Wenn die Freudenicht mehr da ist/Der Umgang mit der Welt im Kampf um Freude

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English: When I Don't Desire God/How to Wield the World in the Fight for Joy

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Von John Piper Über Christian Hedonism
Kapitel 12 des Buches Wenn die Freudenicht mehr da ist

Übersetzung von Desiring God


Denn jedes Geschöpf Gottes ist gut und nichts verwerflich, wenn es mit Danksagung genommen wird; denn es wird geheiligt durch Gottes Wort und durch Gebet.
1. Timotheus 4,4-5

Die Himmel erzählen die Herrlichkeit Gottes,
und das Himmelsgewölbe verkündet seiner Hände Werk.

Psalm 19,2

Heute stand ich im dunklen Geräteschuppen. Die Sonne schien draußen, und durch eine Ritze oben an der Tür kam ein Sonnenstrahl. Von dort, wo ich stand, war dieser Lichtstrahl, vermischt mit sichtbaren Staubkörnchen, die beeindruckendste Sache im Raum. Alles andere war fast stockdunkel. Ich sah den Strahl, aber sonst nichts. Dann bewegte ich mich an eine Stelle, an der der Strahl auf meine Augen fiel. Sofort verschwand das vorige Bild. Ich sah keinen Geräteschuppen und (vor allem) keinen Strahl. Stattdessen sah ich, von der unregelmäßigen Ritze umrandet, grüne Blätter, die sich draußen auf den Ästen eines Baumes bewegten, und darüber hinaus, etwa 150 Millionen Kilometer entfernt, die Sonne. Am Strahl entlangzusehen und den Strahl anzusehen waren zwei ganz verschiedene Erfahrungen.
C.S. Lewis
»Meditation in a Toolshed«
God in the Dock[1]

Inhaltsverzeichnis

Alle fünf Sinne gebrauchen, um die Herrlichkeit Gottes zu sehen

In diesem Kapitel werden wir mit der Beziehung zwischen physischen Ursachen und geistlichen Auswirkungen ringen. Wenn sich das unklar anhört, ziehen Sie einige Beispiele in Betracht: Können physische Laute (wie Musik oder Donner) geistliche Auswirkungen verursachen (wie Freude an Christus oder Gottesfurcht)? Können tiefe Schluchten Ehrfurcht vor Christus schaffen? Kann ein brutzelndes Steak Befriedigung in Jesus schaffen? Jeder Mensch weiß, dass Musik oder Donner Freude und Furcht verursachen kann. Aber können sie geistliche Freude und geistliche Furcht verursachen? Können Klippen und Mahlzeiten die Freude des Glaubens erwecken?

Das Wort geistlich im Neuen Testament bezieht sich normalerweise auf eine Sache oder eine Person, die vom Heiligen Geist hervorgebracht wird, vom Heiligen Geist beherrscht wird und auf die Ziele des Heiligen Geistes, insbesondere die Anbetung Christi, orientiert ist. Aber Musik und Donner und Schluchten und Steaks sind nicht der Heilige Geist. Sie sind natürliche Bestandteile der materiellen Schöpfung. Was ist die Beziehung zwischen ihnen und geistlicher Freude?

Oder, um die Frage anders zu stellen: Können wir im Kampf um Freude an Gott physische Mittel benutzen? Die Antwort ist nicht einfach. Deshalb habe ich gesagt, dass wir in diesem Kapitel »ringen« würden. Nicht jede Freude erhebt Christus. Freude erhebt das, worüber wir uns freuen. Wenn wir uns an Rache erfreuen, dann erheben wir den Wert der Rache. Wenn wir uns an Pornographie erfreuen, dann erheben wir den Wert der Pornographie. Solche Freuden sind eindeutig sündhaft. Aber was ist mit harmlosen Vergnügungen? Wenn wir uns an einem schönen Sonnenaufgang erfreuen, was erheben wir dann? Den Sonnenaufgang? Oder den Schöpfer des Sonnenaufgangs? Oder beides? Und worin liegt der Unterschied in unserem Herz und unserem Sinn?

Viele Ungläubige sind zutiefst bewegt, wenn sie sich an der Schönheit eines Sonnenaufgangs erfreuen. Sie haben nicht den Heiligen Geist, und sie verehren Christus nicht. Was ist der Unterschied zwischen ihrer Freude und geistlicher Freude? Ist die Erfahrung die gleiche und nur unser Wissen unterschiedlich? Oder ist die Freude an sich unterschiedlich? Und wenn das der Fall ist, inwiefern?

Ist Langmut eine Frucht des Geistes oder des Schlafs?

Ich greife diese Frage auf, weil unsere tägliche Erfahrung, wie auch die Bibel selbst, dies verlangt. Wir wissen aus Erfahrung, dass unser geistliches und unser physisches Leben miteinander verflochten sind. Wenn wir zu wenig Schlaf bekommen, dann verstärkt das unsere Ungeduld und Reizbarkeit, aber die Bibel sagt, dass Liebe »langmütig [ist], … sie lässt sich nicht erbittern« (1. Korinther 13,4-5), und sie nennt Liebe und Langmut Früchte des Geistes (Galater 5,22). Sind Liebe und Langmut also Früchte des Geistes, oder sind sie Früchte des Schlafes?

Selbst in der Arbeit für den Herrn würde niemand leugnen, dass ein Adrenalinschub eine große Herausforderung begleiten kann und so Wachsamkeit und Energie für eine von Gott bestimmte Aufgabe geben kann. Aber der Apostel Paulus sagt: »… wozu ich mich auch bemühe und kämpfend ringe gemäß seiner Wirksamkeit, die in mir wirkt in Kraft« (Kolosser 1,29). Was ist der Unterschied zwischen dem physischen Adrenalin von Paulus und kraftvoller Wirksamkeit, die er von Christus verspürt? Sind sie vollkommen voneinander getrennt? Oder arbeitet Christus irgendwie durch Adrenalin?

Die Welt des Sehens und Hörens

Um das Ausmaß dieses Themas zu begreifen, denken Sie an Ihre fünf Sinne und die zahllosen Empfindungen, die sie bringen, und wie diese Ihre Emotionen und Ihr geistliches Leben beeinflussen. Sie haben den Sinn des Sehens, und Sie sehen den Himmel mit seinen Wolken und seinen blauen Schattierungen und seinen roten und orangefarbenen Horizonten und seiner Nacht mit Mond und Sternen. Sie sehen die Erde mit ihren tausend Arten von Vögeln und Landtieren und Fischen und Bäumen und Pflanzen und ihren unterschiedlichen Landschaften von Wüsten, Feldern, Bergen, Prärien, Wäldern, Hügeln, Canyons und Schluchten mit Flüssen. Und Sie sehen Menschen, männlich und weiblich, groß und klein, dick und dünn, mit zahllosen Hautfarben, keine zwei gleich. Und Sie sehen alles, was der Mensch machen kann: Gemälde, Skulpturen, Dramen, Filme, Maschinen, Gebäude, Straßen, Computer, Flugzeuge, Kleidung, elektrische Generatoren, Atomkraftwerke, künstliche Herzen, Mikrowellen, Handys, Klimaanlagen, Antibiotika, Universitäten und Regierungen.

Und Sie haben den Sinn des Hörens. Sie hören die Laute von Tieren: den zwitschernden Vogel, die miauende Katze, den bellenden Hund, die zischende Schlange, die surrende Stechmücke, den quakenden Frosch, das wiehernde und klappernde Pferd, das grunzende Schwein, die muhende Kuh, den krähenden Hahn. Und Sie hören die Geräusche der unbelebten Natur: die krachenden Ozeanwellen, den fallenden toten Baum, den stürzenden Erdrutsch, den knackenden gefrorenen See, den ausbrechenden Vulkan, den rieselnden Bach, den rollenden Donner, den trommelnden Regen. Und Sie hören die Laute dessen, was die Menschen machen: Sie reden, lachen, pfeifen, summen, klatschen, weinen, stöhnen, schreien, stampfen, singen, spielen auf Hunderten von Instrumenten, hämmern auf Nägeln, jagen Motoren hoch, bedienen Maschinen, renovieren alte Häuser, gehen auf Krücken, grillen brutzelnde Hamburger, öffnen einen Briefumschlag, knallen eine Tür zu, erteilen einem Kind eine Tracht Prügel, zerbrechen Geschirr, mähen den Rasen.

Die Welt des Schmeckens und Riechens und Fühlens

Und Sie haben den Sinn des Schmeckens. Sie schmecken Hunderte von Speisen und Getränken: saure Zitronen, süßen Honig, scharfen Käse, bittere Pampelmusen, salzige Chips, scharfe Salsa, herben Punsch und zahllose einzigartige Geschmäcker von Bananen, Milch, Nüssen, Brot, Fisch, Steak, Salat, Schokolade, Kaffee, grünem Paprika, Zwiebeln, Vanilleeis, roter Götterspeise und einer Auswahl von Medikamenten, die Sie eher schlucken als schmecken würden.

Und Sie haben den Sinn des Riechens. Sie riechen Rosen, Geißblätter, Apfelblüten, Flieder, gebackenes Brot, brutzelnden Speck, Toast, der braun wird, Pizza, die warm wird, durchlaufenden Kaffee, Gewürznelken, verschütteten Abfall, nasskaltes Abwasser, Papierfabriken, Schweineställe, Lieblingsparfüme, frisch gemähten Rasen, Benzindämpfe, Kiefernwälder, alte Bücher und Zimtgebäck.

Und Sie haben den Sinn des Fühlens und innerer Empfindungen. Sie fühlen gemütliche Wärme an einem Feuer, warme Betttücher in einer kalten Nacht, eine kühle Brise an einem sonnigen Tag, die Seidenumrandung einer alten Decke, das Fell und den weichen Bauch eines Hundes, eine Fuß- oder Schultermassage, sexuelle Erregung, den Widerstand beim Gewichtheben, das Stampfen beim Joggen, den Sprung in einen kalten Bergsee, den Hammer, der auf Ihrem Daumen landet, den Schmerz unten in Ihrem Rücken, die Migräne, die Übelkeit der Seekrankheit, den Kuss eines Geliebten.

Physische Empfindungen und die Süße Gottes

Irgendeiner dieser fünf Sinne, oder eine beliebige Kombination von ihnen, kann Ihnen Emotionen geben. Und einige dieser Emotionen fühlen sich praktisch genauso an wie die Emotionen, die uns die Bibel zu haben gebietet: Freude (Philipper 4,4; Psalm 67,5), Lust (Psalm 37,4), Hoffnung (Psalm 42,6), Furcht (Lukas 12,5), Trauer (Römer 12,15), Verlangen (1. Petrus 2,2), Mitleid (Epheser 4,32), Dankbarkeit (Epheser 5,20) usw.

Neben der Tatsache, dass unsere Sinne Emotionen produzieren, können wir auch sagen, dass der richtige oder falsche Gebrauch unseres Körpers eine große Auswirkung darauf haben kann, wie wir geistliche Realität erfahren. Freude am Herrn ist anders, wenn man an Übelkeit leidet, als wenn man gesund ist und in einem Gottesdienst singen kann. Richtiges Essen und körperliche Bewegung und Schlaf haben eine deutliche Auswirkung auf den Sinn und sein Vermögen, natürliche Schönheit und biblische Wahrheit zu verarbeiten.

Also müssen wir uns die Frage stellen: Wie benutzen wir die geschaffene Welt um uns herum, inklusive unseres eigenen Körpers, damit sie uns hilft, für Freude an Gott zu kämpfen? An Gott, sage ich! Nicht an der Umwelt. Nicht an Musik. Nicht an Gesundheit. Nicht an Speisen oder Getränken. Nicht an natürlicher Schönheit. Wie können all diese guten Gaben der Freude an Gott dienen und nicht die höchsten Zuneigungen unseres Herzens an sich reißen?

Unser Zustand als physische Geschöpfe ist gefährlich. Die Frage, die wir uns stellen, ist nicht nebensächlich. Sie richtet sich an den gefährlichen Zustand, in dem wir uns befinden. Wir sind von unschuldigen Dingen umgeben, die schnell zu Götzen werden könnten. Unschuldige Empfindungen können innerhalb von einer Sekunde zu einem Ersatz für die Süße Gottes werden. Sollten wir Stimmungsmusik und dunkles Licht und Weihrauch benutzen, um eine Atmosphäre zu schaffen, die zum Wohlfühlen und zu »geistlicher« Offenheit beiträgt? Sie können die Gefahren der Manipulation schon fühlen, die direkt unter der Oberfläche lauern.

Aber niemand kann diesem Problem aus dem Weg gehen. Jeder benutzt physische Mittel. Wir alle wählen ein bestimmtes Licht. Wir alle wählen eine bestimmte Atmosphäre, auch wenn sie öde ist. Wir alle wählen eine bestimmte Musik, auch wenn sie nur aus der Stimme besteht. Wir alle treffen Entscheidungen darüber, wie wir schlafen und Bewegung bekommen und essen. Und wir handeln wahrscheinlich nicht wie Atheisten, wenn wir diese Entscheidungen treffen; wir glauben, dass sie etwas mit Gott zu tun haben. Es gibt keinen Weg darum herum. Wir alle müssen uns damit zurechtfinden, in welcher Beziehung unser physisches, sinnliches Leben mit unserer geistlichen Freude an Gott steht.

Freude ohne Gehirn?

