Wenn die Freudenicht mehr da ist/Die zentrale Rolle des Gebets im Kampf um Freude

Aus Biblische Bücher und Predigten

Version vom 24. August 2011, 17:40 Uhr von Pcain (Diskussion | Beiträge)
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)
Wechseln zu:Navigation, Suche

Verwandte Ressourcen
More Von John Piper
Autorenindex
More Über Christian Hedonism
Thema-Index
Über diese Übersetzung
English: When I Don't Desire God/The Focus of Prayer in the Fight for Joy

© Desiring God

Share this
Unsere Mission
Diese Übersetzung wird von Evangelium Übersetzungen, ein Online-Dienst, das Evangelium-zentriert Bücher und Artikel frei verfügbar in jeder Nation und Sprache.

Erfahren Sie mehr (English).
Wie Sie helfen können
Wenn Sie gut Englisch sprechen, können Sie mit uns freiwillig als Übersetzer arbeiten.

Erfahren Sie mehr (English).

Von John Piper Über Christian Hedonism
Kapitel 10 des Buches Wenn die Freudenicht mehr da ist

Übersetzung von Desiring God


Sättige uns am Morgen mit deiner Gnade, so werden wir jubeln und uns freuen in allen unseren Tagen.
Psalm 90,14

Bis jetzt habt ihr nichts gebeten in meinem Namen. Bittet, und ihr werdet empfangen, damit eure Freude völlig sei!
Johannes 16,24

Ich bitte, Gott, lass mich dich erkennen, lass mich dich lieben, um mich an dir zu erfreuen. Und wenn ich (es) in diesem Leben nicht bis zur Vollendung kann, so lass mich wenigstens Tag für Tag voranschreiten, bis es zur Vollendung kommt. Es schreite voran hier in mir das Wissen um dich – und dort werde es vollkommen; es wachse die Liebe zu dir – und dort sei sie vollkommen, auf dass hier meine Freude sei in der Hoffnung groß und dort in der Wirklichkeit vollkommen. Herr, durch deinen Sohn befiehlst du, ja rätst uns zu bitten und versprichst zu empfangen, »dass unsere Freude vollkommen sei«. Ich erbitte, Herr, was du uns rätst durch unseren »wunderbaren Ratgeber«. Lass mich empfangen, was du versprichst durch deine Wahrheit, »dass meine Freude vollkommen sei«. Wahrhafter Gott, ich bitte, lass mich empfangen, »dass meine Freude vollkommen sei«. Inzwischen soll mein Geist über sie sinnen, meine Zunge von ihr sprechen. Es soll mein Herz sie lieben, mein Mund von ihr reden. Es soll meine Seele nach ihr hungern, mein Fleisch nach ihr dürsten, mein ganzes Sein sie begehren, bis ich »eintrete in die Freude meines Herrn«, »der da ist« der dreieinige Gott, »gepriesen in Ewigkeit. Amen.«
Anselm
Proslogion1

Inhaltsverzeichnis

Alles andere nur verlangen, weil wir Gott verlangen

Was macht man, wenn man kein Verlangen nach dem Wort Gottes hat? Oder wenn man es liest, aber nichts sieht, was einem Freude gibt? Oder wenn die eigene Freude schwach ist und vor den Verlockungen der Welt zerfällt? Was macht man, wenn man nicht in dem Gott der Bibel Zufriedenheit findet, sondern die Vergnügungen der Freude bevorzugt? Haben Paulus oder die Psalmisten oder die berühmten Heiligen der Geschichte jemals damit gekämpft? Ja, sie haben damit gekämpft. Und wir sollten Mut daraus schöpfen. Wir haben alle mit Zeiten der Lauheit und der geistlichen Gefühllosigkeit des Herzens zu kämpfen. Selbst im Leben der gottesfürchtigsten Menschen gibt es Zeiten, in denen der geistliche Hunger schwach wird und die Finsternis das Licht zu verzehren droht und alles bis auf eine schwache Erinnerung an den Geschmack der Freude dahinschwindet.

