Wenn die Freudenicht mehr da ist/Die Anwendung des Wortes im Kampf um Freude

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English: When I Don't Desire God/How to Wield the Word in the Fight for Joy

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Von John Piper Über Christian Hedonism
Kapitel 9 des Buches Wenn die Freudenicht mehr da ist

Übersetzung von Desiring God


Wie liebe ich dein Gesetz!
Es ist mein Nachdenken den ganzen Tag.

Psalm 119,97

In meinen Gedanken bin ich für einen Tag ein Geschöpf, das durch das Leben fliegt, wie ein Pfeil durch die Luft fliegt. Ich bin ein Geist, der von Gott kommt und zu Gott zurückgeht, nur über dem großen Abgrund schwebend, bis ich in wenigen Augenblicken nicht mehr gesehen werde. Ich falle in eine unveränderliche Ewigkeit! Ich möchte eine Sache wissen: den Weg zum Himmel – wie man sicher an jenem glücklichen Ufer landet. Gott selbst hat sich herabgelassen, den Weg zu zeigen: Mit genau diesem Ziel kam er vom Himmel. Er hat es in einem Buch niedergeschrieben. Oh, gib mir dieses Buch! Gib mir das Buch Gottes um jeden Preis! Ich habe es. Hier ist genug Wissen für mich. Lass mich ein Mann eines Buches sein.
John Wesley
»Preface to Sermons on Several Occasions, 1746«
The Works of John Wesley[1]

Inhaltsverzeichnis

Nachdenken, Einprägen und die Botschaft Gottes

Wenn die Bibel, mit dem Kreuz Christi im Mittelpunkt, wertvoller als alles andere auf Erden ist, dann sollten wir ernsthaft darin sein, wie wir sie im Kampf um Freude gebrauchen. Wir sollten wie Wesley sein, der auf der vorigen Seite zitiert wurde, und wie Charles Spurgeon, als er sagte: »Es ist ein Segen, sich von der Seele der Bibel selbst zu ernähren, bis man endlich zu dem Punkt kommt, dass man in der Sprache der Schrift redet und der eigene Geist mit den Worten des Herrn gewürzt ist, so dass selbst das eigene Blut ›biblin‹ ist und die Bibel aus einem herausströmt.«[2] In diesem Kapitel ist es daher mein Ziel, praktische Ratschläge zu geben, wie dies zu tun ist. Es ist mein Gebet, dass wir in dem Maß, wie die Bibel kostbar ist, eine Leidenschaft für ihren Platz in unseren Herzen bekommen.

Das Paradox zwischen Planung und Spontaneität

Zuerst möchte ich die Wichtigkeit der Planung betonen. Ich meine damit keine sorgfältig ausgearbeitete Vision für das ganze Leben. Ich denke mehr an etwas Einfacheres, z.B. dass Sie sich nach dem Durchlesen dieses Kapitels drei Minuten Zeit nehmen, um Gott zu bitten, Ihnen zu helfen, und dass Sie in Ihren Zeitplan schauen und eine Zeit wählen, in der Sie Ihre Bibel lesen, und es dann irgendwo aufschreiben, damit Sie es nicht vergessen. Viele Sachen in unserem Leben kommen nicht zustande, weil wir einfach versäumen, sie zu planen.

Fachmännische Berater verdienen Tausende von Euro, weil sie Führungskräften das Offensichtliche sagen, da das Offensichtliche vernachlässigt wird. Bei uns ist es genauso. Wir versäumen, das zu tun, was für uns am besten ist, weil uns die ernste Absicht fehlt, es zu tun. Ein anderer Name für »ernste Absicht « ist Planung. Die meisten Christen vernachlässigen die Bibel nicht aus bewusster Treulosigkeit, sondern weil sie es versäumen, eine Zeit und einen Ort und eine Methode zum Bibellesen festzulegen.

Das Ergebnis ist nicht Spontaneität, sondern der immer gleiche Alltagstrott. Wenn Sie eine Sehnsucht haben, spontan in Ihrer Kommunikationsweise mit Gott zu sein, dann bauen Sie Disziplin in Ihr Bibellesen und Ihr Gebet. Das hört sich paradox an. Aber es ist nicht paradoxer, als wenn Getreide spontan auf einem Feld in Minnesota wächst, aufgrund der Disziplin eines Landwirts, der das Feld gepflügt und gesät und beschützt hat. Er bringt das Getreide nicht zum Wachsen. Gott tut es. Aber Gott gebraucht die Disziplin des Landwirts als Teil des Vorgangs. Die kostbare Frucht der Spontaneität wächst auf dem Feld, das durch die Disziplin des Zeitplans gut gepflegt wird.