Genauso, wie wir uns sicher sind, dass unsere Freude an Gott mehr als Chemikalien und elektronische Impulse im Gehirn ist, so sind wir uns auch sicher, dass wir in diesem Zeitalter diese geistliche Freude nur in Verbindung mit einem physischen Körper erfahren. Und das Zusammenspiel zwischen diesen beiden ist geheimnisvoll. Es gibt, auf eine seltsame Weise, ein Überschneiden von geistlicher Freude und psychischer Emotion und physiologischem Ereignis. Sie sind nicht identisch. Das wissen wir, weil Gott starke geistliche Emotionen wie Zorn (Psalm 80,5) und Freude (Zefanja 3,17) hat, aber keinen physischen Körper. Es gibt also geistliche Emotionen, die unabhängig von unserem physischen Körper existieren. Und vermutlich werden erlöste Menschen starke Emotionen der Anbetung und Befriedigung gegenüber der rechten Hand Gottes haben, nachdem sie sterben und bevor ihr Körper vom Tod erweckt wird (siehe Philipper 1,23; Offenbarung 6,10). Deshalb glauben wir, dass Freude an Christus nicht mit physischen Hirnstromwellen identisch ist, sondern über materielle Realität hinausgeht.

Trotz der theoretischen Beliebtheit der naturalistischen Evolution, die besagt, dass es nur Materie und Energie im Universum gibt, wird Ihnen fast niemand zustimmen, wenn Sie ihren Gerechtigkeitssinn in dieselbe Kategorie wie das Bellen eines Hundes setzen. Also selbst diejenigen, die keinen bewussten Glauben an Gott haben, gehen intuitiv davon aus, dass ihre Emotion der Liebe und ihr Gerechtigkeitssinn mehr als elektrochemische Ereignisse im Gehirn sind.[2]

Dennoch sind diese supraphysischen Dinge mit unserem physischen Gehirn verbunden. Und deshalb ist es so, dass unsere Freude an Gott und deren physischer Ausdruck im Gehirn in diesem sterblichen Leben untrennbar sind. Geistliche Emotionen (die mehr als physisch sind) können physische Auswirkungen haben, und physische Zustände können geistliche Auswirkungen haben.

Das geistliche Orchester und das physische Klavier

C.S. Lewis hat intensiv über dieses Thema nachgedacht und dazu eine Predigt mit dem Titel »Transposition« geschrieben. Sein Argument ist, dass das geistliche Leben der Emotion höher und reicher als das materielle Leben der physischen Empfindung ist, genauso wie ein Symphonieorchester reicher als ein Klavier ist. Wenn die Musik der geistlichen Freude in der Seele spielt, dann wird sie in physische Empfindungen »transponiert«. Aber da das »geistliche« Orchester reicher und vielschichtiger als das »physische« Klavier ist, müssen die gleichen Klaviertasten für Klänge benutzt werden, die im Orchester mit verschiedenen Instrumenten gespielt werden. Als physische Menschen mit einer Seele erfahren wir immer geistliche Emotionen auf beiden Ebenen: dem Orchester und dem Klavier.

Es gibt mindestens vier Gründe, warum die Analyse von Lewis hilfreich ist. Ein Grund ist, dass sie die Tatsache erklärt, dass Selbstbeobachtung niemals geistliche Freude an Gott finden kann, sondern nur ihren Rest physischer Empfindung. Die Ursache dafür ist, dass wenn wir uns nicht mehr auf Gott, sondern auf die Emotion selbst konzentrieren, die Emotion nicht länger das ist, was sie war. Sie hinterlässt ihre Spur nur in der physischen Empfindung, nicht in der geistlichen Realität. Die Realität der geistlichen Freude hängt jeden Moment davon ab, dass wir ständig die Herrlichkeit Gottes sehen.[3]

Zweitens hilft die Analyse von Lewis, zu erklären, warum die physischen Empfindungen, die wir hinter den geistlichen Emotionen der Ekstase und des Entsetzens finden, identisch scheinen. Mit anderen Worten: Das physische Zittern und der empfindliche Bauch scheinen für Entsetzen und Ekstase identisch zu sein, wenn wir sie durch Selbstbeobachtung analysieren. Lewis erklärt, dass wir das erwarten müssten, wenn ein Orchester der Emotion für ein einfacheres Instrument nach unten transponiert wird: Sehr unterschiedliche geistliche Emotionen müssen auf derselben Klaviertaste spielen.

Wenn ein guter Mann in das Gesicht seiner Verlobten schaut und das Vergnügen einer warmen Liebe irgendwo spürt – er weiß nicht, ob in seinem Kopf oder seiner Brust oder sogar noch tiefer – und sich dann von seiner Geliebten abwendet, um das Vergnügen zu finden – wo auch immer –, dann wird er wahrscheinlich eine physische Empfindung finden, die von Begierde nicht zu unterscheiden ist. Das Orchester der Liebe benutzt denselben physischen Ton auf dem Klavier, den die Begierde benutzt, um ihre Musik zu spielen, aber jeder weiß, dass Liebe und Begierde nicht identische Emotionen sind.

Aber wenn sie auf derselben Ebene sind – auf derselben Klaviertaste des Körpers spielen –, warum erfahren wir dann die geistlichen Emotionen so anders, wenn sie gerade stattfinden – selbst anders in unserem Körper? Denn wir erfahren tatsächlich Begierde und Liebe, oder Entsetzen und Ekstase, als physisch verschieden. Wir erfahren Entsetzen als unangenehm und möchten es nicht wiederholen, aber wir erfahren Ekstase als angenehm und möchten sie wieder haben.

Geistliche Emotion kommt herein und verwandelt physische Empfindung

Lewis antwortet, dass in der Transposition vom Höheren zum Niedrigeren die geistliche Emotion in die physische Empfindung hineinkommt, so dass die Empfindung Teil der höheren Emotion wird.

Dieselbe Empfindung begleitet nicht nur verschiedene und gegensätzliche Emotionen, oder deutet sie nicht nur an, sondern wird Teil von ihnen. Die Emotion kommt sozusagen körperlich in die Empfindung herunter und verdaut und verwandelt sie, so dass derselbe Nervenkitzel Freude oder Qual ist.[4]

Das ist äußerst wichtig. Es führt zu dem dritten Grund, warum die Analyse von Lewis hilfreich ist: Es gibt eine Antwort für den materialistischen Skeptiker, der sich die Hirnstromwellen für »Freude« und »Qual« anschaut und argumentiert, dass es keine Realität für den so genannten geistlichen Unterschied geben kann, da beide im Gehirn mit den gleichen elektrochemischen Reaktionen registriert sind. Deshalb kommt er zu dem Schluss, dass es geistliche Emotionen nicht gibt, sondern nur physische Empfindungen. Es ist tragisch, dass Millionen von modernen Menschen behaupten, das zu glauben. Aber die Analyse von Lewis zeigt, dass dieses Missverständnis genau das ist, was wir erwarten würden, wenn »Transposition« wahr ist. Die Person, die diese Frage nur »von unten« angeht, kann nur das Klavier hören.

Der brutale Mensch kann durch Analyse niemals etwas anderes als Begierde in Liebe finden. … Psychologie kann niemals etwas in den Gedanken finden als Zuckungen der grauen Zellen. … [Der Materialist] ist daher, was die vorliegende Angelegenheit betrifft, in der Position eines Tieres. Sie werden gemerkt haben, dass die meisten Hunde das Zeigen nicht verstehen können. Sie zeigen auf ein bisschen Futter auf dem Boden: Der Hund, anstatt auf den Boden zu schauen, schnüffelt an Ihrem Finger. Ein Finger ist für ihn ein Finger, und das ist alles. … Solange diese absichtliche Weigerung, Dinge von oben zu verstehen, anhält, selbst wo ein solches Verständnis möglich ist, ist es vergeblich, von irgendeinem letztendlichen Sieg über Materialismus zu sprechen. Der Kritiker jeder Erfahrung von unten … wird immer dieselbe Plausibilität haben. Es wird immer Anzeichen, und jeden Monat neue Anzeichen, geben, um zu zeigen, dass Religion nur psychologisch ist, Gerechtigkeit nur Schutz, Politik nur Wirtschaft, Liebe nur Begierde, und das Denken selbst nur Biochemie des Gehirns.[5]

Viertens hilft uns die Analyse von Lewis zu verstehen, wie wir die Welt der physischen Empfindung für geistliche Zwecke gebrauchen können. Durch seinen Kontrast zwischen dem geistlichen Orchester der Emotion und dem physischen Klavier der Erfahrung werden wir daran erinnert, dass wir geistliche Emotion nicht mit physischer Empfindung gleichsetzen dürfen. Sie sind nicht identisch. Das ist eine entscheidende Wahrheit, an die wir immer denken sollten. Andererseits erinnert uns Lewis daran, dass geistliche Emotionen wie z.B. Freude an Gott nur in Verbindung mit physischen Empfindungen erfahren werden. Sie sind nicht identisch, aber sie sind fast immer untrennbar. In diesem irdischen Leben sind wir nie körperlose Seelen mit nur geistlichen Emotionen. Wir sind vielschichtige geistlich-physische Wesen, die Freude an Christus als etwas mehr, aber fast niemals als weniger, als eine physische Empfindung erfahren. Ich sage »fast«, um die außergewöhnliche Möglichkeit offen zu lassen, dass Gott im Gegensatz zu seinem normalen Handeln auch Wunder inmitten des Leidens wirken kann, wie Ekstase inmitten von Flammen, wenn man auf dem Scheiterhaufen verbrannt wird.

Des Weiteren erinnert uns Lewis daran, erstaunt zu sein, dass das Höhere das Niedrigere tatsächlich verwandeln kann. Geistliche Emotionen, die mehr sind als nur physisch, können chemische Auswirkungen haben, und nicht nur andersherum. Es ist wahr, dass Chemikalien sich auf die Emotionen auswirken können. Aber wir beten und planen zu selten dafür, dass das Geistliche chemische Auswirkungen hat. Ganz gleich wie legitim Beruhigungsmittel und Antidepressiva in Zeiten des deutlichen chemischen Ungleichgewichts sein mögen: Wir sollten nicht die Wahrheit übersehen, dass geistliche Realität auch das Physische verwandeln kann, und nicht nur umgekehrt.

Vorsätzlich das Physische für Freude an Gott benutzen

Aber unsere Hauptfrage in diesem Kapitel ist, wie sich das Niedrigere auf das Höhere auswirken kann. Das heißt: Wie kann die physische Welt der Empfindung unserer Freude an Christus richtig helfen? Lewis hat uns gezeigt, dass Gott uns so geschaffen hat, dass es in diesem Leben eine Verbindung zwischen geistlicher Emotion und physischer Erfahrung gibt. Gott hat bestimmt, dass das Gehirn und die Seele sich überschneiden und entsprechen. Sie sind nicht identisch. Die physischen Ereignisse im Gehirn und die geistlichen Ereignisse in der Seele entsprechen sich nicht eins zu eins. Aber sie sind so sehr miteinander verflochten, dass es uns ermutigt, Schritte zu unternehmen, damit der Einfluss in beiden Richtungen zur Ehre Christi verläuft.

Das würde zum Beispiel bedeuten, dass wir einerseits durch Gebet und Nachsinnen über Gottes Wort versuchen, Freude an Christus zu erwecken, damit sie eine heilende, stärkende Auswirkung auf den Körper hat. Und es würde andererseits bedeuten, dass wir die physische Welt benutzen, inklusive unseres eigenen Körpers, damit nach den Gesetzen der Schöpfung Gottes die Freude an Christus intensiver und beständiger wird. Mit anderen Worten: Lewis hat geholfen zu sehen, dass es legitime Schritte gibt, die wir auf der physischen, sinnlichen Ebene gehen können, um unsere Freude an Gott zu verstärken.

Ich sage das trotz der zuvor erwähnten Gefahr der Manipulation (Stimmungsmusik, Rauch und schwaches Licht), um »geistliche« Emotionen zu schaffen, die sich aber als überhaupt nicht geistlich herausstellen. Wir können nicht von der Verantwortung davonlaufen, die physische Realität weise zu geistlichen Zwecken zu gebrauchen. Unser physisches Leben wird eine Auswirkung auf unser geistliches Leben haben, egal ob wir es planen oder nicht. Es ist besser, darüber nachzudenken und vorsätzlich zu handeln.

Die Bibel selbst sagt: Seht Gott in der Welt!

Viel wichtiger als die Weisheit von C.S. Lewis ist die biblische Weisheit Gottes. Die Bibel gibt uns gute Anzeichen dafür, dass wir in der Tat vorsätzlich handeln müssen, wenn es darum geht, unsere Freude an Gott mit physischen Mitteln zu erreichen. In Kapitel 5 haben wir bereits gesehen, dass das Sehen der Herrlichkeit Gottes die wesentliche und richtige Grundlage für unsere Freude an Gott ist. Wir haben aus 2. Korinther 4,4 argumentiert, dass das zentralste und am meisten beherrschende Mittel, Gott zu sehen, das Hören des Evangeliums ist. »Den Ungläubigen, bei denen der Gott dieser Welt [Satan] den Sinn verblendet hat, damit sie den Lichtglanz des Evangeliums von der Herrlichkeit des Christus, der Gottes Bild ist, nicht sehen.« Die tiefste Grundlage für unsere Freude als gerechtfertigte Sünder ist, dass Christus für unsere Sünden gestorben ist und das gütige Gesicht Gottes all denjenigen offenbart hat, die glauben. So ist es mit der ganzen Schrift: Sie ermöglicht uns, in ihr und durch sie die Herrlichkeit Gottes zu sehen. »Der HERR offenbarte sich … durch das Wort des HERRN« (1. Samuel 3,21). Gott offenbart sich, um geistlich gesehen zu werden und »durch das Wort des HERRN« genossen zu werden.