Das Elend Martin Luthers

Martin Luther zum Beispiel schien von außen für viele unverwundbar zu sein. Aber diejenigen, die ihm nahe standen, kannten sein Elend. Am 13. Juli 1521, als er in der Wartburg fieberhaft an der Übersetzung des Neuen Testaments hätte arbeiten müssen, schrieb er Folgendes an Melanchthon:

Ich sitze hier bequem, verhärtet und gefühllos – ach! Wenig betend, wenig um die Gemeinde Gottes bekümmert, aber umso mehr in den wilden Feuern meines ungezähmten Fleisches brennend. Hierauf kommt es hinaus: Ich sollte in den Flammen des Geistes stehen; in Wirklichkeit stehe ich in den Flammen des Fleisches, mit Begierde, Trägheit, Untätigkeit, Schläfrigkeit. Vielleicht liegt es daran, dass ihr alle aufgehört habt, für mich zu beten, dass Gott sich von mir abgewendet hat. … In den letzten acht Tagen habe ich nichts geschrieben und weder gebetet noch studiert, teilweise aus Maßlosigkeit, teilweise aufgrund einer anderen ärgerlichen Behinderung [Verstopfung und Hämmorrhoiden, wie wir an anderer Stelle erfahren]. … Ich kann es wirklich nicht länger aushalten; … bete für mich, ich bitte dich, denn in meiner Abgeschiedenheit hier bin ich von Sünden überhäuft.2

Die geistliche Sicht der Heiligen ist nicht immer klar. Wolken ziehen heran, und wenn die Herrlichkeit Christi verdunkelt ist, können die Feuer der Zuneigung nur noch ein Glimmen sein. Wir werden mehr dazu in Kapitel 12 sehen. Nur so viel sei jetzt gesagt: Das müssen keine vergeudeten Zeiten im Leben des Glaubens sein. Gott hat weise und heilige Absichten, wenn er seine geliebten Kinder an die Grenze der Verzweiflung bringt (siehe 2. Korinther 1,8-10).

Aber es ist niemals unser Ziel, in das Tal der Finsternis zu gehen oder dort zu bleiben. Das biblische Gebot ist: »Freut euch im Herrn.« Und selbst wenn die Bibel gebietet: »Fühlt euer Elend und trauert und weint; euer Lachen verwandle sich in Traurigkeit und eure Freude in Niedergeschlagenheit!« (Jakobus 4,9) – selbst dann ist es das Ziel, nicht dort zu bleiben. Der nächste Vers lautet: »Demütigt euch vor dem Herrn! Und er wird euch erhöhen.« »Denn die Betrübnis nach Gottes Sinn bewirkt eine nie zu bereuende Buße zum Heil; die Betrübnis der Welt aber bewirkt den Tod« (2. Korinther 7,10). Das Ziel der Buße des zerbrochenen Herzens ist der Segen der demütigen Freude, die Christus verherrlicht.

Wie kämpfen wir also um Freude, wenn unser Verlangen ermattet und wir keine Zuneigung für das Wort Gottes haben? Die Antwort, auf die wir uns in diesem Kapitel konzentrieren, ist das Gebet. Der Schlüssel zur Freude an Gott ist Gottes allmächtige und verändernde Gnade, durch seinen Sohn erkauft, durch seinen Geist angewandt, durch das Wort erweckt und durch den Glauben mittels Gebet empfangen.

Gebet: »ein Darbringen unserer Verlangen zu Gott« 

Wie können wir Gebet definieren, damit wir wissen, wovon wir sprechen? B.B. Warfield erzählt eine Geschichte über D.L. Moody, den Evangelisten des 19. Jahrhunderts, als er Großbritannien besuchte und viel über den Wert des Westminster- Katechismus in Bezug auf Gebet lernte. Er war bei einem schottischen Freund in London untergebracht.

Ein junger Mann war gekommen, um mit Herrn Moody über religiöse Dinge zu sprechen. Er hatte mit einer Reihe von Dingen Schwierigkeiten, unter anderem auch mit dem Gebet und natürlichen Gesetzen. »Was ist Gebet?«, fragte er. »Ich weiß nicht, was Sie damit meinen!« Sie befanden sich im Flur eines großen Hauses in London. Bevor Moody antworten konnte, hörte man ein Kind auf der Treppe singen. Es war die Stimme eines kleinen Mädchens von neun oder zehn Jahren, der Tochter des Gastgebers. Sie lief die Treppe herunter und hielt an, als sie Fremde im Flur sitzen sah. »Komm her, Jenny«, sagte ihr Vater, »und sage diesem Herrn, was Gebet ist.« Jenny wusste nicht, was vorgefallen war, aber sie verstand, dass sie jetzt ihren Katechismus aufsagen sollte. Also richtete sie sich auf, faltete ihre Hände vor sich, wie ein braves kleines Mädchen, das sich bereitmachte, »ihre Bitten aufzusagen«, und sie sagte in ihrer klaren kindlichen Stimme: »Gebet ist ein Darbringen unserer Verlangen zu Gott, für Dinge, die in Übereinstimmung mit seinem Willen sind, im Namen Christi, mit Bekenntnis unserer Sünde und dankbarer Anerkennung seiner Barmherzigkeit.« »Ah! Das ist der Katechismus! «, sagte Moody, »Gott sei Dank für den Katechismus.«3