Also sage ich noch einmal: Überlegen Sie sich einen Ort und eine Zeit, um jeden Tag die Bibel zu lesen und darüber nachzudenken. Es kann auch mehrere Zeiten dafür an einem Tag geben. Es sollte sogar mehrere Zeiten geben. Aber haben Sie auf jeden Fall einen heiligen Ort mit einer besonderen Zeit. Vermerken Sie diese Zeit in Ihrem Kalender. Behandeln Sie diese Zeit genauso, wie Sie eine Verabredung mit einem Partner oder Freund behandeln würden. Wenn jemand Sie bittet, etwas während dieser Zeit zu tun, dann sagen Sie: »Es tut mir Leid, ich habe da bereits eine Verabredung.« 

Frühmorgens ist normalerweise die beste Zeit

Ich empfehle ernsthaft, die Bibel früh am Morgen zu lesen, es sei denn, dass es mildernde Umstände gibt.[3] Einen Tag zu beginnen, ohne eine ernste Begegnung mit Gott in seinem Wort und im Gebet zu haben, ist, wie wenn man einen Kampf beginnt, ohne sich um die eigenen Waffen zu kümmern. Es ist, wie wenn man eine Reise unternimmt, ohne die Reifen mit Luft und den Tank mit Treibstoff zu füllen. Das menschliche Herz füllt sich nicht mit Schlaf auf. Der Körper tut es, aber nicht das Herz. Die geistliche Luft tritt aus unseren Reifen aus, und der Treibstoff wird am Tag verbraucht. Wir füllen unser Herz nicht mit Schlaf auf, sondern mit dem Wort Gottes und mit Gebet. Tausende von Heiligen haben durch die Jahrhunderte entdeckt, dass ein Tagesbeginn mit einer Füllung des Geistes vom Wort Gottes mehr Freude und mehr Liebe und mehr Kraft gibt, als mit dem Treibstoff von gestern zu reisen.

Finden Sie einen Ort der Abgeschiedenheit, oder schaffen Sie einen durch eine Regel

Wählen Sie einen Ort der Abgeschiedenheit. Wenn Sie versuchen, Ihre Bibel dort zu lesen und zu beten, wo Menschen umhergehen, dann werden die Mächte der Finsternis mit all ihrer Kraft dieses Potenzial der Ablenkung ausnutzen. Denken Sie nicht, dass der Ort bequem sein muss. Denn: Ein bequemer Ort wird Sie wahrscheinlich dazu bringen, einzuschlafen. Es muss ein abgesonderter Ort sein, damit Sie nicht abgelenkt werden und damit Sie laut reden und singen und weinen können. Früher oder später werden Sie weinen – wenn Sie um die Seele Ihres jugendlichen Kindes ringen oder darum kämpfen, Ihre Ehe zusammenzuhalten, oder daran arbeiten, den Stolz in Ihrem Leben zu töten. Sie müssen allein sein.

Wenn Ihre Familiensituation oder Ihr Zuhause einen solchen Ort nicht zulässt oder hat, dann schaffen Sie einen, nicht durch einen Raum, sondern durch eine Regel. Das heißt: Vereinbaren Sie, dass die Kinder oder der Ehepartner oder die Mitbewohner in der bestimmten Zeit nicht mit Ihnen sprechen. Eine gewisse fromme Mutter mit vielen Kindern benutzte ihre Schürze, um ein Zelt für ihren Kopf und ihre Bibel am Küchentisch zu machen, und die Kinder wurden unterrichtet, dass sie, wenn die Mutter in ihrem Zelt ist, keinen Lärm machen durften.

Planen Sie, wie Sie Ihre Bibel lesen werden

Neben dem Planen, wo und wann Sie Ihre Bibel lesen werden, planen Sie auch, wie Sie Ihre Bibel lesen werden. Es gibt viele Wege, die Bibel zu lesen. Irgendein Weg ist besser als gar kein Weg. An den bestimmten Ort zu der bestimmten Zeit zu kommen, ohne einen Plan zu haben, wie man die Bibel lesen wird, resultiert normalerweise in einer unzuverlässigen Methode, die Sie mit schwachen, unwirklichen und entmutigenden Gefühlen zurücklässt.

Seit vielen Jahren habe ich die ganze Bibel einmal jedes Jahr gelesen, indem ich einem Bibelleseplan (»The Discipleship Journal Bible Reading Plan«) gefolgt bin.[4] Ich schreibe dieses Kapitel im Monat Mai, und heute Morgen habe ich Teile aus Markus, Galater, den Psalmen und 2. Samuel gelesen. Der Plan sieht vor, jeden Tag aus zwei Büchern des Alten Testaments und zwei Büchern des Neuen Testaments zu lesen. Ich finde diese Mischung hilfreich. Andere Menschen finden sie nicht hilfreich und verwenden lieber eine andere Methode. [5] Das ist in Ordnung. Der große Vorteil dieses Bibelleseplans ist, dass er Ihnen nur 25 Bibelstellen im Monat zu lesen gibt. Das bedeutet, dass Versäumnisse, mit dem Bibelleseplan Schritt zu halten, in den verbleibenden Tagen des Monats wieder gutgemacht werden können. Das ist eine wunderbare Dosis von Realismus für den durchschnittlichen sündigen Leser (mich eingeschlossen). Und wenn Sie am Ende von den 25 Tagen immer noch Schritt halten, dann haben Sie fünf oder sechs Tage, um mehr Bibelverse auswendig zu lernen oder einen Teil der Bibel zu lesen, den Sie vermisst haben.