Aber die Bibel beschreibt auch andere Mittel, um die Herrlichkeit Gottes zu sehen, und somit andere Mittel, um unsere Freude an ihm zu erwecken und zu verstärken. Zum Beispiel in Psalm 19,2-5:

Die Himmel erzählen die Herrlichkeit Gottes, und das Himmelsgewölbe verkündet seiner Hände Werk. Ein Tag sprudelt dem anderen Kunde zu, und eine Nacht meldet der anderen Kenntnis - ohne Rede und ohne Worte, mit unhörbarer Stimme. Ihr Schall geht aus über die ganze Erde und bis an das Ende der Welt ihre Sprache. Dort hat er der Sonne ein Zelt gesetzt.

Wenn das Sehen der Herrlichkeit Gottes eine angemessene geistliche Ursache für unsere Freude an ihm ist, dann ist unser physischer Blick in den Himmel – Sonne und Mond und Sterne und Wolken und Sonnenaufgänge und Sonnenuntergänge und Gewitter – ein angemessenes Mittel, um uns zu helfen, uns an Gott zu erfreuen. Hier haben wir also eine deutliche biblische Berechtigung, mit dem physischen Organ des Sehens die physische Welt (»den Himmel«) zu gebrauchen, um nach einer geistlichen Auswirkung zu streben, nämlich dem Sehen der Herrlichkeit Gottes und der Erfahrung unserer Freude daran.

Andere Schriftstellen machen die Verbindung zwischen dem physischen, sichtbaren Werk Gottes und der Freude deutlich. Zum Beispiel Psalm 92,5: »Denn du hast mich erfreut, HERR, durch dein Tun. Über die Werke deiner Hände juble ich.« Ich nehme an, dass diese Freude nicht götzenhaft ist. Das heißt: Ich nehme an, dass sie nicht bei den Werken selbst endet, sondern in ihnen und durch sie auf der Herrlichkeit Gottes selbst ruht. Die Werke »erzählen« die Herrlichkeit Gottes. Sie deuten darauf. Aber die letztendliche Grundlage unserer Freude ist Gott selbst.

Eine Lektion von Licht in einem Geräteschuppen

C.S. Lewis beschrieb eine Erfahrung, die anschaulich darstellte, wie die physische Welt uns hilft, die Herrlichkeit Gottes zu sehen.

Heute stand ich im dunklen Geräteschuppen. Die Sonne schien draußen, und durch eine Ritze oben an der Tür kam ein Sonnenstrahl. Von dort, wo ich stand, war dieser Lichtstrahl, vermischt mit sichtbaren Staubkörnchen, die beeindruckendste Sache im Raum. Alles andere war fast stockdunkel. Ich sah den Strahl, aber sonst nichts. Dann bewegte ich mich an eine Stelle, an der der Strahl auf meine Augen fiel. Sofort verschwand das vorige Bild. Ich sah keinen Geräteschuppen und (vor allem) keinen Strahl. Stattdessen sah ich, von der unregelmäßigen Ritze umrandet, grüne Blätter, die sich draußen auf den Ästen eines Baumes bewegten, und darüber hinaus, etwa 150 Millionen Kilometer entfernt, die Sonne. Am Strahl entlangzusehen und den Strahl anzusehen waren zwei ganz verschiedene Erfahrungen.[6]

Wir können also sagen, dass wenn wir den Himmel »entlangschauen« und nicht nur den Himmel »anschauen«, er in seiner Absicht erfolgreich ist, »die Herrlichkeit Gottes zu erzählen«. Das heißt: Wir sehen die Herrlichkeit Gottes, nicht nur die Herrlichkeit des Himmels. Wir stehen nicht nur draußen und analysieren die natürliche Welt als einen Lichtstrahl, sondern wir lassen den Lichtstrahl auf die Augen unseres Herzens fallen, damit wir die Quelle der Schönheit sehen können – die ursprüngliche Schönheit, Gott selbst.

Dies ist der wesentliche Schlüssel, um den richtigen Gebrauch der physischen Welt der Empfindung für geistliche Zwecke aufzuschließen. Jeder Teil der Schöpfung Gottes wird ein Strahl zum »Entlangsehen« oder ein Klang zum »Entlanghören« oder ein Duft zum »Entlangriechen« oder ein Geschmack zum »Entlangschmecken« oder eine Berührung zum »Entlangfühlen«. Alle unsere Sinne werden Partner der Augen des Herzens, wenn es darum geht, die Herrlichkeit Gottes durch die physische Welt zu erkennen.

Einerseits hat uns Lewis also gezeigt, dass unsere »mehr als physischen« und geistlichen Emotionen in unseren physischen Empfindungen verkörpert sind und sie verwandeln, damit sie die Qualität der Emotion annehmen. Und andererseits hat er uns gezeigt, dass die physischen Empfindungen Partner sind, wenn es darum geht, die Herrlichkeit Gottes in der physischen Welt zu erkennen, und deshalb Mittel sind, um die eigentlichen geistlichen Emotionen zu erwecken und zu formen. Um genau zu sein: Die Freude an Gott kann durch die physische Zurschaustellung der Herrlichkeit Gottes erweckt werden, und dieselbe Freude tritt in die physische Erfahrung dieser ein und verwandelt sie.

Der Apostel Paulus hilft uns, die Welt im Kampf um Freude zu gebrauchen

Gibt die Bibel selbst uns hierzu irgendeine ausdrückliche Hilfe, um so weit wie möglich sicherzustellen, dass unser Gebrauch der physischen Welt uns in der Tat hilft, die Herrlichkeit Gottes zu sehen, damit unsere erweckten Emotionen nicht einfach natürlich, sondern geistlich sind? Ja, der Apostel Paulus geht in 1. Timotheus 4,1-5 ziemlich direkt auf diese Frage ein.

(1) Der Geist aber sagt ausdrücklich, dass in späteren Zeiten manche vom Glauben abfallen werden, indem sie auf betrügerische Geister und Lehren von Dämonen achten, (2) durch die Heuchelei von Lügenrednern, die in ihrem eigenen Gewissen gebrandmarkt sind, (3) die verbieten, zu heiraten, und gebieten, sich von Speisen zu enthalten, die Gott geschaffen hat zur Annahme mit Danksagung für die, welche glauben und die Wahrheit erkennen. (4) Denn jedes Geschöpf Gottes ist gut und nichts verwerflich, wenn es mit Danksagung genommen wird;(5) denn es wird geheiligt durch Gottes Wort und durch Gebet.

Beachten Sie, dass Paulus hier das Kommen von falschen Lehrern vorhersagt, die eine sehr negative Ansicht von der physischen Welt haben, insbesondere von Sex und Essen (die zusammen all unsere fünf Sinne betreffen). Diese falschen Lehrer »verbieten, zu heiraten«, und »gebieten, sich von Speisen zu enthalten« (V. 3). Paulus sieht dies als Rebellion gegen Gott an, da Gottes Absicht für seine gute Schöpfung ist, dass »nichts verwerflich« ist (V. 4).

Anstatt Gottes Schöpfung zu verwerfen, sagt Paulus, dass wir zwei Sachen damit machen sollten: sie mit Danksagung annehmen (V. 3-4) und sie heiligen (V. 5). Beachten Sie, wie beides die physische Welt mit unserer Freude an Gott verbindet.

Dankbarkeit für eine Gabe beinhaltet Freude gegenüber einem Geber

Paulus sagt, dass das sexuelle Vergnügen des Ehebetts und die kulinarischen Vergnügungen einer guten Speise »mit Danksagung genommen« werden sollen. Das ist direkt mit Freude an Gott verbunden, wenn man versteht, was Danksagung ist. Erstens ist Danksagung eine Emotion, nicht nur eine Entscheidung. Man kann »Dankeschön« sagen, ohne Dankbarkeit zu fühlen, aber jeder kennt den Unterschied zwischen dem Wort und dem Gefühl. Dankbarkeit ist ein spontanes Gefühl der Freude aufgrund des Wohlwollens, das jemand Ihnen gezeigt hat. Die Gabe mag noch nicht einmal ankommen. Sie könnte in der Post verloren gehen. Aber wenn Sie wissen, dass man an Sie gedacht hat und dass jemand sich die Mühe gemacht hat, Ihnen etwas zu kaufen, das Ihnen gefallen würde, und dass diese Person es Ihnen geschickt hat, dann werden Sie Dankbarkeit empfinden, selbst wenn die Gabe nie ankommt.

Das bedeutet zweitens, dass die Emotion der Dankbarkeit auf den Geber ausgerichtet ist. Dankbarkeit wird durch eine Gabe veranlasst, aber ist auf den Geber ausgerichtet. Drittens ist Dankbarkeit eine Art der Freude. Sie ist kein schlechtes oder neutrales Gefühl. Sie ist positiv und angenehm. Wir bedauern es nicht, Dankbarkeit zu empfinden – es sei denn, dass wir betrogen werden und die Gabe sich als eine Falle herausstellt. Missgönnerische Dankbarkeit ist ein Widerspruch in sich. So etwas gibt es nicht. Niemand empfindet Dankbarkeit aus Pflicht, ohne es wirklich zu wollen. Dankbarkeit ist spontan und angenehm. Sie ist Freude an dem Wohlwollen des Gebers.

Die vorherrschende Verbindung in der Bibel zwischen unserer Dankbarkeit und Gott ist, dass Gott gut ist. »Danket dem HERRN, denn er ist gütig, seine Gnade währt ewiglich!« (Psalm 106,1; Schlachter). Diese Verbindung zwischen unserem Dank und Gottes Güte wird an vielen Stellen wiederholt (Psalm 107,1; 118,1; 118,29; 136,1; 1. Chronik 16,34; 2. Chronik 5,13; 7,3; Esra 3,11). Das Bedeutendste an dieser Verbindung ist, dass unsere Dankbarkeit letztendlich in dem verwurzelt ist, was Gott ist, nicht in dem, was er gibt. Die Bibel sagt nicht: »Danket dem Herrn, denn er gibt gute Dinge.« Das ist wahr. Die guten Gaben, wie Sex und Essen, sind Anlass für die Freude der Dankbarkeit. Aber sie sind nicht die äußerste Konzentration unserer Freude. Die Empfindung des Vergnügens läuft den Strahl der Großzügigkeit Gottes hoch, bis es an der Güte von Gott selbst zum Stehen kommt.

Ich betone das, weil es sehr einfach für uns ist, zu sagen, dass wir dankbar für die Vergnügungen von Sex und Essen sind, aber noch nicht einmal Gott dabei mit ins Bild nehmen. Wenn das passiert, dann ist die Freude am Sex und am Essen nicht Freude an Gott und nicht geistlich und gibt Gott keine Ehre für seine Güte. Freude an Gottes Gaben ohne ein Bewusstsein Gottes ist keine Anerkennung von Gott selbst. Die Freude der Ungläubigen ist immer so gestaltet. Was Paulus uns also hier lehrt, ist, dass der richtige Gebrauch der physischen Vergnügungen von Sex und Essen unser Herz auf Gott ausrichtet, mit der Freude der Dankbarkeit, die ihre festeste Grundlage in der Güte Gottes selbst findet, nicht in seinen Gaben. Das bedeutet, dass wenn diese Gaben jemals in der Vorsehung Gottes weggenommen werden – vielleicht durch den Tod eines Ehepartners oder die Notwendigkeit einer Ernährungssonde –, die tiefste Freude, die wir durch sie hatten, bleiben wird, weil Gott immer noch gut ist (siehe Habakuk 3,17-18).

Sex und Essen heiligen

Nachdem Paulus sagt, dass Dankbarkeit die physische Welt mit Freude an Gott verbindet, fährt er fort und sagt, dass diese Verbindung zustande kommt, wenn die physische Schöpfung geheiligt wird. »Jedes Geschöpf Gottes ist gut und nichts verwerflich, wenn es mit Danksagung genommen wird; denn es wird geheiligt durch Gottes Wort und durch Gebet« (1. Timotheus 4,4-5).

Die Worte »es wird geheiligt« sind im Griechischen ein Wort (hagiazō), das manchmal die Bedeutung hat, etwas für heiligen Gebrauch beiseite zu stellen, wie in den Worten Jesu: »Was ist denn größer, das Gold oder der Tempel, der das Gold heiligt?« (Matthäus 23,17). Hier wird das Gold durch den Gebrauch im Tempel geheiligt (dasselbe Wort wie in 1. Timotheus 4,5). Das Gold selbst hat sich nicht verändert, aber es erhält eine Funktion, die Gott erhebt, indem es Teil des Tempels Gottes wird. An anderen Stellen bedeutet das Wort heiligen, etwas in einen Zustand zu verwandeln, damit es für Zwecke geeignet ist, die Gott erheben, wie in Jesu Gebet für seine Jünger: »Heilige sie durch die Wahrheit! Dein Wort ist Wahrheit« (Johannes 17,17). Wenn Paulus also sagt, dass Sex und Essen durch das Wort Gottes und durch Gebet geheiligt werden, dann bedeutet es wahrscheinlich, dass sie verwandelt werden und geeignet gemacht werden für ihren Zweck, unsere Freude an Christus, die Gott erhebt, zu erwecken und zu stärken.

