschließt, die die sichtbaren Zeichen der Liebe begleiten sollten: Liebe ist der Ausdruck überschwänglicher Freude in Gott, die sich gern um die Bedürfnisse anderer kümmert. Liebe ist nicht einfach passiver Überschwang, sondern aktive Weitergabe und Entfaltung und Vollendung der Freude in Gott, die sogar die Armen in Jerusalem erreicht.

Deshalb kann ein Mensch seinen Leib geben, um verbrannt zu werden, und doch keine Liebe haben (1. Korinther 13,3). Liebe ist der Überschwang und die Entfaltung der Freude in Gott! Sie ist keine Pflicht um der Pflicht willen, auch kein Recht um des Rechts willen. Sie ist kein mutiger Verzicht auf das eigene Wohl für das Wohl eines anderen Menschen. Sie ist vor allem eine zutiefst befriedigende Erfahrung der Fülle der göttlichen Gnade und erst dann eine doppelt befriedigende Erfahrung der Weitergabe dieser Freude in Gott an einen anderen Menschen.

Die Mazedonier entdeckten die Mühe des christlichen Hedonismus: Liebe! Sie ist der Ausdruck überschwänglicher Freude an Gott, die sich gern um die Bedürfnisse anderer kümmert.

Hoffentlich wird deutlich, warum ich sage: Wenn Sie versuchen, das Streben nach voller und dauerhafter Freude aufzugeben, können Sie weder Menschen lieben noch Gott gefallen. Wenn Liebe der Ausdruck überschwänglicher Freude in Gott ist, die sich gern um die Bedürfnisse anderer kümmert, würde der Verzicht auf das Streben nach dieser Freude bedeuten, das Streben nach Liebe selbst aufzugeben. Und wenn sich Gott über fröhliche Geber freut, würde der Verzicht auf das Streben nach dieser Freude bedeuten, sich auf einen Weg zu begeben, an dem Gott kein Gefallen findet. Wenn es uns gleichgültig ist, ob wir eine gute Tat fröhlich tun, ist es uns gleichgültig, was Gott gefällt.

Deshalb ist es unabdingbar, dass wir auch auf der horizontalen Ebene – in unseren Beziehungen zu anderen Menschen – christliche Hedonisten sind, und nicht nur auf der vertikalen Achse – in unserer Beziehung zu Gott. Wenn Liebe der Ausdruck überschwänglicher Freude an Gott ist, die sich gern um die Bedürfnisse anderer kümmert, und wenn Gott fröhliche Geber liebt, dann ist diese Freude am Geben eine christliche Pflicht. Nicht danach zu streben, ist Sünde.

Es wäre leicht, den christlichen Hedonismus in diesem Punkt falsch zu verstehen, so, als ob es dabei keine Tränen geben könne, denn die Betonung der Freude scheint Schmerz und Sorgen auszuschließen. Das wäre ein großer Fehler. Paulus beschreibt sein Leben mit dem Ausdruck »traurig, aber allezeit fröhlich « (2. Korinther 6,10). Er fordert uns dazu auf, mit den »Weinenden zu weinen« (Römer 12,15). Wenn er daran denkt, dass die Angehörigen seines Volkes verloren gehen, spricht er von »großer Traurigkeit« und »unaufhörlichem Schmerz« in seinem Herzen (Römer 9,2). Wenn er an Gemeinden schreibt, die sich in Sünde befinden, dann tat er dies »aus viel Drangsal und Herzensangst … mit vielen Tränen« (2. Korinther 2,4).

Die Zufriedenheit eines christlichen Hedonisten ist nicht eine mystische Heiterkeit, die von den Verletzungen anderer Menschen unbewegt bleibt. In unserer gefallenen Welt voller Sinnlosigkeit ist sie eine zutiefst unzufriedene Zufriedenheit. Sie hat ständig Hunger nach mehr vom Festmahl der Gnade Gottes. Und sogar das, was Gott an Zufriedenheit hier und da gewährt, enthält einen unstillbaren Drang, andere daran zu beteiligen (2. Korinther 8,4; 1. Johannes 1,4).