Georg Müllers Kampf um Freude

Einer der größten mir bekannten Zeugen von der Kraft des regelmäßigen, disziplinierten Bibellesens für Freude, die auch Liebe produziert, ist Georg Müller (1805-1898), der dafür bekannt ist, dass er Waisenhäuser in Bristol gründete und sich in jeder seiner Nöte auf Gott verließ. Er stellte dieselbe Frage, die dieses Buch stellt, und er gab dieselbe Antwort:

Auf welche Weise erlangen wir diese beständige Freude der Seele? Wie lernen wir es, Gott zu genießen? Wie erhalten wir solch einen vollkommen genügenden und die Seele befriedigenden Anteil an ihm, der uns ermöglicht, die Dinge dieser Welt als vergleichsweise wertlos und vergeblich loszulassen? Meine Antwort lautet: Diese Freude wird durch das Studium der Heiligen Schriften erlangt. Gott hat sich uns selbst darin im Angesicht Jesu Christi offenbart.[6]

Das ist es, was wir bis jetzt in diesem Buch gesehen haben: Freude an Gott kommt, wenn man in den Schriften die Offenbarung Gottes im Angesicht Jesu Christi sieht. Müller sagt: »In ihnen … werden wir mit dem Charakter Gottes vertraut. Unsere Augen werden geöffnet, damit wir sehen, was für ein wunderschönes Wesen Gott ist! Und Gott ist unser guter, gnädiger, liebender, himmlischer Vater – unser Anteil für Zeit und Ewigkeit.«[7] Gott zu kennen, ist der Schlüssel, um Freude an Gott zu haben.

Je mehr wir über Gott wissen, desto glücklicher sind wir. … Unsere wahre Freude begann …, als wir Gott ein wenig kennen gelernt haben; und je besser wir ihn kennen gelernt haben, desto mehr wurden wir wahrhaft glücklich. Was wird uns im Himmel überaus glücklich machen? Es wird die bessere Kenntnis Gottes sein.[8]

Deshalb ist es das bedeutendste Mittel im Kampf um Freude an Gott, wenn wir uns in die Schriften vertiefen, wo wir Gott in Christus am deutlichsten sehen. Als Müller 71 Jahre alt war, sagte er zu jüngeren Gläubigen:

Ich möchte jetzt meinen jüngeren Mitgläubigen einige Hinweise geben, wie man geistlichen Genuss aufrechterhalten kann. Es ist unbedingt notwendig, dass wir regelmäßig und fortlaufend die Schrift durchlesen – und nicht hier und da ein Kapitel aussuchen. Sonst bleiben wir geistliche Zwerge. Ich sage euch das voller Liebe. Die ersten vier Jahre nach meiner Bekehrung machte ich keinen Fortschritt, weil ich die Bibel vernachlässigte. Aber als ich regelmäßig die ganze Bibel durchlas, mit Bezug auf mein eigenes Herz und meine eigene Seele, dann machte ich direkt Fortschritte. Mein Friede und meine Freude dauerten dann immer weiter an. Ich tue das jetzt seit 47 Jahren. Ich habe die ganze Bibel etwa 100-mal durchgelesen, und ich finde sie immer frisch, wenn ich wieder von vorn anfange. Auf diese Weise haben mein Friede und meine Freude immer mehr zugenommen.[9]

Er lebte und las seine Bibel danach noch weitere 21 Jahre. Aber er veränderte nie seine Strategie für Zufriedenheit in Gott. Als er 76 war, schrieb er das Gleiche, was er über 50 Jahre lang gelernt hatte: »Ich sah deutlicher denn je, dass die erste große und hauptsächliche Angelegenheit, der ich mich jeden Tag widmen sollte, war, eine Seele zu haben, die Freude am Herrn hat.«[10] Und die Art und Weise blieb dieselbe:

Ich sah, dass das Wichtigste, was ich zu tun hatte, war, mich dem Lesen des Wortes Gottes und dem Nachsinnen über es hinzugeben. … Was ist die Nahrung des inneren Menschen? Nicht Gebet, sondern das Wort Gottes; und … nicht das einfache Lesen des Wortes Gottes, so dass es nur unseren Sinn durchläuft, wie Wasser durch ein Rohr fließt, sondern dass wir das, was wir lesen, in Betracht ziehen, darüber nachdenken und es für unser Herz anwenden.[11]

Die unentbehrliche Strategie des Einprägens der Bibel

Wie gebrauchen wir das Wort Gottes im Kampf um Freude? Die erste Antwort, die ich auf diese Frage gegeben habe, ist, dass wir es mit Plan und Regelmäßigkeit lesen müssen. Die nächste Antwort, die ich gebe, ist, dass wir Verse, Abschnitte, Kapitel und sogar ganze Bücher der Bibel auswendig lernen müssen. Je älter man wird, desto schwieriger ist es. Ich bin 58 Jahre alt, während ich diese Zeilen schreibe, und ich investiere immer noch sehr viel Zeit, um die Schrift auswendig zu lernen, aber es ist jetzt viel schwieriger, als es früher war. Ich muss viel mehr wiederholen, um die Worte diesem alternden Gehirn einzuprägen.