Wie bringen das Wort Gottes und das Gebet diese Heiligung von Sex und Essen zustande? Die offensichtlichste Beobachtung ist, dass das Wort Gottes sein Sprechen zu uns ist – und Gebet unser Sprechen zu ihm. Die allgemeine Antwort ist daher, dass Sex und Essen für eine Freude, die Gott erhebt, brauchbar gemacht werden, wenn wir hören, was Gott über sie zu sagen hat, und dann unsere Bekräftigung seiner Wahrheit und unser Bedürfnis nach Hilfe zu ihm zurück sprechen.

Physische Empfindungen durch das Wort Gottes heiligen

Aber wir müssen präzise sein. Die zutreffende Wahrheit, die Gott zu uns spricht, ist 1.) dass er Sex und Essen geschaffen hat (1. Mose 1,27-28; 2,24-25; 3,16), 2.) dass sie gut sind (1. Mose 1,31), und 3.) dass sie nicht nur zur Fortpflanzung und zur Lebenserhaltung bestimmt sind, sondern auch für unseren Genuss. Paulus sagt zu Timotheus: »Den Reichen in dem gegenwärtigen Zeitlauf gebiete, nicht hochmütig zu sein, noch auf die Ungewissheit des Reichtums Hoffnung zu setzen – sondern auf Gott, der uns alles reichlich darreicht zum Genuss« (1. Timotheus 6,17). 4.) Des Weiteren sagt uns Gottes Wort, dass die physische Welt der Natur die Herrlichkeit Gottes erzählt (Psalm 19,2), so dass die Freude, die dadurch kommt, letztendlich in der Schönheit Gottes selbst ruht. 5.) Und das Wort gibt uns viele Einzelheiten über den richtigen Gebrauch von Sex (z.B. keine Unzucht und kein Ehebruch) und von Essen (z.B. keine Sucht und keine übertriebene Askese) und anderen natürlichen Vergnügungen. 6.) Schließlich sagt uns das Wort Gottes, dass wir Sünder sind und nichts außer den Zorn Gottes verdienen (Römer 1,18; 3,9) und deshalb die Freude des Sehens der Herrlichkeit Gottes in und durch die Vergnügungen von Sex und Essen eine vollkommene Gnadengabe ist, die mit dem Blut Jesu Christi erkauft wurde (Römer 8,32).

Das Kennen und Bekräftigen dieser Wahrheiten aus dem Wort Gottes verwandelt Sex und Essen von rein physischen Vergnügungen zu Partnern in Offenbarung und Freude. Die physischen Empfindungen sind Partner der geistlichen Augen unseres Herzens, um die Offenbarung der Herrlichkeit Gottes in der Schöpfung zu erkennen und unsere Freude an ihm zu fördern. Paulus hatte so etwas im Sinn, als er in Titus 1,15 sagte: »Den Reinen ist alles rein.« Er stellt die Reinen den »Befleckten und Ungläubigen« gegenüber. Das verbindet Titus 1,15 mit 1. Timotheus 4,3, wo Paulus sagt, dass Sex und Essen von Gott geschaffen wurden »zur Annahme mit Danksagung für die, welche glauben und die Wahrheit erkennen«. Mit anderen Worten: Sex und Essen sind für Gläubige entworfen, diejenigen, die reinen Herzens sind. Denn »den Reinen ist alles rein«.

Für diejenigen, die sich froh der Wahrheit Gottes über sich selbst als Sünder fügen – und über Christus als den Retter – und über den Heiligen Geist als den, der heiligt – und über Gott den Vater als Schöpfer –, für diejenigen sind Sex und Essen geheiligt. Das heißt: Sie sind rein. Sie sind nicht unreine Götzen, die um unsere Zuneigungen kämpfen, welche ganz und gar Gott gehören. Stattdessen sind sie reine Partner in der Offenbarung der Herrlichkeit Gottes. Sie sind Lichtstrahlen seiner Güte, entlang denen die, die reinen Herzens sind, Gott schauen (Matthäus 5,8).

Physische Empfindungen durch Gebet heiligen

Sex und Essen und andere natürliche physische Freuden sind also »durch Gottes Wort« geheiligt (1. Timotheus 4,5). Aber derselbe Vers sagt auch aus, dass sie durch »Gebet« geheiligt sind. Das Gebet heiligt Sex und Essen und andere physische Empfindungen, wenn wir damit Gott unseren Dank für seine Güte zum Ausdruck bringen. Aber Gebet hat auch eine andere Rolle. Gebet bedeutet auch, Gott um die Erleuchtung der Augen unseres Herzens zu bitten, damit wir, in unseren physischen Empfindungen und durch sie, die Herrlichkeit Gottes sehen. Gebet erkennt an, dass wir unsere eigene Reinheit nicht erreichen können. Wir können nicht unsere eigenen Empfindungen heiligen. Wir können nicht unsere Augen öffnen. Und deshalb können wir uns nicht an Gott in allen seinen Gaben erfreuen ohne die befähigende Gnade, die Gott als Antwort auf Gebet gibt. Deshalb beten wir, dass die Wahrheit ihre heiligende Auswirkung durch die Kraft des Geistes Gottes haben wird.

Auf diese Arten heiligen Gebet und das Wort Gottes zusammen Sex und Essen – und jede andere gute Gabe in dieser Welt. Das heißt: Die physische Realität des Essens und des menschlichen Körpers werden zusammen mit ihren physischen Empfindungen zu reinen Partnern in der Offenbarung der Herrlichkeit Gottes und der Erweckung unserer Freude an ihm.

Der direkte Gebrauch der Welt im Kampf um Freude

Wenn wir sorgfältig in Betracht ziehen, wie wir die physische Welt für die Förderung unserer Freude an Gott gebrauchen können, merken wir, dass wir einen direkten Gebrauch und einen indirekten Gebrauch von der Natur machen können. Der direkte Gebrauch ist, wenn wir Schritte unternehmen, Gottes Schöpfung (und ihre menschliche Darstellung in der Kunst) zu sehen und zu hören und zu riechen und zu schmecken und zu fühlen, um die Herrlichkeit Gottes besser zu erkennen. Der indirekte Gebrauch ist, wenn wir Schritte unternehmen, unseren Körper und unseren Sinn so fit wie möglich für den geistlichen Gebrauch zu halten. Lassen Sie uns diese beiden Seiten nacheinander betrachten.

Der direkte Gebrauch der physischen Welt in unserem Kampf um Freude könnte bedeuten, dass man eine Reise zum Grand Canyon macht oder früh aufsteht, um den Sonnenaufgang zu sehen, oder einem Symphonieorchester zuhört oder einen historischen Roman liest oder Physik studiert oder ein Gedicht auswendig lernt oder im Ozean schwimmt oder eine frische Ananas isst oder an einer Gardenienblüte riecht oder seine Hand durch das Haar seiner Frau gleiten lässt. All diese und tausend ähnliche Dinge sind direkte Wege, die natürliche Welt zu gebrauchen, um mehr von der Herrlichkeit Gottes zu erkennen.

Die Herrlichkeit Gottes ist etwas überwältigend Freudiges

Und auch wenn einige Begegnungen mit Gott schrecklich sind, scheint es in der Schrift deutlich zu sein, dass Gott möchte, dass wir uns an der Herrlichkeit, die wir in der Natur sehen, erfreuen. Das gründe ich zum Beispiel auf Psalm 19. Nachdem David sagt: »Die Himmel erzählen die Herrlichkeit Gottes«, greift er nach Worten, um die Freude zu zeigen, die durch die Himmel übermittelt wird. In den Versen 6 und 7 sagt er über die Sonne: »Wie ein Bräutigam aus seinem Gemach tritt sie hervor; sie freut sich wie ein Held, die Bahn zu durchlaufen. Vom Ende des Himmels geht sie aus und läuft um bis an sein Ende; nichts ist vor ihrer Glut verborgen.« 

Dieser Poet möchte uns ganz deutlich sichtbar und fühlbar machen, dass wenn die Sonne von der Herrlichkeit Gottes erzählt, sie sagt, dass die Herrlichkeit Gottes etwas überwältigend Freudiges ist. Warum sonst würde er sagen, dass sie wie ein Bräutigam ist, der aus seinem Gemach hervortritt? Es geht hier nicht nur darum, dass der Bräutigam seine schönsten Kleider trägt und von seinen edlen Hochzeitsgästen umringt ist. Es geht darum, dass dies der glücklichste Tag seines Lebens ist. Es ist die Erfüllung seiner Träume. Dies ist der Anfang einer ganz neuen Art der Freude. So ist es mit der Herrlichkeit Gottes. Das ist die Botschaft, die wir hören sollten, wenn wir den Sonnenaufgang mit überschwänglichem Rot und Gold und Lavendelblau am östlichen Himmel sehen. Gottes Herrlichkeit ist etwas Freudiges – wie die Freude eines Bräutigams an seinem Hochzeitstag.

Das wird noch deutlicher in dem anderen Bild, das David am Ende des sechsten Verses gebraucht. Wenn die Sonne aufgeht und von der Herrlichkeit Gottes erzählt, dann ist sie wie ein freudiger Held, der seine Bahn durchläuft. Wie können wir nicht an Eric Liddell denken, in der großartigen Szene aus dem Film Die Stunde des Siegers, wenn er die letzte Kurve im Rennen zur Herrlichkeit Gottes nimmt und seine Arme sich wie lebende Kolben bewegen und sein Kopf in diese vollkommen unorthodoxe Position zurückfällt und jede Faser in seinem Körper genau das tut, wozu sie geschaffen wurde, und ein Lachen auf seinem Gesicht ausbricht und alles in Eric Liddell schreit: »Gott sei die Ehre!« 

So ist die Herrlichkeit Gottes – sie ist wie der glücklichste Tag in Ihrem Leben; sie ist, als ob jeder Muskel und jede Sehne und jedes Band und jedes Organ und Ihr ganzer Sinn und alle Ihre Emotionen genauso funktionieren, wie sie für den Tag des Triumphs geschaffen wurden. Die Herrlichkeit Gottes ist die freudigste Realität im Universum.

Vernachlässigen Sie nicht die Gabe menschlicher Darstellungen der Herrlichkeit Gottes

In unserem Kampf um Freude dürfen wir nicht den Dienst Gottes an unserer Seele in der Welt, die er gemacht hat, vergessen. Wir sollten direkten Gebrauch von der Welt machen, um die Herrlichkeit Gottes zu sehen und zu genießen, wo auch immer er sie zur Schau gestellt hat. Das beinhaltet die Bemühungen des Menschen, in Gestaltung und Kunst etwas von der Herrlichkeit Gottes darzustellen. Selbst diejenigen, die nicht an Gott glauben, spüren oft, dass es mehr zu sehen gibt in dem, was sie sehen. Die Bibel besteht darauf, dass alle Menschen, auch wenn sie die Kenntnis Gottes niederhalten, in Wirklichkeit »Gott kennen« und sein Wesen durch die Dinge, die er gemacht hat, wahrgenommen und geschaut haben.

… weil das von Gott Erkennbare unter ihnen offenbar ist, denn Gott hat es ihnen offenbart. Denn sein unsichtbares Wesen, sowohl seine ewige Kraft als auch seine Göttlichkeit, wird seit Erschaffung der Welt in dem Gemachten wahrgenommen und geschaut, damit sie ohne Entschuldigung seien; weil sie Gott kannten, ihn aber weder als Gott verherrlichten noch ihm Dank darbrachten (Römer 1,19-21).

Das bedeutet, dass selbst die Kunstwerke von Ungläubigen manchmal von der Alltäglichkeit zu den Rändern der Herrlichkeit Gottes durchdringen. Von diesem Aussichtspunkt können Gläubige, deren Herz durch die Gnade Gottes gereinigt wurde, viel mehr sehen als Ungläubige. Selbst der ungläubige Künstler mag uns also unwissend helfen, die Herrlichkeit Gottes in der Welt, die er gemacht hat, zu sehen und zu genießen.

Die Macht menschlicher Worte, um aus der Welt einen Grund zur Freude zu machen

Es ist kein Fehler, dass so viel in der Bibel in poetischer Form gehalten ist. Und es ist auch kein Fehler, dass es so viele biblische Metaphern und Vergleiche gibt. Dadurch lernen wir, dass Gott die Sprache dazu bestimmt hat, zu bewegen und darzustellen, was farblose Sprache nicht tun kann. Das menschliche Herz bewegt sich unaufhaltsam der Poesie entgegen, weil es intuitiv weiß, dass es mehr als nur die natürliche Welt gibt. Das Herz mag vielleicht nicht glauben, dass die Himmel die Herrlichkeit Gottes erzählen, aber es weiß, tief im Innersten, dass sie etwas mehr erzählen, als das menschliche Auge sehen kann.