Christliche Liebe offenbart sich immer dann als unzufriedene Zufriedenheit, wenn sie menschliche Not wahrnimmt. Sie beginnt in Liebe, diese Not zu stillen und Freude des Glaubens ins Herz des Mitmenschen zu bringen. Aber oft gibt es ein Hindernis, oder es vergeht eine gewisse Zeit zwischen unserer Wahrnehmung der Not eines Menschen und unserer letztendlichen Freude an seiner wiederhergestellten Freude. Deshalb hat auch das Weinen in der Zwischenzeit einen Platz. Tränen des Mitgefühls sind eigentlich Freudentränen; sie werden geweint, weil die Hilfe den anderen Menschen noch nicht erreicht hat.

Wenn wir keine Freude am Wohl unserer Mitmenschen hätten, würden wir keinen Schmerz empfinden, wenn deren Wohl beeinträchtigt ist. Man darf sich nicht täuschen: Die Liebe strebt leidenschaftlich danach, unsere tiefste Sehnsucht zu stillen, und zwar im auf Gott ausgerichteten Wohl der Menschen, die wir lieben. Der christliche Hedonismus hält nichts von der hochtönenden Philosophie, die behauptet: »Für den Christen ist Glück nie ein Ziel. Es ist immer die unerwartete Überraschung in einem Leben des Dienstes.« 

Einen der klarsten biblischen Gründe, diese weitverbreitete Ansicht abzulehnen, finden wir in den Worten Jesu, die Paulus in Apostelgeschichte 20,35 zitiert. Als Paulus seine Abschiedsworte an die Ältesten von Ephesus beendet, gibt es viele Tränen. Er sagt: »Ich habe euch in allem gezeigt, dass man so arbeitend sich der Schwachen annehmen und an die Worte des Herrn Jesus denken müsse, der selbst gesagt hat: Geben ist seliger als Nehmen.« 

Wir werden die hedonistische Kraft dieses Satzes nicht erfassen, wenn wir nicht die Worte »daran denken« betrachten. Paulus sagte nicht einfach, es sei seliger zu geben als zu nehmen. Er sagte: Es ist entscheidend, dass wir uns bei unseren Liebesbemühungen daran erinnern. Behaltet das im Blick. Vergesst es nicht. Lasst euch davon motivieren.

Heute würden die meisten Christen zustimmen, dass es seliger ist zu geben als zu nehmen. Aber viele hätten Bedenken, wenn man behauptet, dass wir uns durch diese Wahrheit motivieren lassen sollten. Sie erklären, der Segen stelle sich als Ergebnis des Gebens ein. Wenn wir uns jedoch von diesem Segen leiten lassen würden, werde der ethische Wert des Gebens zunichte gemacht und man selbst gewinnsüchtig. Der Ausdruck daran denken in Apostelgeschichte 20,35 stellt für diese weitverbreitete Weisheit ein großes Hindernis dar. Warum hätte denn Paulus die Gemeindeältesten dazu auffordern sollen, an die Segnungen des Gebens zu denken, wenn diese Tatsache sie zu Gewinnsüchtigen machen würde?

Ich verstehe nicht, wie jemand das Wort denken in Apostelgeschichte 20,35 ernst nehmen und trotzdem glauben kann, es sei falsch, die Belohnung der Freude im Dienst für Gott zu suchen. Im Gegenteil. Paulus meint, dass es nötig ist, die Freude fest im Blick zu haben. »Denkt daran! Es ist seliger zu geben als zu nehmen.« 

Ein Grund dafür, dass Paulus so redete, besteht darin, dass die Kosten der Liebe in diesem Leben so hoch sind, dass wir sie nie aufbringen könnten ohne die Hoffnung auf eine in Christus begründete Freude in diesem Leben und über das Grab hinaus. Paulus sagte: »Wenn wir allein in diesem Leben auf Christus gehofft haben, so sind wir die elendesten von allen Menschen« (1. Korinther 15,19). Mit anderen Worten: Ein Leben der Liebe mit dem ganzen damit verbundenen Schmerz und der Gefahr wäre das Leben eines Narren, wenn es keine Belohnung über das Grab hinaus gäbe.