Aber ich würde es nicht aufgeben, genauso wenig, wie ein Geizhals seinen Haufen Gold aufgeben würde. Ich empfinde genauso wie Dallas Willard, wenn er sagt:

Das Einprägen der Bibel ist für geistliches Wachstum absolut grundlegend. Wenn ich zwischen allen Disziplinen des geistlichen Lebens wählen müsste, dann würde ich das Einprägen der Bibel wählen, weil sie ein grundlegender Weg ist, unseren Geist mit dem zu füllen, was er braucht. Dieses Buch des Gesetzes soll nicht von deinem Mund weichen. Das ist, wo du es benötigst! Wie kommt es in deinen Mund? Durchs Einprägen. [12]

Die Freude schaffenden Auswirkungen des Einprägens der Schrift und der Tatsache, sie in meinem Kopf und in meinem Herzen zu haben, sind unermesslich. Die Welt durchdringt alles mit ihrem Säkularismus, der Gott ignoriert und alles akzeptiert. Sie dringt jeden Tag in meinen Geist ein. Welche Hoffnung gibt es, einen Geist zu haben, der mit Christus gefüllt ist, außer der, dass man einen Geist hat, der mit seinem Wort gefüllt ist? Ich kenne keine Alternative.

Das Wort gibt direkt und indirekt Freude. Direkt, einfach indem es uns aufmerksam macht auf die Schönheit Christi und seine Wege und all das Gute, was er versprochen hat, für immer für uns zu sein. Indirekt, indem es uns die giftigen Vergnügungen der Welt durch die hochwertigeren Vergnügungen Christi abgewöhnt, damit wir mit reinem Herzen die Schönheit Christi deutlicher sehen können. Wir haben im vorherigen Kapitel gesehen, wie dies geschieht.

Wie Einprägen uns im Kampf hilft

Beachten Sie, dass das Einprägen für beide dieser Wege der Freude geeignet ist. Es bietet uns den ganzen Tag lang die unmittelbare Schönheit Christi in seinem Wort, und es bietet uns den ganzen Tag lang die Waffen, mit denen wir die Empfindsamkeit für die süße Täuschung der Sünde töten. Einprägen passt mit beiden Wegen der Freude zusammen. Erstens mit der direkten Freude des Schmeckens der Schönheit: »Sie, die köstlicher sind als Gold, ja viel gediegenes Gold, und süßer als Honig und Honigseim« (Psalm 19,11). Zweitens mit der indirekten Freude durch Reinheit: »In meinem Herzen habe ich dein Wort verwahrt, damit ich nicht gegen dich sündige« (Psalm 119,11).

Wenn Sie sich das Wort Gottes einprägen, dann gibt es Ihnen und (wenn Sie es aussprechen) anderen direkt Freude, und es dient Ihrer Freude indirekt, indem es Ihren Sinn verwandelt. Wie können wir dem Gebot gehorsam sein: »Werdet verwandelt durch die Erneuerung des Sinnes« (Römer 12,2), wenn wir vernachlässigen, unseren Sinn mit den Gedanken Gottes zu sättigen? Fragen Sie sich dies: Strömte nicht bei den geistlich gesinnten Menschen, die Sie kennen – bei denen, die am beständigsten mit Gott zu wandeln scheinen und im Einklang mit Gottes Geist sind – die Schrift nicht aus allen heraus? Sind sie nicht wie John Bunyan? Stechen Sie sie, und ihr Blut ist die Bibel.[13] Das ist kein Zufall. Das Einprägen der Schrift ist einer der sichersten Wege, um eng mit Gott zu gehen und in Gemeinschaft mit ihm zu wandeln – und das heißt auch in Freude zu wandeln.

Eine der großartigsten Szenen in der Pilgerreise ist die, als Christ im Verlies der Zweifelsburg sich daran erinnert, dass er einen Schlüssel zur Tür hat:

»Was bin ich doch für ein Narr!«, rief er. »Hier in diesem stinkenden Verlies herumzuliegen, wo ich mich doch mit Leichtigkeit befreien könnte! Ich habe ja einen Schlüssel bei mir, genannt Verheißung, und ich bin sicher, dass ich damit jedes Schloss in der Zweifelsburg öffnen kann.« Hoffnungsvoll erwiderte: »Das ist ja großartig, Bruder! Hol ihn hervor, und versuche es!« Christ holte den Schlüssel hervor und probierte ihn an der Tür des Verlieses. Kaum drehte er den Schlüssel im Schloss, schob sich der Riegel zurück; die Tür ließ sich mit Leichtigkeit öffnen, und Christ und Hoffnungsvoll gingen hinaus.[14]

Es ist nicht nur sehr bedeutsam, was der Schlüssel ist, sondern auch, wo er ist. Bunyan sagt drei Mal (im englischen Original), dass der Schlüssel für die Zweifelsburg sich in Christs »Brusttasche« oder einfach an seiner »Brust« befand. Das bedeutet für mich, dass Christ Gottes Wort in seinem Herzen durch Einprägung verwahrt hat und dass es aus diesem Grund im Gefängnis zugänglich war. Auf diese Weise wurde Bunyan von den Verheißungen getragen und gestärkt. Er war gefüllt mit der Schrift. Alles, was er schrieb, war ganz von der Bibel durchdrungen. Er studierte eifrig die Bibel, die er meistens bei sich hatte. Deshalb konnte er von seinen Schriften sagen: »Ich habe für diese Sachen nicht in den Wassern von anderen Menschen gefischt; meine Bibel und meine Konkordanz waren meine einzige Bibliothek für mein Schreiben.«[15]