Deshalb kann es in unserem Kampf um Freude oft hilfreich sein, durchdringende Literatur zu lesen oder bewegende Dramen anzuschauen. Nicht weil sie jemals mit der Schrift konkurrieren oder sie ersetzen können, sondern weil sie Teil der Gott offenbarenden Schöpfung und deren Betrachtung sind. Gott hat uns nicht in die Welt gesetzt, um sie zu ignorieren, sondern um sie weise zu gebrauchen. Seit jeher haben Menschen entdeckt, dass das Betrachten der Welt in menschlicher Kunst uns für das, was die Welt über Gott sagt, erweckt. Echos können uns für den Schrei der Realität erwecken, und Poesie kann uns Augen zum Sehen geben. Wenn wir nicht mit der beharrlichen Schläfrigkeit der Seele geplagt wären, dann würden wir vielleicht die ganze Herrlichkeit der Natur sehen. Aber so, wie es ist, benötigen wir Hilfe von kreativen Künstlern.

Richard Foster schreibt zu Recht:

Ich bin besorgt, dass all unser Lesen und Schreiben auf den niedrigsten gemeinsamen Nenner zustrebt, so dass die großen Themen der Majestät und der hohen Gesinnung und des Glücks als banal, winzig und langweilig erscheinen. … Ich bin über den Zustand der Seele inmitten all der billigen, sinnlichen Überlastung heutzutage besorgt. Sehen Sie: Ohne das, was Alfred North Whitehead »eine ständige Vision der Größe« nannte, wird unsere Seele zusammenschrumpfen und die Aufnahmefähigkeit für Schönheit und Geheimnis und Transzendenz verlieren. …
Aber es ist nicht nur die Substanz von dem, was wir sagen (oder schreiben oder lesen oder hören oder sehen), die mich besorgt macht. Es ist die Art und Weise, wie wir es sagen. Pedantisch über strahlenden Glanz oder Unendlichkeit oder Allgegenwärtigkeit zu schreiben, verkümmert den Sinn und engt die Seele ein. Das richtige Wort zu finden oder das perfekte Bild einzufangen, erweckt den Sinn und vergrößert die Seele. Mark Twain bemerkte, dass der Unterschied zwischen dem richtigen Wort und dem beinahe richtigen Wort wie der Unterschied zwischen dem Blitz und einem Glühwürmchen ist.[7] … Die alten hebräischen Propheten waren genug um ihre Botschaft besorgt, dass sie sie oft in poetischer Form geäußert haben. Möge es so sein, dass in unserer Zeit Propheten auftreten, die uns zu einem treuen Leben aufrufen, in Worten, die knapp und klar und einfallsreich sind.[8]

Und wenn sie auftreten, dann können wir um Freude an Gott kämpfen, wenn wir lesen, was sie schreiben. Die Himmel erzählen die Herrlichkeit Gottes. Sie zu sehen, ist die Grundlage unserer Freude. Und wenn wir lesen, was andere gesehen haben, dann erweckt es uns oft dazu, das zu sehen, was sie sahen, oder noch mehr.

Der Kampf um Freude mit Hilfe von menschlichen Sehenswürdigkeiten und Lauten

Und selbstverständlich sind Worte nicht der einzige Weg, mit dem Künstler andere zu dem erwecken, was sie gesehen haben. Es gibt die visuelle Kunst (Zeichnungen, Gemälde, Skulpturen, Photographie, Film), und es gibt Musik. Ich werde hierzu nicht viel sagen, weil das nicht mein Gebiet ist. Was ich über Kunst und Musik weiß, weiß ich aus Erfahrung, nicht aus formellem Studium. Ich bin ein Zeuge, kein Richter. Und was ich bezeuge, ist die Kraft der visuellen Kunst und insbesondere der Musik. Wie es mit kreativem Schreiben ist, so ist es auch mit diesen Dingen: Sie können den Sinn und das Herz für Aspekte der Herrlichkeit Gottes erwecken, die wir zuvor nicht erkannt haben. Gemälde oder Photographien von Bergen und Bächen können eine Empfindung des Staunens und des Friedens hervorrufen. Wenn wir bereit sind, an diesen Bildern »entlangzuschauen « (sie nicht nur »anzuschauen«), wie Lewis uns gelehrt hat, dann werden unsere Augen den Lichtstrahl hoch zu der wirklichen Herrlichkeit laufen, und das Staunen und der Friede wird letztendlich in den wunderbaren und friedlichen Bergen und Bächen der Macht und Barmherzigkeit Gottes ruhen.

Musik, so scheint mir, ist die komplexeste Kunst von allen. Wer kann wirklich erklären, was vorgeht, wenn Musik ihre Kraft wirken lässt? Ihre verwandelnden Auswirkungen sind in ganz unterschiedlichen Fällen von der Parkinson- Krankheit[9] bis hin zu Pflanzen[10] dokumentiert. Wie alle Dinge in der Natur und in den Händen des gefallenen Menschen kann sie benutzt werden, um die Herrlichkeit Gottes zu offenbaren oder zu verbergen – den Sinn zu verderben oder den Sinn zu erleuchten. Im besten Fall spiegelt Musik eine wahre Erkenntnis über einen Aspekt der Herrlichkeit Gottes wider. Die Mehrdeutigkeit des Mittels selbst, zusammen mit kulturellen, sozialen und persönlichen Assoziationen, kompliziert die Darstellung dieser Herrlichkeit im Klang.

Ich erinnere mich, die Geschichte eines Stammesangehörigen gelesen zu haben, der ohne zuvor westlicher Kultur ausgesetzt zu sein, nach Europa geflogen wurde und zu einer Aufführung von Händels Messias mitgenommen wurde. Er saß fast die ganze Zeit mit den Händen auf seinen Ohren, weil (wie er später erklärte) es einfach zu viel Lärm für seine Ohren war. Das ist eine extreme Veranschaulichung der Komplexität der Kommunikation mit Musik. Dennoch, die Kraft ist da, und sie wirkt jeden Tag zum Guten oder zum Schlechten. Mein Punkt hier ist, dass es im Kampf um Freude gut und richtig ist, nach einer tieferen Empfindung für die Herrlichkeit Gottes mit der Hilfe von Musik zu streben.

Der Umgang mit der Waffe der Musik im Kampf um Freude an Gott

Wenn das nicht richtig wäre, dann würde uns die Bibel nicht so oft gebieten, zu singen (z.B. 2. Mose 15,21; 1. Chronik 16,23; Psalm 96,1) oder auf Instrumenten zu spielen (z.B. Psalm 33,2-3; 57,9; 81,3; 150). Musik scheint mit der Anbetung und mit der Welt der Natur verflochten zu sein. Unter den vielen Geschöpfen, die Gott in seiner Weisheit geschaffen hat (Psalm 104,24), sind die Vögel, denen Gott es beigebracht hat zu singen: »Darüber [über den Wasserquellen] sitzen die Vögel des Himmels und singen unter den Zweigen« (Psalm 104,12; Luther 1984). Sicherlich hat Gott Musik nicht als eine sinnlose Ablenkung von einem rationalen Verständnis von Gott geschaffen. Gewiss ist auch die Musik ein Teil der Schöpfung, der »die Herrlichkeit Gottes erzählt«.

Um gut mit Musik im Kampf um Freude umzugehen, sollten wir mit dem Wort Gottes erfüllt sein, damit unser Sinn von biblischer Wahrheit geprägt ist. Wenn unser Sinn und unser Herz von den Umrissen von Gottes Charakter geformt und von der Gnade des Evangeliums gedemütigt worden sind, werden wir besser erkennen, welche Klänge die verschiedenen Seiten der Herrlichkeit Gottes offenbaren und ihnen entsprechen. Und da dies so viel von kulturellen Gegebenheiten und persönlichen Hintergründen abhängt, werden wir nicht nur eine Beherrschung des musikalischen Reichtums benötigen, sondern auch eine tiefe, theologische Grundlage in gottzentrierter Wahrheit, kulturelle Sensibilität, ein Bewusstsein in Bezug auf die Dynamik des Herzens und eine tief gehende Liebe für Menschen aller Arten.

Wir müssen es uns zum Ziel setzen, dass die Freude, die durch Musik erweckt wird, Freude an Gott ist. Nicht jedes Vergnügen der Musik ist ein Vergnügen an Gott. Deshalb wird das Bemühen, sich an Gott zu erfreuen, auch ein nachdenkliches Testen beinhalten, nachdem die Musik schon Freude erweckt hat. Wir fragen uns dann: Hat diese Freude ihre Wurzeln in etwas Gutem über Gott? Bewegt sie mein Verlangen dazu, Christus besser zu kennen, ihn mehr zu lieben und ihn anderen Menschen auf Kosten meiner eigenen Bequemlichkeit zu zeigen? Bevor und nachdem die Musik ihre direkte Wirkung hat, streben wir also nach dem Ziel, dass die Musik uns mehr Freude an der Herrlichkeit Gottes bringt.[11]

Mit dem Staunen über das Alltägliche um Freude kämpfen

Ich möchte nicht den Eindruck erwecken, dass man im Kampf um Freude immer besondere Pläne machen muss, um solchen Offenbarungen der Herrlichkeit Gottes nachzugehen – wie ein Ausflug in die Berge oder zu einem Theater. Die meiste Zeit sollten wir einfach unsere Augen öffnen (und unsere Ohren und Nasen und Haut und Geschmacksknospen). Das soll nicht heißen, dass dies keine Anstrengung erfordert. Offensichtlich haben Menschen eine merkwürdige Krankheit, die die gewöhnlichen Herrlichkeiten jedes Tages fast unsichtbar macht – auf jeden Fall weniger interessant als deren Nachahmungen im Kino und im Fernsehen. Es gibt mehr Ohs und Ahs für die visuellen Effekte einer 10 Meter breiten Kinoleinwand als für den Nachthimmel oder den Sonnenuntergang. Warum ist es so schwer für uns, über das Gewöhnliche zu staunen, wenn es doch weitaus spektakulärer ist als die von Menschen gemachte Nachahmung?

Clyde Kilby, ein ehemaliger Literaturprofessor am Wheaton College, der einen großen Einfluss auf mich hatte, als ich dort war, gab diese Antwort:

Der Sündenfall des Menschen kann kaum stärker gespürt werden, wenn wir einfach beachten, was wir alle bei dem ersten Schneefall oder den ersten Knospen des Frühlings tun. Am Montag füllen sie uns mit Freude, und am Dienstag ignorieren wir sie. Auch wenn man uns oft anschreit, dass das alles ganz falsch ist, ändert das diese Tatsache kaum. … Nur eine ästhetische Kraft, die mit Gottes eigener Kreativität verwandt ist, hat die Fähigkeit zur Erneuerung, um uns die Kraft zum Sehen zu geben.[12]

Dies ist eine tragische Situation, die in dem Sprichwort »Allzu große Vertrautheit erzeugt Verachtung« zum Ausdruck kommt. Vertrautheit erzeugt auch Blindheit für gewöhnliche und offensichtliche Schönheit. Aber die Erlösung durch Jesus Christus bedeutet gewiss, dass wir eines Tages von dieser Situation befreit werden. Und da unsere Erlösung schon in diesem Zeitalter begonnen hat, sollten Christen durch die Kraft des Heiligen Geistes bessere Augen als andere Menschen haben, um die Wunder zu sehen, die Tag und Nacht zum Vorschein kommen. Wir sollten Menschen sein, die morgens mit demselben Gefühl der Erwartung aus dem Haus gehen, das wir auch ins Theater mitnehmen – nur einem noch stärkeren.

Chestertons Elefantenjagd nach dem Offensichtlichen

Eines Tages, als wir das Thema der menschlichen Blindheit für alltägliche Wunder im Unterricht behandelten, empfahl Dr. Kilby, dass wir alle G.K. Chestertons Buch Orthodoxy lesen sollten. Er sagte, dass es uns mehr helfen würde, die Herrlichkeit Gottes im alltäglichen Leben zu sehen, als alles, was er sagen könnte. Ich besorgte es mir und las es. Ich empfehle es, nicht weil seine Theologie immer richtig ist (er ist römisch-katholisch und hat den Calvinismus nicht gern), sondern weil es besser als jedes andere Buch, das ich kenne, die Hoffnung in Aussicht stellt, die göttliche Herrlichkeit des Offensichtlichen zu sehen.

Chesterton sagt über das Buch, dass es seine »abenteuerliche Elefantenjagd nach dem Offensichtlichen erzählt«.[13] Er identifiziert Selbstbezogenheit als eine der Hauptursachen unserer Blindheit. Er sagt, dass jemand mit krankhaften Befürchtungen und Sorgen darüber, was andere über ihn denken, die Befreiung von seiner Illusion braucht, dass andere Menschen sich überhaupt für ihn interessieren würden!

Wie viel glücklicher wären Sie, wenn Sie nur wüssten, dass Sie diesen Menschen völlig gleichgültig sind! Wie viel größer könnte Ihr Leben sein, wenn Ihr Selbst darin kleiner werden könnte; wenn Sie wirklich andere Menschen mit gewöhnlicher Neugier und mit Vergnügen anse hen könnten; wenn Sie sie umhergehen sehen könnten, so wie sie sind, in ihrer sonnigen Selbstsucht und ihrer kraftvollen Gleichgültigkeit! Sie würden anfangen, sich für sie zu interessieren, weil sie sich nicht für Sie interessierten. Sie würden aus diesem winzigen und geschmacklosen Theater, in dem Ihr eigenes kleines Drama immer spielt, ausbrechen, und Sie würden sich unter einem freieren Himmel wiederfinden, in einer Straße voll mit prächtigen Fremden.[14]

Mit anderen Worten: Was wir brauchen, ist eine Art von Kindlichkeit. Und romantische Geschichten werden oft gebraucht, um sie zu erwecken.