Mit dieser Haltung folgte er seinem Herrn, denn Jesus begründete Liebestaten, die einem schwer fallen, genauso: »Glückselig wirst du sein [wenn du den Armen dienst], weil sie nichts haben, um dir zu vergelten; denn es wird dir vergolten werden bei der Auferstehung der Gerechten« (Lukas 14,14).

Liebe kostet etwas. Sie ist in dieser Welt immer mit Selbstverleugnung verbunden. »Wer sein Leben liebt, wird es verlieren; und wer sein Leben in dieser Welt hasst, wird es zum ewigen Leben bewahren« (Johannes 12,25). Liebe kostet Sie Ihr Leben in dieser Welt. Aber in der zukünftigen Welt werden die Freuden des ewigen Lebens mehr als ausreichende Entschädigung sein. Der christliche Hedonismus behauptet, dass der ewige Gewinn für den vorübergehenden Schmerz mehr als entschädigt. Er versichert: Es gibt seltene und wunderschöne Freuden, die nur im Regen des Leids gedeihen. »Die Seele hätte keinen Regenbogen, wenn das Auge keine Tränen hätte. «[2]

Der Verfasser des Briefes an die Hebräer lehrte das mit unmissverständlicher Klarheit.

Woher kommt das Mitleid mit Gefangenen, wenn der Preis dafür die Beschlagnahmung des eigenen Besitzes sein könnte? Die Antwort finden wir in der Gemeinde des ersten Jahrhunderts: »Ihr habt sowohl mit den Gefangenen gelitten als auch den Raub eurer Güter mit Freuden aufgenommen, da ihr wisst, dass ihr für euch selbst einen besseren und bleibenden Besitz habt« (Hebräer 10,34).

Kurz nach ihrer Bekehrung waren einige Christen wegen ihres Glaubens ins Gefängnis geworfen worden. Die anderen standen vor einer schwierigen Entscheidung: »Sollen wir in den Untergrund gehen und ›sicher‹ sein, oder sollen wir unsere Geschwister im Gefängnis besuchen und unser Leben und unseren Besitz riskieren?« Sie wählten den Weg der Liebe und nahmen das Risiko in Kauf. »Ihr habt sowohl mit den Gefangenen gelitten als auch den Raub eurer Güter mit Freuden aufgenommen.« Der Schlüssel zur Liebe war die Freude.

Aber woher kam sie? Antwort: »… da ihr wisst, dass ihr für euch selbst einen besseren und bleibenden Besitz habt.« Diese Worte da ihr wisst besagen dasselbe wiedaran denken in Apostelgeschichte 20,35 – »Denkt an die Worte des Herrn Jesus, der selbst gesagt hat: Geben ist seliger als Nehmen.« Weil sie wussten, dass Gott ihnen eine bessere und dauerhafte Belohnung zugedacht hat, waren die Christen frei, die Kosten der Liebe zu riskieren.

Die Kraft zu lieben wurde getragen von der Aussicht auf bessere und dauerhafte Freude.

Mit dem Beispiel von Mose macht der Verfasser des Hebräerbriefs dasselbe eindringlich klar:

Durch Glauben weigerte sich Mose, als er groß geworden war, ein Sohn der Tochter Pharaos zu heißen, und zog es vor, lieber mit dem Volk Gottes Ungemach zu leiden, als den zeitlichen Genuss der Sünde zu haben, indem er die Schmach des Christus für größeren Reichtum hielt als die Schätze Ägyptens; denn er schaute auf die Belohnung. (Hebräer 11,24-26)

Mose ist für die Gemeinde ein Held, weil seine Freude an der versprochenen Belohnung ihn dazu bewog, die Vergnügungen Ägyptens im Vergleich mit ihr als wertlos anzusehen. Im Vergleich mit der Belohnung waren sie viel zu gering. Diese Aussicht auf die volle und dauerhafte Belohnung einer christuszentrierten Freude band Mose auf Dauer in Liebe an Israel. Er nahm unglaubliche Härten im Dienst an Gottes Volk auf sich, obwohl er ein bequemes Leben in Ägypten hätte haben können. Die Kraft der Liebe speiste sich aus dem Streben nach größeren Freuden in Gottes Gegenwart und nicht aus den vergänglichen Freuden der Sünde in Ägypten.