Ein radikaler Aufruf zum Einprägen

Lassen Sie mich ganz praktisch werden und Sie herausfordern, etwas zu tun, was Sie vielleicht niemals getan haben. Wenn Sie nicht schon Bibelverse auswendig lernen, fangen Sie an, jede Woche einen Vers auswendig zu lernen.[16] Wenn Sie im Moment nur einzelne Verse auswendig lernen, steigern Sie sich zu einigen Abschnitten oder Kapiteln (z.B. Psalm 1, Psalm 23, Römer 8). Und wenn Sie bereits ganze Kapitel auswendig gelernt haben, dann steigern Sie sich zu einem ganzen Buch oder einem Teil eines Buches. Es gibt wenige Sachen, die eine größere Auswirkung darauf haben, wie wir Gott und die Welt sehen, als größere Teile der Schrift auswendig zu lernen.

Andrew Davis, Pastor der First Baptist Church in Durham, North Carolina, hat ein sehr hilfreiches kleines Buch geschrieben. Es heißt An Approach to the Extended Memorization of Scripture (»Eine Methode für das Einprägen größerer Abschnitte der Schrift«).[17] Es hat mich im Jahr 2001 inspiriert, das Einprägen von Römer 1-8 in Angriff zu nehmen. Durch Gottes Gnade habe ich es geschafft. Oh, wie süß und wie schrecklich, so intim mit der größten Wahrheit in der Welt zu leben!

Seit diesem Zeitpunkt habe ich mich darauf konzentriert, bedeutende Abschnitte und Kapitel der Bibel auswendig zu lernen, statt ganze Bücher in Angriff zu nehmen. Jegliches Einprägen von Bibelstellen ist wertvoll, egal ob Verse, Kapitel oder Bücher. Aber schrecken Sie nicht davor zurück, größere Abschnitte der Schrift auswendig zu lernen. Es ist meine Überzeugung, dass Hunderte – ja sogar Tausende – Probleme in Ihrem Leben auf diese Weise gelöst werden, bevor sie überhaupt entstehen. Das ist unmöglich nachzuweisen, aber ich empfehle Ihnen, diesen Gedanken in Betracht zu ziehen.

Wie kann man ein ganzes Buch auswendig lernen?

Ich werde Ihnen die Methode von Andrew Davis einfach so weitergeben, wie er sie in seinem Buch gibt. Das ist die Methode, nach der ich vorgehe.

Tägliches Vorgehen (Beispiel): Es folgt ein Beispiel, wie jemand vorgehen könnte, den Epheserbrief auswendig zu lernen – einen Vers pro Tag: Tag eins: Lesen Sie Epheser 1,1 zehn Mal laut und schauen Sie sich dabei jedes Wort an, als ob Sie es mit Ihren Augen fotografieren wollten. Beziehen Sie dabei auch die Versnummer mit ein.[18] Dann decken Sie die Seite zu und sagen Sie den Vers zehn Mal auf. Sie sind für heute fertig.
Tag zwei: Zuerst der Vers von gestern!! Sagen Sie den Vers von gestern (Epheser 1,1) zehn Mal auf und nennen Sie dabei auch die Versnummer. Schauen Sie in die Bibel, wenn Sie Ihr Gedächtnis auffrischen müssen. Jetzt kommen Sie zum neuen Vers. Lesen Sie Epheser 1,2 zehn Mal laut und schauen Sie sich dabei jedes Wort an, als ob Sie es mit Ihren Augen fotografieren wollten. Beziehen Sie dabei auch die Versnummer mit ein.Dann decken Sie die Seite zu und sagen Sie den Vers zehn Mal auf. Sie sind für heute fertig.
Tag drei: Zuerst der Vers von gestern!! Sagen Sie den Vers von gestern (Epheser 1,2) zehn Mal auf und nennen Sie dabei auch die Versnummer. Schauen Sie in die Bibel, wenn Sie Ihr Gedächtnis auffrischen müssen. Als Nächstes die beiden alten Verse zusammen: Sagen Sie Epheser 1,1-2 einmal zusammen auf und nennen Sie dabei auch die Versnummern. Jetzt kommen Sie zum neuen Vers. Lesen Sie Epheser 1,3 zehn Mal laut und schauen Sie sich dabei jedes Wort an, als ob Sie es mit Ihren Augen fotografieren wollten. Beziehen Sie dabei auch die Versnummer mit ein.Dann decken Sie die Seite zu und sagen Sie den Vers zehn Mal auf. Sie sind für heute fertig.
Tag vier: Zuerst der Vers von gestern!! Sagen Sie den Vers von gestern (Epheser 1,3) zehn Mal auf und nennen Sie dabei auch die Versnummer. Schauen Sie in die Bibel, wenn Sie Ihr Gedächtnis auffrischen müssen. Als Nächstes die drei alten Verse zusammen: Sagen Sie Epheser 1,1- 3 einmal zusammen auf und nennen Sie dabei auch die Versnummern. Jetzt kommen Sie zum neuen Vers. Lesen Sie Epheser 1,4 zehn Mal laut und schauen Sie sich dabei jedes Wort an, als ob Sie es mit Ihren Augen fotografieren wollten. Beziehen Sie dabei auch die Versnummer mit ein. Dann decken Sie die Seite zu und sagen Sie den Vers zehn Mal auf. Sie sind für heute fertig.
Dieser Zyklus geht dann durch das ganze Buch so weiter. Natürlich wird die Stelle der »alten Verse zusammen« bald so sehr wachsen, dass Sie dafür die meiste Zeit benötigen werden. Das ist genau so, wie es sein sollte. Der gesamte Epheserbrief kann mit einer angemessenen Schnelligkeit in weniger als 15 Minuten gelesen werden. Deshalb sollte die Stelle der »alten Verse zusammen« an keinem Tag länger als 15 Minuten dauern. Machen Sie dies mit der Bibel in Reichweite, falls Sie etwas vergessen oder stecken bleiben sollten. … Nachschauen ist keine Schande, und es hilft sogar, schwierige Verse »festzunageln«, damit sie nie wieder zum Problem werden.