Wenn wir sehr junge Kinder sind, brauchen wir keine Märchen: Wir brauchen nur Geschichten. Das bloße Leben ist interessant genug. Ein siebenjähriges Kind ist ganz gespannt, wenn es hört, dass Tommy eine Tür öffnete und einen Drachen sah. Ein dreijähriges Kind dagegen ist schon ganz gespannt, wenn es hört, dass Tommy eine Tür öffnete. Jungs mögen romantische Märchen, aber Babys mögen realistische Geschichten – weil sie sie romantisch finden. … Das beweist, dass selbst Kindergeschichten nur ein Echo eines fast pränatalen Sprungs des Interesses und des Erstaunens sind. Diese Geschichten sagen, dass Äpfel golden sind, nur um den vergessenen Moment aufzufrischen, als wir entdeckten, dass sie grün waren. Sie lassen Wein in Flüssen fließen, nur um uns für einen wilden Moment daran zu erinnern, dass Wasser in ihnen fließt.[15]

Der Punkt ist, dass Christus uns von der Sorge um uns selbst befreit und uns – ja, nur ganz allmählich – eine Kindlichkeit gibt, die das reine Wunder von der umwerfenden Merkwürdigkeit des Gewöhnlichen sehen kann. Chesterton sagte, dass diese Entdeckung für ihn in einem Rätsel enthalten war: »Was sagte der erste Frosch?« Antwort: »Herr, wie du mich zum Springen gebracht hast!«[16] An einer anderen Stelle sagt er, dass er so weit kam, dass es nicht die Merkwürdigkeit der Nasen anderer Menschen war, die ihn erstaunte, sondern die Tatsache, dass sie überhaupt Nasen hatten. Er weist darauf hin, dass wenn wir kindlicher werden und die Herrlichkeit und das Wunder des Gewöhnlichen und der Routine sehen können, wir dann Gott ähnlicher werden.

[Kinder] sagen immer: »Mach es noch einmal!«, und der Erwachsene macht es noch einmal, bis er fast tot ist. Denn erwachsene Menschen sind nicht stark genug, um sich an Monotonie zu erfreuen. Aber vielleicht ist Gott stark genug, um sich an Monotonie zu erfreuen. Es ist möglich, dass Gott jeden Morgen zu der Sonne sagt: »Mach es noch einmal! « Und jeden Abend zum Mond: »Mach es noch einmal!« Vielleicht ist es nicht gezwungene Notwendigkeit, die alle Gänseblümchen gleich macht; vielleicht macht Gott jedes Gänseblümchen einzeln, aber er ist es nie müde, sie zu machen. Vielleicht hat er den ewigen Appetit der Kindheit; denn wir haben gesündigt und sind alt geworden, und unser Vater ist jünger als wir.[17]

Ich verweile auf diesem Punkt – dass das Sehen der Herrlichkeit Gottes nicht unbedingt eine Reise in die Berge oder einen Abend im Theater erfordert, sondern nur, dass wir unsere Augen öffnen –, weil ich glaube, dass unermessliche Hilfsmittel für geistige Gesundheit und geistliche Freude an Gott überall um uns herum liegen, wenn wir nur unsere Augen öffnen würden.

Kilbys Rezept zum Gebrauch der Welt im Kampf um Freude

Am Ende seines Lebens kam mein Lehrer Clyde Kilby nach Minneapolis und hielt eine Vorlesung darüber, wie er beabsichtigte, genau das zu tun. Es war das letzte Mal, dass ich ihn hörte, und die Botschaft, die uns Zuhörern hinterlassen wurde, war dasselbe Vermächtnis, das er mir hinterließ, als ich bei ihm studierte. Er fasste seine Vorlesung in elf Vorsätzen zusammen. Ich empfehle sie Ihnen als einen Weg, unsere Neigung zur Blindheit für die Wunder des Gewöhnlichen zu überwinden.

1. Jeden Tag werde ich mindestens einmal meine Augen zum Himmel erheben und mich daran erinnern, dass ich, ein Bewusstsein mit einem Gewissen, auf einem Planeten bin, der sich im Weltraum bewegt, mit wundervollen, geheimnisvollen Dingen über mir und um mich herum.
2. Anstatt der gewohnten Idee einer sinnlosen und endlosen evolutionären Veränderung, zu der wir nichts hinzufügen können und von der wir nichts wegnehmen können, werde ich annehmen, dass das Universum von einer Intelligenz gelenkt wird und das dann, wie Aristoteles sagte, einen Anfang, eine Mitte und ein Ende erfordert. Ich denke, das wird mich von dem Zynismus retten, den Bertrand Russell vor seinem Tod zum Ausdruck brachte, als er sagte: »Es gibt eine Dunkelheit im Äußeren, und wenn ich sterbe, wird es eine Dunkelheit im Inneren geben. Es gibt nirgendwo Glanz, nirgendwo Größe, nur Bedeutungslosigkeit für einen Augenblick, und dann nichts.«[18]
3. Ich werde nicht die Unwahrheit glauben, dass dieser Tag – oder irgendein Tag – nur weitere unbestimmte, sich dahinschleppende 24 Stunden sind, sondern ein einmaliges Ereignis, das ich, wenn ich will, mit wertvollen Möglichkeiten füllen kann. Ich werde nicht wie ein Narr glauben, dass Mühe und Schmerz vollkommen böse Klammern in meiner Existenz sind, sondern dass sie genauso gut eine Leiter sein können, die bestiegen werden muss in Richtung moralischer und geistlicher Menschlichkeit.
4. Ich werde mein Leben nicht zu einer dünnen, geraden Linie machen, die Abstraktionen der Realität vorzieht. Ich werde wissen, was ich tue, wenn ich abstrahiere,[19] was ich natürlich oft werde tun müssen.
5. Ich werde meine eigene Einzigartigkeit nicht durch den Neid anderer erniedrigen. Ich werde aufhören, in mich selbst hineinzubohren, um zu entdecken, welchen psychologischen oder sozialen Kategorien ich angehören mag. Zum größten Teil werde ich einfach mich selbst vergessen und meine Arbeit tun.
6. Ich werde meine Augen und Ohren öffnen. Jeden Tag werde ich mindestens einmal einfach einen Baum, eine Blume, eine Wolke oder einen Menschen anstarren. Ich werde dann überhaupt nicht besorgt sein zu fragen, was sie sind, sondern einfach froh sein, dass sie sind. Ich werde ihnen freudig das Geheimnis gewähren, welches [C.S.] Lewis ihre »göttliche, magische, entsetzliche und ekstatische« Existenz nennt.
7. Ich werde manchmal zu der Frische der Vision zurückschauen, die ich in meiner Kindheit hatte, und versuchen, wenigstens für eine kurze Zeit, das »Kind der vollkommen wolkenlosen Augenbrauen und der träumenden, erstaunten Augen«[20] zu sein.
8. Ich werde Darwins[21] Ratschlag folgen und mich oft fantasievollen Dingen zuwenden, wie guter Literatur und guter Musik, vorzugsweise, wie Lewis vorschlägt, einem alten Buch und zeitloser Musik.
9. Ich werde nicht erlauben, dass der teuflische Ansturm dieses [20.] Jahrhunderts alle meine Kräfte an sich reißt, sondern werde, wie Charles Williams vorgeschlagen hat, »den Augenblick als den Augenblick erfüllen «. Ich werde versuchen, gerade jetzt gut zu leben, weil die einzige Zeit, die existiert, gerade jetzt ist.
10. Selbst wenn es nur eine veränderte Sichtweise wäre, würde ich annehmen, dass meine Abstammung vom Himmel ist – statt von den Höhlen.
11. Selbst wenn sich herausstellen würde, dass ich falsch läge, würde ich mein Leben in der Annahme führen, dass diese Welt weder idiotisch ist, noch unter der Kontrolle eines abwesenden Eigentümers, sondern dass heute, an diesem selben Tag, ein Pinselstrich auf dem kosmischen Gemälde hinzugefügt wird, den ich zu gegebener Zeit mit Freude verstehen werde, als einen Pinselstrich von dem Architekten, der sich selbst Alpha und Omega nennt.

Durch den indirekten Gebrauch der Welt um Freude kämpfen

Ich habe zuvor erwähnt, dass wir in unserem Kampf um Freude die Natur sowohl direkt als auch indirekt gebrauchen sollen. Wir haben bislang hauptsächlich über den direkten Gebrauch gesprochen – das heißt, wenn wir Schritte unternehmen, um Gottes Schöpfung (und die menschliche Darstellung dieser in der Kunst) zu sehen, zu hören, zu riechen, zu schmecken und zu fühlen, damit wir die Herrlichkeit Gottes deutlicher sehen. Aber mit Kilbys elf Vorsätzen haben wir angefangen, zum indirekten Gebrauch der Natur überzugehen. Was ich mit dem indirekten Gebrauch der Natur meine, sind die Schritte, die wir gehen, um unseren Körper und unseren Sinn so geübt wie möglich in ihrer Aufgabe als physische Partner im Erkennen der Herrlichkeit Gottes zu machen.

Denken Sie daran, dass wenn die Bibel sagt: »Die Himmel erzählen die Herrlichkeit Gottes« (Psalm 19,2), es klar ist, dass die Himmel nicht die Herrlichkeit Gottes sind. Sie »erzählen« sie oder zeigen sie. Sie sind der Lichtstrahl, an dem wir entlangschauen, bis unsere Augen zu der geistlichen Schönheit Gottes selbst kommen. Wir sehen also die Himmel mit unseren körperlichen Augen, und wir erfahren die Empfindungen dieses Sehens im körperlichen Gehirn. Dennoch erkennen wir die Herrlichkeit Gottes mit unseren geistlichen Augen.

Jonathan Edwards beschreibt diese Art der Freude in Gott (durch die Schöpfung), als er darüber nachdenkt, wie der Himmel sein wird. Werden wir uns dort nur an Gott erfreuen, oder werden wir uns auch an anderen Dingen erfreuen? Was meint der Psalmist, wenn er sagt: »Ich habe zum HERRN gesagt: ›Du bist mein Herr; es gibt kein Glück für mich außer dir‹« (Psalm 16,2)? Oder was meint er, wenn er sagt: »Wen habe ich im Himmel? Und außer dir habe ich an nichts Gefallen auf der Erde« (Psalm 73,25)? Edwards antwortet:

Die Erlösten werden in der Tat Freude an anderen Dingen haben; sie werden Freude an den Engeln haben, und sie werden Freude aneinander haben; aber das, woran sie sich an den Engeln oder aneinander oder an sonst irgendetwas erfreuen werden, was ihnen Freude und Glück geben wird, wird sein, was man an ihnen von Gott sehen kann.[22]

Das ist das, wofür wir sogar jetzt beten – dass wir uns an den Dingen in dieser Welt nur deshalb erfreuen, weil wir in und durch sie mehr von der Herrlichkeit Gottes sehen. Geistliche Schönheit wird in physischer Schönheit und durch sie erkannt, ist jedoch nicht identisch mit ihr. Deshalb nenne ich den Körper mit seinen Empfindungen den physischen Partner im Erkennen der Herrlichkeit Gottes in der natürlichen Welt.

Edwards gibt uns eine Illustration des indirekten Gebrauchs der Natur im Kampf um Freude. Er schreibt:

Wenn der Körper die Vollkommenheit der Gesundheit und Stärke genießt, sind die Bewegungen der physischen Reaktionen nicht nur lebhaft und frei, sondern auch harmonisch. Die Bewegungen aller Teile des Körpers sind proportional zu dem Entstehen von Freude in der inneren Seele, die den Körper sich rundum wohlfühlen lässt. Gott hat sich die Nerven und Teile des menschlichen Körpers so ausgezeichnet ausgedacht. Aber wenige Menschen seit dem Sündenfall, insbesondere seit der Sintflut, haben eine so vollkommene Gesundheit, um viel von dieser harmonischen Bewegung zu haben. Wenn man sie genießt, wird einem, dessen eigene Natur nicht sehr beeinträchtigt und moralisch verdorben ist, dabei sehr durch die Ausübung des Körpers oder des Sinnes geholfen. Und sie befähigt einen zur Betrachtung von höheren und geistlicheren Exzellenzen und Harmonien, wie Musik es tut.[23]

Das bedeutet, dass es Zustände des Körpers und des Sinnes gibt, die der Erkenntnis geistlicher Schönheit förderlicher sind als andere. Das ist der Hauptgrund, warum wir unseren Körper mit einem Maß an Disziplin behandeln sollten. Wir wollen die göttliche Herrlichkeit sehen und genießen, die Gott erzählt – in den Himmeln und auf der Erde und im Essen und in sexueller Intimität und in Musik und in Dichtung und in der Kunst. Und Edwards sagt, dass es körperliche Zustände gibt, die der Erkenntnis der Exzellenz Gottes im Wege stehen oder ihr eine Hilfe sind.

Die Gnade der Herrlichkeit, die den leidenden Christen offenbart ist

Sofort spüre ich einen Vorbehalt, der in meinem Verstand entsteht. Geschlagene und misshandelte Gefangene für Christus haben oft außerordentliche Erkenntnisse von der Schönheit und der tragenden Süße Christi. Sie leben ohne Essen oder Wärme oder Sauberkeit oder jeglichem physischen Komfort. Dennoch geben sie der Verfolgung süße Namen und beschämen die meisten von uns, die gesund und abgehärtet sind. Sie haben oft eine höherwertige geistliche Sicht in ihrem gebrochenen Zustand und trotz ihres einfachen Essens.