Aber der Schreiber des Hebräerbriefs bringt das erstaunlichste Beispiel erst zum Schluss. Worauf stützte sich die größte Liebestat der Weltgeschichte – der stellvertretende, qualvolle Tod Jesu? Die Antwort ist die gleiche: »… hinschauend auf Jesus, den Anfänger und Vollender des Glaubens, der um der vor ihm liegenden Freude willen … das Kreuz erduldete « (Hebräer 12,2).

Der größte je erbrachte Liebesdienst war möglich, weil Jesus die größtmögliche Freude im Blick hatte, nämlich die Freude, erhöht zu sein zur Rechten Gottes inmitten eines erlösten Volkes. Für die vor ihm liegende Freude erduldete Er das Kreuz!

Der christliche Hedonismus setzt sich dafür ein, so zu lieben wie Jesus. Wir maßen uns nicht an, größere Motive zu haben als Er. Was hindert die Liebe in der heutigen Welt? Dass wir alle versuchen, uns selbst zu gefallen? Nein! Dass wir allzu leicht zufriedenzustellen sind.

Die Botschaft, die von allen Hausdächern erschallen muss, ist: »Höre, Welt! Du bist nicht hedonistisch genug! Du bist zu leicht zufriedenzustellen. Du benimmst dich wie Kinder, die Matschkuchen im Ghetto backen, weil du dir nicht vorstellen kannst, wie Ferien am Meer sind. Höre auf, Schätze auf der Erde anzuhäufen, wo Motte und Rost zerstören und wo Diebe einbrechen und stehlen. Häufe Schätze im Himmel an!« (vgl. Matthäus 6,19-20).

Sei nicht länger mit dem kärglichen 2%-Ertrag an Freude zufrieden, die von den Motten der Inflation und dem Rost des Todes aufgezehrt werden. Investiere in die erstklassigen, hohen Ertrag versprechenden, von Gott versicherten himmlischen Wertpapiere. Das Leben materiellen Bequemlichkeiten und Reizen zu weihen, ist, als würde man Geld in ein Rattenloch werfen. Aber ein Leben in Liebesdienste zu investieren, wirft unerreichte und nie endende Dividenden an Freude ab – auch wenn es Sie Ihren Besitz und Ihr Leben auf dieser Erde kostet.

Kommen Sie zu Christus, in dessen Gegenwart Fülle der Freude und ewiges Vergnügen zu finden sind. Schließen Sie sich den Mühen des christlichen Hedonismus an. Denn der Herr über Himmel und Erde, Jesus Christus, hat gesagt: »Es liegt mehr Segen darin, zu lieben, als ein luxuriöses Leben zu führen! « 

Bis jetzt wurde nur eine Skizze des Lebensstils gezeichnet, den ich »christlichen Hedonismus« nenne. Ich habe versucht, einen Einblick zu geben, was es auf der vertikalen Ebene im Verhältnis zu Gott und auf der horizontalen Ebene im Verhältnis zu Menschen bedeutet – dass er zum Kern wahrer Anbetung und wahrer Tugend gehört. Er verherrlicht Gott, verdrängt den Stolz, er erobert die Gefühle des Herzens, und er trägt die Kosten der Liebe. Ich habe versucht zu zeigen, dass er durch und durch biblisch und »altmodisch « ist, zugleich aber radikal und umstritten.

Ich werde nun einige praktische Auswirkungen dieser Sicht auf vier Bereiche des Lebens und des Dienstes aufzeigen: auf den Gottesdienst und die gemeinsame Anbetung, auf die Ehe, auf das Geld und auf die Mission. Wenn diese Sicht stimmt, müsste als Frucht in allen diesen Bereichen die Ehre Gottes und die Heiligkeit Seines Volkes zu sehen sein.


  1. Jonathan Edwards, The End for Which God Created the World, S. 177, Abschnitt 119.
  2. Ein indianisches Sprichwort. S. Guy A. Zona, Hrsg., The Soul Would Have No Rainbow if the Eye Had No Tears: And Other Native American Proverbs, New York: Touchstone Books 1994.