Warum so viel Betonung auf Einprägen?

Ich schreibe so viel über das Einprägen der Bibel, weil ich an die Kraft des in uns wohnenden Wortes Gottes glaube, um Tausende von Problemen zu lösen, bevor sie entstehen, um Tausende von Wunden zu heilen, nachdem sie entstanden, um im Augenblick der Verlockung Tausende von Sünden zu töten und um Tausende von Tagen mit dem »Honigseim« zu versüßen. Ich bin darauf bedacht, lieber Leser, dass Sie das Wort des Christus reichlich in sich wohnen lassen (Kolosser 3,16). Das ist der Weg zur beständigen Freude und zu jeglichem Dienst der Liebe, der dieser entspringt. Christus wird als das Vermögen angesehen, das er ist, wenn wir sein Wort mehr als Geld schätzen und wenn die dadurch erweckte Freude mit aufopfernder Liebe überfließt (2. Korinther 8,2).

Das Wort Gottes, ein Notizblock und ein Tag ganz allein mit Gott

Ein weiterer Vorschlag, den ich machen möchte, ist, dass Sie ab und zu allein einen Ausflug machen mit nichts außer dem Wort Gottes und einem Notizblock und einem Kugelschreiber (und vielleicht einem Gesangbuch). Das könnte an einem Samstagmorgen sein oder an einem Wochenende – oder für mehrere Tage. Das Ziel wäre, sich von den Medien und von der Hast der Welt zu befreien, um mehr von Christus zu sehen – durch die einzigartige Konzentration, die in solchen Stunden möglich ist. Einige der kostbarsten Zeiten, die ich jemals mit Gott verbracht habe, waren die ausgedehnten Zeiten allein, in denen ich einfach lange Texte in der Bibel gelesen und gebetet habe. Ich erinnere mich an eine sehr wirksame Zeit vor einigen Jahren, in der ich allein außerhalb der Stadt in einem einsamen Zimmer war und mich entschieden habe, den Morgen damit zu verbringen, das Markusevangelium komplett durchzulesen und beim Lesen zu beten.

Wesley Duewel beschreibt in seinem Buch Let God Guide You Daily (»Lass Gott dich täglich führen«), wie es für ihn ist, wenn er Gott in einer Zeit des Alleinseins sucht: »Ich habe manchmal bis zu 50 Kapitel gelesen, bis ich wirklich allein mit Gott war. Aber zu solchen Zeiten habe ich eine solch unerwartete Führung erfahren, dass mein Leben sehr viel Nutzen daraus gezogen hat.«[19] Als ich das gelesen habe, musste ich mich fragen, wie Sie es sicherlich auch tun: Habe ich jemals 50 Kapitel der Bibel an einem Tag gelesen? Welcher Segen und welche Freude mögen diejenigen erwarten, die hungrig genug sind, sich einen Tag für so etwas Zeit zu nehmen?

Kugelschreiber und Bleistifte haben Augen

Ich sagte, dass Sie Notizblock und Kugelschreiber auf einen solchen Ausflug mitnehmen sollten. Ich sollte sogar sagen: Haben Sie immer einen Notizblock und einen Kugelschreiber in der Nähe, wenn Sie die Bibel lesen. Menschen, die mir sagen, dass sie nichts sehen, wenn sie die Bibel lesen, habe ich oft den folgenden Ratschlag gegeben: »Gehen Sie nach Hause, und dieses Mal schreiben Sie den Text, statt ihn nur zu lesen. Wenn etwas als hilfreich hervorsticht, schreiben Sie Ihre Gedanken dazu auf. Dann lesen Sie den Text weiter und schreiben ihn, bis Sie etwas anderes sehen, worüber Sie schreiben können, oder bis Ihre Zeit vorbei ist.« 

Der größte Wert dabei besteht darin, dass dieses Schreiben uns dazu zwingt, langsamer zu werden und zu sehen, was wir lesen. Einige von uns haben die sehr schlechte Angewohnheit des passiven Lesens, die bestimmte Methoden der Schulbildung in uns erzeugt haben, indem sie uns gezwungen haben, schnell zu lesen, wenn wir langsam lesen sollten – und beim Lesen nachdenken sollten. Das Niederschreiben ist ein Weg, um uns langsamer werden zu lassen und unsere Augen für das zu öffnen, was wir sonst nicht sehen würden. Das hat mich an einem Tag so sehr beeindruckt, dass ich eine Pause gemacht habe und die folgenden Worte geschrieben habe:

Ich weiß nicht, wie das Licht entsteht,
Und verstehe diese Linse nicht.
Ich weiß nur, dass es Augen gibt
Im Kugelschreiber und im Bleistift.