Also interpretieren Sie diesen letzten Teil des Kapitels bitte nicht als eine Art fröhliches Heilprogramm für Gesundheit und Glück. Die Frage ist nicht, ob Gott sich auf kostbare Weisen den Leidenden offenbaren kann. Er kann es und tut es. Es ist möglich, wie die Bibel es sagt, sich in Bedrängnissen zu rühmen (Römer 5,3). »Wenn ihr im Namen Christi geschmäht werdet, glückselig seid ihr! Denn der Geist der Herrlichkeit und Gottes ruht auf euch« (1. Petrus 4,14). Die Frage ist, was wir in Zeiten tun sollten, in denen wir unseren eigenen Lebensstil des Essens und der körperlichen Bewegung und des Ruhens wählen können. Auf welche indirekten Weisen können wir die Fähigkeit unseres Körpers und unseres Sinnes verbessern, Partner in der Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes zu sein?

Richtig essen, um Freude an Gott zu haben

Wir haben das Fasten bereits im vorigen Kapitel angesprochen. Es gibt hierbei ein Paradox. Wenn wir »Nein« zum körperlichen Appetit sagen, sagen wir »Ja« zu der Fähigkeit des Körpers, uns dabei zu helfen, die Herrlichkeit Gottes zu sehen. Ein voller Bauch mag dankbar für das Essen sein, aber ein leerer Bauch kann das himmlische Essen deutlicher sehen. Das ist, was Paulus über den sexuellen Appetit mit anzudeuten scheint, wenn er zu christlichen Ehemännern und Ehefrauen sagt: »Entzieht euch einander nicht, es sei denn nach Übereinkunft eine Zeit lang, damit ihr euch dem Gebet widmet« (1. Korinther 7,5). Man braucht nicht viel Zeit, um Geschlechtsverkehr zu haben, also geht es nicht darum, für das Gebet Zeit zu sparen. Es scheint darum zu gehen, dass das Fasten von ehelichem sexuellem Vergnügen den Körper auf eine einzigartige Weise für die Gemeinschaft mit Gott einstellt. Ich sage das, selbst wenn wir uns daran erinnern, wie ernsthaft wir zuvor in diesem Kapitel darum gekämpft haben, die Herrlichkeit Gottes selbst in dem Akt der sexuellen Intimität und dem Akt des Essens zu sehen. Beides ist wahr.

Sereno Dwight sagt uns, dass Jonathan Edwards »vorsichtig die Auswirkungen von verschiedenen Arten von Nahrungsmitteln beobachtete und diejenigen wählte, die am besten für seine körperliche Verfassung waren und die ihm am besten für geistige Arbeit vorbereiteten«.[24] Deshalb enthielt er sich von jeder Menge und jeder Art des Essens, die ihn krank oder schläfrig machte. Edwards hatte diesen Plan mit 21 Jahren aufgestellt, als er in sein Tagebuch schrieb: »Durch eine Sparsamkeit in der Nahrung und indem ich so weit wie möglich das esse, was leicht und einfach zu verdauen ist, werde ich zweifellos besser denken können und Zeit gewinnen.«[25] Darum war er »entschieden, die strengste Mäßigkeit im Essen und Trinken aufrechtzuerhalten«.[26]

Es geht hier nicht darum, die Einzelheiten der Essgewohnheiten von Edwards zu empfehlen. Es geht darum, dass wir darauf achten, wie unser Essen sich auf die Fähigkeit unseres Körpers auswirkt, ein hilfreicher Partner für das Sehen der Herrlichkeit Gottes zu sein. Wir leben in einer Zeit der Essstörungen. [27] Ich möchte mich nicht bemühen, eine weitere zu schaffen. Ich empfehle Gleichgewicht. Setzen Sie die folgenden beiden Texte nebeneinander. Einerseits machte Paulus Essen und Trinken deutlich zweitrangig: »Das Reich Gottes ist nicht Essen und Trinken, sondern Gerechtigkeit und Friede und Freude im Heiligen Geist« (Römer 14,17). Aber andererseits sagte er in Bezug aufs Essen: »Ich will mich von nichts beherrschen lassen« (1. Korinther 6,12). Im Gleichgewicht dieser beiden Wahrheiten können wir einen Weg zum Essen finden, der sowohl den Verzicht als auch das Vergnügen bereitstellen wird, die uns befähigen werden, die Herrlichkeit Gottes in dem Wort und in der Welt zu sehen.

Körperliche Bewegung als ein indirekter Kampf um Freude

Die Bibel sagt wenig über körperliche Bewegung, nicht weil es für moderne sitzende Menschen nicht wichtig ist, sondern hauptsächlich, weil in der biblischen Welt des Gehens und der Landwirtschaft und der körperlichen Arbeit körperliche Bewegung kein Problem war. Die Aufforderung heute ist, nach geistlicher Weisheit zu streben, die auf biblischen Prinzipien und heutigem medizinischem Wissen gegründet ist.

Die biblischen Prinzipien würden die folgenden beinhalten: Unser Körper gehört Christus, und wir sind dazu bestimmt, ihn zu verherrlichen (1. Korinther 6,19-20); Faulheit ist falsch und selbstzerstörerisch (Sprüche 21,25); Christen sollten frei von beherrschenden Angewohnheiten sein (1. Korinther 6,12); harte Arbeit ist eine Tugend und bringt einen Lohn mit sich (2. Timotheus 2,6); Fortschritt kommt normalerweise durch Elend (Apostelgeschichte 14,22); und alle Christus erhebenden Bemühungen, gesund zu sein, entspringen dem Glauben an das Evangelium Jesu Christi (Galater 6,14). »Ohne Fleiß kein Preis« ist eine Idee, die von der ganzen Bibel belegt werden könnte, insbesondere von dem Opfer Christi.

Heutiges medizinisches Wissen würde die Tatsache beinhalten, dass Fettleibigkeit tötet und zu Dutzenden von Leiden beiträgt. Nicht jede Fettleibigkeit ist selbst verursacht. Einige medizinische Umstände machen es praktisch unmöglich, sie zu vermeiden. Aber meistens ist sie selbst verursacht, und diese Art der Selbstzerstörung erhöht nicht die Fähigkeit des Körpers oder des Sinnes, die Herrlichkeit Gottes in dieser Welt zu sehen und zu genießen – oder die Herrlichkeit Christi, der das Kreuz erduldete und das Fest auf das kommende Zeitalter verschob (Hebräer 12,2).

Ein weiterer Aspekt des medizinischen Wissens, der unsere Weisheit im Hinblick auf körperliche Bewegung formen sollte, ist die Tatsache, dass beständige körperliche Bewegung verfeinernde Auswirkungen auf unsere geistige und emotionale Standfestigkeit hat. Ein medizinischer Bericht fasst die Vorteile auf folgende Weise zusammen:

Die psychologischen und emotionalen Vorteile der körperlichen Bewegung sind zahlreich, und viele Experten glauben jetzt, dass körperliche Bewegung ein realisierbarer und wichtiger Bestandteil in der Behandlung von Emotionsstörungen ist. Eine Prüfung vielfacher Studien ergab 1999, dass körperliche Bewegung pauschal die Behandlung von klinischer Depression und Beklemmung fördert. … Eine andere Studie ergab, dass regelmäßige, muntere Spaziergänge das Auftreten von Schlafstörungen bei Menschen, die darunter leiden, halbierten. … Entweder kurze Perioden von intensivem Training oder verlängertes Aerobic-Training erhöhen die Hormonspiegel und die Anzahl von Morphinen im Gehirn (wie z.B. Endorphin, Adrenalin, Serotonin und Dopamin), welche Gefühle des Vergnügens produzieren. … Aerobic-Training ist auch mit verbesserter geistiger Vitalität verbunden, inklusive besserer Reaktionszeit, Scharfsinnigkeit und mathematischer Fähigkeit. Körperliche Bewegung kann sogar Kreativität und Vorstellungskraft erhöhen. Eine Studie ergab, dass ältere Menschen, die körperlich in guter Verfassung sind, genauso schnell auf geistige Herausforderungen reagieren wie junge Erwachsene, die nicht in guter körperlicher Verfassung sind.[28]

Denken Sie wieder daran, dass das Ziel dieses Kapitels und dieses Buchs nicht maximale physische Gesundheit ist. Es ist auch nicht das Ziel, Ihnen zu helfen, Wege zu finden, um besser klarzukommen. Nichts davon interessiert mich. Mein Ziel ist es, dass Sie eine Lebensweise finden, die es Ihnen ermöglicht, Ihren Verstand und Ihre fünf Sinne als wirksame Partner zu gebrauchen, um die Herrlichkeit Gottes zu sehen, und dass Sie so sehr in ihm Zufriedenheit finden, dass Sie bereit sind, Ihre Gesundheit und Ihr Leben zu riskieren, um ihn bekannt zu machen. Es mag paradox erscheinen, aber es ist so: Der richtige Gebrauch Ihres Körpers und Ihrer Sinne kann Sie befähigen, so viel von Gott zu sehen, dass Sie Ihr Leben für Christus opfern würden.

Ruhe als Waffe im Kampf um Freude

Schließlich: Wenn wir die Herrlichkeit Gottes sehen möchten, dann müssen wir ruhen. Bei all seinem Reden darüber, Energie aufzuwenden und sich zu erschöpfen, rät uns Charles Spurgeon, der Londoner Pastor aus dem 19. Jahrhundert, um Freude zu kämpfen, indem wir ruhen und einen Tag frei nehmen und uns den heilenden Kräften öffnen, die Gott in die Welt der Natur hineingelegt hat.

Zu uns Pastoren sagt er: »Unser Sonntag ist ein Tag der mühseligen Arbeit, und wenn wir nicht an einem anderen Tag ruhen, dann werden wir zusammenbrechen. «[29] Spurgeon selbst hielt, soweit möglich, den Mittwoch als seinen Ruhetag ein.[30] Des Weiteren sagte er zu seinen Studenten:

Es ist Weisheit, gelegentlich Urlaub zu nehmen. Insgesamt werden wir mehr tun, wenn wir manchmal weniger tun. Weiter, weiter, immer weiter, ohne Erholung, mag vielleicht den Geistern bekommen, die von diesem »schweren Lehm« befreit sind, aber solange wir in diesem Zelt sind, müssen wir hier und dort »Halt« rufen und dem Herrn durch heilige Untätigkeit und geweihte Freizeit dienen. Möge kein zartes Gewissen die Rechtmäßigkeit anzweifeln, für eine Weile die Arbeit niederzulegen.[31]

Und wenn wir uns Zeit nehmen und den Druck des Dienstes hinter uns lassen, empfiehlt Spurgeon, dass wir die frische Landluft einatmen und die Schönheit der Natur ihre bestimmte Arbeit tun lassen. Er bekennt, dass »sitzende Angewohnheiten eine Tendenz zur Niedergeschlagenheit haben … insbesondere in den Monaten des Nebels«. Und dann rät er:

Derjenige, der das Summen der Bienen im Heidekraut, das Gurren der Ringeltaube im Forst, das Lied der Vögel im Wald, das Fließen des Bächleins unter den Binsen und das Seufzen des Windes unter den Kiefern vergisst, braucht sich nicht zu wundern, wenn sein Herz vergisst zu singen und seine Seele schwer wird. Einen Tag lang frische Luft auf den Hügeln zu atmen oder ein paar Stunden in der schattigen Stille der Buchenwälder umherzustreifen, würde die Spinnweben aus dem Gehirn von zahlreichen unserer sich plagenden Geistlichen kehren, die jetzt nur noch halb lebendig sind. Ein Atemzug der Meeresluft oder ein munterer Spaziergang im Angesicht des Windes würde nicht der Seele Gnade geben, aber würde dem Körper Sauerstoff bringen, was danach am besten ist. … Der Farn und die Hasen, die Bäche und die Forellen, die Tannen und die Eichhörnchen, die Primeln und die Veilchen, der Bauernhof, das frisch gemähte Heu und der wohlriechende Hopfen – diese sind die beste Medizin für Hypochonder, die sichersten Stärkungsmittel für die Verfallenen, die besten Erfrischungen für die Müden. Wegen Mangel an Gelegenheit oder Verlangen werden diese großartigen Heilmittel vernachlässigt, und der Student wird zu seinem eigenen Opfer.[32]

Älterwerden im Kampf um Freude

Wir müssen auf das apostolische Gebot aufpassen: »Habe Acht auf dich selbst« (1. Timotheus 4,16). Ein Grund, warum wir Acht auf uns selbst haben müssen, ist, dass wir uns über die Jahre verändern. Die Art des Essens und der körperlichen Bewegung und des Ruhens, die in den frühen Jahren weise war, ist jetzt nicht mehr weise. Beim Schreiben dieses Buches bin ich dabei, das 24. Jahr meines Dienstes in meiner Gemeinde zu vollenden. Ich bewege mich auf meinen 59. Geburtstag zu. Ich habe in diesen Jahren sorgfältig über meinen Körper und über meine Seele gewacht und habe einige Veränderungen bemerkt. Sie sind zum Teil aufgrund von veränderten Umständen, aber zum großen Teil aufgrund von einem veränderten Körper entstanden.