Die zentrale Definition des Gebets im Westminster-Katechismus ist »ein Darbringen unserer Verlangen zu Gott«. Daher ist das Gebet die Offenbarung des Herzens. Das, wofür ein Mensch betet, zeigt den geistlichen Zustand seines Herzens. Wenn wir nicht für geistliche Dinge beten (wie die Herrlichkeit Christi, die Heiligung des Namens Gottes, die Errettung der Sünder, die Heiligkeit unseres Herzens, die Ausbreitung des Evangeliums, Zerschlagenheit wegen Sünde, die Fülle des Geistes, das Kommen des Königreiches und die Freude der Kenntnis Christi), dann ist es wahrscheinlich so, weil wir kein Verlangen nach diesen Dingen haben. Das ist eine vernichtende Anklage unseres Herzens.

Deswegen sagte J.I. Packer: »Ich glaube, dass das Gebet die geistliche Messlatte eines Menschen ist, auf eine Weise, die es sonst nicht gibt, so dass es eine der wichtigsten Fragen für uns ist, wie wir beten.«4 Wie wir beten, offenbart das Verlangen unseres Herzens. Und das Verlangen unseres Herzens offenbart, wo unser Schatz ist. Und wenn unser Schatz nicht Christus ist, dann gehen wir verloren. Jesus sagte: »Wer Vater oder Mutter mehr liebt als mich, ist meiner nicht würdig; und wer Sohn oder Tochter mehr liebt als mich, ist meiner nicht würdig« (Matthäus 10,37).

Der Kampf um Freude: anbetungsvoll, liebevoll, ernsthaft und gefährlich

Deshalb ist der Kampf um Freude mit der Waffe des Gebets sehr ernst. Letztendlich geht es um die Ehre Gottes. Das ist wahr, weil Gott am meisten in uns verherrlicht ist, wenn wir zutiefst zufrieden sind in ihm. Es ist auch wahr, weil die Freude am Herrn unsere Stärke ist (Nehemia 8,10), wenn es um Barmherzigkeit und Gerechtigkeit und Mission geht. Denn wenn das Licht Christi auf diese Weise leuchtet, sehen Menschen unsere guten Werke und verherrlichen unseren Vater im Himmel (Matthäus 5,16). Wenn man mehr in Gott als in Wohlstand oder Menschenlob Zufriedenheit findet, wird man bereit, um Christi willen verfolgt zu werden. Über die frühen Christen wurde Folgendes gesagt: »Ihr habt … den Raub eurer Güter mit Freuden aufgenommen, da ihr wisst, dass ihr für euch selbst einen besseren und bleibenden Besitz habt« (Hebräer 10,34). Das ist es, was aus der Freude an Gott (nicht aus irdischer Sicherheit) kommt. Deshalb ist das Gebet für eine solch befreiende Freude an Gott eines der anbetungsvollsten und liebevollsten Dinge, die ein Mensch tun kann. Und es ist sehr gefährlich.5

Das Gebet um Freude ist nicht das emotionale Verwöhnen freudloser Menschen. Es ist Vorbereitung für Opfer. Im Kampf um Freude geht es um den strahlenden Glanz des Wertes Jesu, sichtbar für die Welt in Opfern der Liebe, die aus der Freude von Menschen hervorströmen, die durch Blut erkauft sind, eine zufriedene Seele haben und Christus erheben. Als Paulus zu den Korinthern sagte: »Wir sind Mitarbeiter an eurer Freude« (2. Korinther 1,24), sagte er nicht: »Wir verwöhnen euch.« Er sagte: »Wir bereiten euch auf radikale Opfer der Liebe vor, die Christus erheben.« 

Die Auswirkung der Freude in Mazedonien

Das wird ganz deutlich, wenn man sich 2. Korinther 8,1-4 ansieht. Paulus lobte, was mit den Christen in Mazedonien geschah, damit die Korinther das Gleiche suchen würden – nämlich die Gnade Gottes, die zu Freude an Gott führte, die dann zu Liebe führte. Dieses Muster sehen wir immer wieder.

Wir tun euch aber, Brüder, die Gnade Gottes kund, die in den Gemeinden Mazedoniens gegeben worden ist, dass bei großer Bewährung in Bedrängnis sich der Überschwang ihrer Freude und ihre tiefe Armut als überreich erwiesen haben in dem Reichtum ihrer Freigebigkeit. Denn nach Vermögen, ich bezeuge es, und über Vermögen waren sie aus eigenem Antrieb willig und baten uns mit vielem Zureden um die Gnade und die Beteiligung am Dienst für die Heiligen (2. Korinther 8,1-4).