Lernen, über das Wort Gottes nachzusinnen

Dieser Vorschlag, dass Sie das, was Sie lesen, niederschreiben und sich Notizen machen, bringt uns dazu, nachzusinnen. Einprägen und langsam mit dem Stift in der Hand lesen sind Wege, die das Nachsinnen möglich machen. Und Nachsinnen ist im Kampf um Freude entscheidend. Gott gebot Josua, dass ein Führer über das Wort Gottes nachsinnen muss: »Dieses Buch des Gesetzes soll nicht von deinem Mund weichen, und du sollst Tag und Nacht darüber nachsinnen« (Josua 1,8). Die Schriftrolle war eine seltene Kostbarkeit. Josua hatte keine »Taschen-Schriftrolle«, die er überallhin mitnehmen konnte. Das bedeutet, dass Gott das Einprägen und Nachsinnen als Wege benutzte, um sein Volk zu leiten. Das Gleiche ist auch heute wahr.

Das war für die Heiligen der Vergangenheit keine Last: »Wie liebe ich dein Gesetz! Es ist mein Nachdenken den ganzen Tag. … Verständiger bin ich als alle meine Lehrer. Denn deine Zeugnisse sind mein Überlegen« (Psalm 119,97.99). »… seine Lust hat am Gesetz des HERRN und über sein Gesetz sinnt Tag und Nacht!« (Psalm 1,2). »Meine Augen sind den Nachtwachen zuvorgekommen, um nachzudenken über dein Wort« (Psalm 119,148). »Ich gedenke der Tage der Vorzeit, überlege all dein Tun. Ich sinne nach über das Werk deiner Hände« (Psalm 143,5). »Reden sollen sie von der herrlichen Pracht deiner Majestät, und deine Wunder will ich bedenken« (Psalm 145,5).

Was beinhaltet dieses Nachsinnen? Das Wort nachsinnen bedeutet im Hebräischen im Grunde »sprechen« oder »murmeln«. Wenn dies im Herzen geschieht, dann wird es »nachsinnen« oder »nachdenken« genannt. Daher bedeutet, über das Wort Gottes Tag und Nacht nachzusinnen, Folgendes: das Wort Gottes zu sich selbst Tag und Nacht zu sprechen und zu sich selbst darüber zu sprechen – es zu überdenken, Fragen dazu zu stellen und diese Fragen durch die Schrift selbst zu beantworten, sich zu fragen, welche Anwendung es für einen selbst und für andere haben kann, und die Auswirkungen für das Leben, die Gemeinde, die Gesellschaft und die Mission zu erwägen.

Ein einfacher Weg, dies zu tun, ist, einen oder zwei Verse auswendig zu lernen und diese dann einmal zu sich selbst zu sprechen, mit der Betonung auf dem ersten Wort. Dann sprechen Sie diese Verse noch einmal zu sich selbst, mit der Betonung auf dem zweiten Wort. Dann sagen Sie die Verse ein drittes Mal, mit der Betonung auf dem dritten Wort. Und dann immer so weiter, bis Sie über jedes Wort und dessen Bedeutung nachgesonnen haben. Dann können Sie anfangen, sich Bezugsfragen zu stellen. Warum wird ausgerechnet dieses Wort benutzt und nicht ein anderes? Die Möglichkeiten des Nachdenkens und Erwägens und Nachsinnens sind endlos. Und beim Erwägen beten wir immer und bitten um Gottes Hilfe und Licht.

Tiefgründige Bücher über die Bibel lesen und nachdenken

Ich möchte an dieser Stelle sagen, dass viele von uns den Fehler gemacht haben zu denken, dass die einzige Art des Nachsinnens, die Freude bringen wird, eine Art ist, die leicht ist und wenig schweres Nachdenken beinhaltet. Da die meisten Menschen das Lesen von schwierigen Büchern oder das Denken von komplexen Gedanken normalerweise nicht mit Freude in Verbindung bringen, nehmen wir an, dass sie nicht der Weg zur Freude sind. Das ist ein Fehler – es wird sich zumindest für viele Menschen als Fehler erweisen.

Natürlich sollten nicht alle Menschen die »großen Bücher« aus der Geschichte des Christentums lesen. Tausende von Christen werden überhaupt nicht lesen können und nur über mündlich überlieferte Worte nachsinnen. Viele werden eine Arbeit haben, die sie von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang beschäftigt hält, und Lesen wird ein Luxus für seltene ergriffene Stunden sein. Andere werden an Orten leben, wo sie so arm sind, so dass sie keinen Zugang zu Büchern haben – und vielleicht nur zu einigen Abschnitten der Bibel. Also verstehen Sie mich bitte nicht so, als ob man große Bücher lesen müsste, um erfolgreich um Freude kämpfen zu können.