Ich kann nicht mehr so viel essen wie zuvor, ohne an überflüssigem Gewicht zuzunehmen. Mein Körper baut nicht mehr so ab, wie er es einst tat. Eine andere Veränderung ist, dass ich mich emotional mehr unterkriegen lasse, wenn ich zu wenig Schlaf bekomme. Es gab Tage, an denen ich ohne Rücksicht auf Schlaf arbeiten und mich lebhaft und motiviert fühlen konnte. In den letzten Jahren ist meine Schwelle zur Niedergeschlagenheit bei weniger Schlaf niedriger. Für mich geht es bei angemessenem Schlaf nicht nur darum, gesund zu bleiben. Es geht darum, im Dienst zu bleiben – ich möchte fast sagen, dass es darum geht, als Christ auszuharren. Ich weiß, dass es irrational ist, dass meine Zukunft so finster aussehen sollte, wenn ich ein paar Tage nacheinander nur vier oder fünf Stunden Schlaf bekäme. Aber ob nun rational oder irrational, es ist eine Tatsache. Und ich muss in den Grenzen der Tatsachen leben. Deshalb müssen wir auf die Veränderungen in unserem Körper achten. Im Kampf um Freude müssen wir bei den Anpassungen, die wir machen, weise sein.

Spurgeon hatte Recht, als er sagte:

Der Zustand Ihres Körpers muss gepflegt werden. … [Ein] bisschen mehr … gesunder Menschenverstand wäre ein großer Gewinn für einige, die extrem geistlich sind und alle ihre Gefühlsschwankungen einem übernatürlichen Grund zuschreiben, wenn der wirkliche Grund viel mehr auf der Hand liegt. Ist es nicht oft der Fall gewesen, dass Magenverstimmung als Abtrünnigkeit missverstanden wurde und schlechte Verdauung für ein hartes Herz gehalten wurde?[33]

Ich habe oft mit der Wahrheit Probleme gehabt, dass Freude eine Frucht des Heiligen Geistes ist (Galater 5,22), weil ich aus Erfahrung wusste, dass es auch eine »Frucht« einer guten Nachtruhe ist. Mit anderen Worten: Bei weniger Ruhe war ich schwermütiger, und bei guter Ruhe war ich freudiger. Was Licht in diese Verwirrung hineingebracht hat, ist, dass der Geist unter anderem seine Frucht in unserem Leben produziert, indem er uns genug demütigt, dass wir glauben, dass wir nicht Gott sind und dass Gott die Welt kontrolliert, ohne dass wir zu spät aufbleiben und zu früh aufstehen müssen. Gott hat den Körper und den Geist so vereint, dass nachlässiger Gebrauch unseres Körpers normalerweise unsere Sicht von der Hoffnung gebenden Herrlichkeit Gottes vermindern wird. Daher ist es nicht erstaunlich, dass unsere Freude an Gott bei ungenügender Ruhe abnimmt.

Die ganze Welt ist ein Zeugnis für die Herrlichkeit Gottes

Freude an Gott ist nicht dasselbe wie Freude an Sex oder einem brutzelnden Steak oder tiefen Schluchten oder kräftiger Musik. Aber Gottes Wille ist, dass all diese – und jeder Teil seiner Schöpfung – die Herrlichkeit Gottes erzählen. Die ganze Welt – und selbst die unvollkommenen Darstellungen der Welt in menschlicher Kunst – ist ein Zeugnis für die Herrlichkeit Gottes. Diese Herrlichkeit ist der letztendliche Grund aller menschlichen Freude. Deshalb ist die geschaffene Welt eine heilige Waffe im Kampf um Freude. Aber sie muss »geheiligt durch Gottes Wort und durch Gebet [werden]« (1. Timotheus 4,5). Ihnen dabei zu helfen, war mein Ziel in diesem Kapitel.


  1. C.S. Lewis, »Meditation in a Toolshed«, in: God in the Dock (Grand Rapids: Eerdmans, 1970), S. 212.
  2. Einige Philosophen der Wissenschaft, wie z.B. Michael Ruse, sagen, dass sie daran glauben, dass Moralität nichts weiter ist als eine biologische Entwicklung des Überlebens, aber ich bezweifle, dass sie auf diese WeisefckLRleben. Ruse schreibt: »Die Position des modernen Evolutionisten ist, dass … Moralität eine biologische Anpassung ist, nicht weniger als Hände und Füße und Zähne. Als eine rational vertretbare Reihe von BehauptungenfckLRüber ein objektives Etwas gesehen, ist Ethik eine Illusion. Ich verstehe, dass wenn jemand sagt: ›Liebe deinen Nächsten wie dich selbst‹, er denkt, dass er sich auf etwas über sich selbst bezieht. Dennoch: Ein solcher Bezug ist wahrlich ohne Grundlage. Moralität ist nur eine Hilfe zum ÜberlebenfckLRund zur Fortpflanzung … und jegliche tiefere Bedeutung ist eine Illusion.« Michael Ruse, »Evolutionary Theory and Christian Ethics«, in: The Darwinian Paradigm (London: Routledge, 1989), S. 262-269.
  3. C.S. Lewis, »Transposition«, in: The Weight of Glory and Other Addresses (Grand Rapids: Eerdmans, 1949), S. 26. »Ich vermute, dass außer durch ein direktes Wunder Gottes geistliche Erfahrung niemals Selbstbeobach tung ertragen kann. Wenn selbst unsere Emotionen das nicht tun (da der Versuch, herauszufinden, was wir jetzt fühlen, nichts Weiteres als physische Empfindung bringt), wie viel weniger dann das Wirken des Heiligen Geistes. Der Versuch, durch selbst beobachtende Analyse unseren eigenen geistlichen Zustand zu entdecken, ist meiner Ansicht nach etwas Grauenhaftes, das bestenfalls nicht die Geheimnisse des Geistes Gottes und unseres Geistes offenbart, sondern ihre Transposition in Verstand, Emotion und Einbildung, und das schlimmstenfalls der schnellste Weg zur Anmaßung oder Verzweiflung ist.«
  4. Lewis, »Transposition«, S. 24.
  5. Ebd., S. 28.
  6. C.S. Lewis, »Meditation in a Toolshed«, in: God in the Dock, S. 212.
  7. Das genaue Zitat lautet: »Der Unterschied zwischen dem richtigen Wort und dem beinahe richtigen ist derselbe wie zwischen dem Blitz und einem Glühwürmchen« (http://de.wikiquote.org/wiki/Mark_Twain, 20.5.2005). Es ist aus einem Brief von Mark Twain an George Bainton (15. OktoberfckLR1888) entnommen und wurde zuerst in folgendem Werk veröffentlicht: The Art of Authorship: Literary Reminiscences, Methods of Work, andfckLRAdvice to Young Beginners, Personally Contributed by Leading Authors of the Day, Zusammensteller und Hrsg.: George Bainton (New York: D. Appleton and Company, 1890), S. 85-88.
  8. Richard Foster, »A Pastoral Letter from Richard Foster« in der 1996er November-Ausgabe von Heart to Heart, eine Veröffentlichung von Renovaré, S. 1-3.
  9.  »In einer Minute würde Fräulein D. zusammengestaucht, verkrampft und versperrt sein, oder zuckend, tickend und plappernd – wie eine Art menschliche Bombe; in der nächsten Minute, mit der Musik aus einemfckLRRadio oder einem Plattenspieler, würden dann all diese blockierenden und explosiven Erscheinungen vollkommen verschwinden und durch selige Ruhe und Bewegungsfluss ersetzt werden, als Fräulein D., von ihren Automatismen plötzlich befreit, die Musik lächelnd ›dirigierte‹ oder aufstandfckLRund zu der Musik tanzte.« Zitiert aus Oliver Sachs, Awakenings, in: Robert Jourdain, Music, the Brain, and Ecstasy: How Music Captures Our Imagination (New York: William Morrow and Company, 1997), S. 301.
  10. Zahlreiche Internetseiten berichten über diese Forschung.
  11. Mir ist bewusst, dass man noch so viel mehr über die Möglichkeiten und Gefahren der Musik im geistlichen Leben sagen könnte. Ich möchte empfehlen, dass Sie mit folgendem Buch diesem Thema weiter nachgehen: Harold M. Best, Music Through the Eyes of Faith (San Francisco: Harper- Collins, 1993). Dies ist das hilfreichste und herausforderndste Buch, das mir bezüglich der geistlichen Funktion der Musik bekannt ist.
  12. Ich kann mich nicht an die Quelle dieses Zitats erinnern. Es ist einfach Teil meiner Erinnerungsstücke und könnte aus einem Brief oder einer Vorlesung stammen. Wenn jemand dieses Zitat veröffentlicht findet, dannfckLRlassen Sie es mich wissen, und ich werde die gebührende Anerkennung zollen.
  13. G.K. Chesterton, Orthodoxy (1924; Nachdruck: Garden City: Image Books, 1959), S. 12.
  14. Ebd., S. 20-21.
  15. Ebd., S. 54.
  16. Ebd., S. 55.
  17. Ebd., S. 60.
  18. Das Zitat ist aus Bertrand Russell, The Autobiography of Bertrand Russell, 3 Bände (London: George Allen and Unwin, 1968), Bd. 2, S. 159.
  19. Was er mit »abstrahieren« meint, ist, konkrete Beispiele zu nehmen und sie zu der Abstraktion von Allgemeinheiten zu verringern. Zum Beispiel bedeutet es, sich mit konkreten Einzelheiten zu befassen, wenn man eine bestimmte Eiche im Vorgarten sieht und genießt, die man als Kind erklettertfckLRhat und wo man seine Initialen eingeritzt hat, als man verliebt war. Aber sich mit Abstraktionen zu befassen, bedeutet, dass man diesen Baum in eine Kategorie steckt und abstrakt von allen Eichen spricht.
  20. Das Zitat stammt aus der einleitenden Dichtung zu Lewis Carrolls Through the Looking Glass.
  21. Darwin gab diesen Ratschlag aus großem Bedauern beim Betrachten seines Lebens. Gegen Ende seines Lebens sagte er in der utobiographie, die er für seine Kinder schrieb: "Bis zum Alter von 30 Jahren oder darüber hinaus … hatte ich viel VergnügenfckLRan vielen Sorten von Gedichten, und selbst als Schulkind hatte ich große Freude an Shakespeare. … Früher gaben mir Gemälde beträchtliche Freude und Musik sehr große Freude. Aber jetzt, seit vielen Jahren, kannfckLRich es nicht ertragen, eine einzige Zeile eines Gedichts zu lesen: Ich habe versucht, Shakespeare zu lesen, und habe es so unerträglich lustlos gefunden, dass es mich angeekelt hat. Ich habe auch fast jeden Geschmack für Gemälde oder Musik verloren. … Ich habe noch einigen Geschmack für schöne Landschaften, aber sie geben mir nicht die vorzügliche Freude, wie sie es einst taten. … Mein Sinn scheint zu einer Art Maschine geworden zu sein, um allgemeine Gesetze aus großen Sammlungen von Tatsachen heraus zu mahlen, aber warum das die Verkümmerung nur dieses Teils des Gehirns verursacht haben soll, von dem die höheren Geschmäcker bhängen, das kann ich nicht verstehen. … Der Verlust dieser Geschmäcker ist ein Verlust der Freude und mag vielleicht schädlich für den Verstand sein, und noch wahrscheinlicher für den moralischen Charakter, indem erfckLRdiesen emotionalen Teil unserer Natur schwächt." Zitiert aus Virginia Stem Owens, »Seeing Christianity in Red and GreenfckLRas Well as Black and White«, Christianity Today 2 (2. September 1983), S. 38.
  22. Jonathan Edwards, »God Glorified in the Work of Redemption, by the Greatness of Man’s Dependence upon Him, in the Whole of It (1731)« (Predigt zu 1. Korinther 1,29-31), in: The Sermons of Jonathan Edwards: A Reader, Hrsg. Wilson H. Kimnach, Kenneth Minkema und Douglas A. Sweeney (New Haven: Yale University Press, 1999), S. 75.
  23. Jonathan Edwards, »Miscellanies«, Nr. 95, in: The Works of Jonathan Edwards, Bd. 13, The »Miscellanies«, a-500, Hrsg. Thomas Schafer (New Haven: Yale University Press, 1994), S. 263, Hervorhebung hinzugefügt.
  24. Sereno E. Dwight, »Memoirs of Jonathan Edwards«, in: The Works of Jonathan Edwards, Hrsg. Edward Hickman (1834; Nachdruck: Edinburgh: Banner of Truth, 1974), Bd. 1, S. xxxviii.
  25. Ebd., S. xxxv.
  26. Ebd., S. xxi.
  27. Für Wegweisung aus einer biblischen Sicht siehe Elyse Fitzpatrick, Love to Eat, Hate to Eat: Breaking the Bondage of Destructive Eating Habits (Eugene: Harvest House, 1999).
  28. http://www.endovascular.net/EXERCIZE.html, 26.5.2004.
  29. Charles Haddon Spurgeon, Lectures to My Students (1875, 1877; Nachdruck: Grand Rapids: Zondervan, 1972), S. 160.
  30. Eric W. Hayden, Highlights in the Life of C.H. Spurgeon (Pasadena: Pilgrim Publications, 1990), S. 103.
  31. Spurgeon, Lectures to My Students, S. 161.
  32. Ebd., S. 158.
  33. Ebd., S. 312.