Dennoch möchte ich diejenigen, die dieses Buch lesen werden (und Millionen andere wie Sie), dazu herausfordern, die Vorstellung loszuwerden, dass gewichtige Bücher der biblischen Lehre die Freude zerdrücken, während leichte Andachtsbücher Freude bringen. Es ist wahr, dass die Freude des ernsthaften Lesens und des damit verbundenen Nachdenkens (manchmal »Studium« genannt) nicht so schnell da ist wie die Freude, im Gottesdienst zu singen oder einen Sonnenuntergang zu sehen oder mit einem Freund zu reden oder einen Prediger zu hören, der viele Geschichten erzählt. Aber die Freude mag dafür größer sein. Rechen ist einfacher als graben, aber man bekommt nur Laub. Wenn man gräbt, bekommt man vielleicht Diamanten.

Ich habe das tiefe Empfinden, dass viele Menschen, die sich beklagen, sich nicht an Gott freuen zu können, den Eindruck haben, dass die Erkenntnis Gottes einfach zu bekommen sein sollte. Sie sind passiv. Sie erwarten, dass sie aus dem Nichts etwas Geistliches erfahren. Sie begreifen nicht das Muster der Bibel, das in Sprüche 2,1-6 steht:

Wenn du meine Reden annimmst und meine Gebote bei dir verwahrst, indem du der Weisheit dein Ohr leihst, dein Herz dem Verständnis zuwendest, ja, wenn du den Verstand anrufst, zum Verständnis erhebst deine Stimme, wenn du es suchst wie Silber und wie Schätzen ihm nachspürst, dann wirst du verstehen die Furcht des HERRN und die Erkenntnis Gottes gewinnen. Denn der HERR gibt Weisheit. Aus seinem Mund kommen Erkenntnis und Verständnis.

Schauen Sie sich all diese energischen Worte an: »annimmst … verwahrst … dein Ohr leihst … zuwendest … anrufst … erhebst deine Stimme … suchst … nachspürst« – wenn Sie das tun, dann werden Sie die Erkenntnis Gottes haben. Nicht, weil Sie es zustande bringen können. Es ist immer noch in den Händen Gottes, die Erkenntnis zu geben: »Denn der HERR gibt Weisheit.« Nein, das Streben nach der Erkenntnis Gottes existiert nicht, weil Sie es zustande bringen können, sondern weil Gott freiwillig wählt, Suchen mit Finden zu segnen. Dieses Muster kann man in 2. Timotheus 2,7 sehen, wo Paulus sagt: »Bedenke, was ich sage! Denn der Herr wird dir Verständnis geben in allen Dingen.« Sie bedenken. Der Herr gibt. Unser Bedenken ersetzt nicht seine Gabe. Und seine Gabe ersetzt nicht unser Bedenken.

Entstehen kalte Herzen durch intensives Denken?

Es ist eine Tragödie, dass man angefangen hat, intensives Denken mit kalten Herzen in Zusammenhang zu bringen. Das war nicht die Erfahrung der größten christlichen Denker. Freude und Studium gingen Hand in Hand. »Groß sind die Werke des HERRN; wer sie erforscht, der hat Freude daran« (Psalm 111,2; Luther 1984). Der weise englische Puritaner Thomas Goodwin (1600-1680) sah dieses Muster in der Bibel und flehte seine Leser an:

Bemühen Sie sich, lebendige, heilige und geistliche Zuneigungen in Ihrem Herzen zu bewahren und aufrechtzuerhalten, und lassen Sie sie nicht abkühlen. … Denn wie Ihre Zuneigungen sind, so müssen Ihre Gedanken sein; … In der Tat: Gedanken und Zuneigungen sind … gegenseitige Ursachen füreinander: »Durch mein Nachsinnen ward ein Feuer entzündet« (Psalm 39,3; Schlachter). Denken ist also der Blasebalg, der Zuneigungen entzündet und entflammen lässt; und wenn die Zuneigungen entflammt sind, dann bringen sie die Gedanken zum Kochen.[20]

Fast überall wird in den christlichen Medien und in den Gemeinden Amerikas der Gedanke vermittelt, dass Feuer in den Knochen nicht durch biblische Lehre und biblisches Denken kommt, sondern durch Highlights, gute Storys, leicht verständliche Andachtsbücher und Musik. C.S. Lewis hatte eine ganz andere Erfahrung, und meine ist dieselbe wie seine.

Ich selbst neige dazu, Bücher der biblischen Lehre oft hilfreicher für die Andacht zu empfinden als die Andachtsbücher, und ich vermute fast, dass viele andere noch dieselbe Erfahrung machen werden. Ich glaube, dass viele, die finden, dass ›nichts passiert‹, wenn sie sich zu einem Andachtsbuch hinsetzen oder hinknien, merken werden, dass das Herz unaufgefordert singt, wenn sie sich durch ein schwieriges Stück Theologie durcharbeiten, mit einer Pfeife zwischen den Zähnen und einem Bleistift in der Hand.[21]

Amen! (Na ja, mit Ausnahme der Pfeife!) Natürlich gibt es sehr schlechte Theologie- Bücher, genauso wie es sehr schlechte Andachtsbücher gibt. Beide werden innerhalb einer Minute Ihre Freude zum Austrocknen bringen. Aber man sollte nicht aufhören, Frucht zu essen, weil es beim letzten Versuch eine Zitrone war. Die meiste süße, kostbare Frucht der christlichen Lehre ist alt. Augustinus, Johannes Calvin, Martin Luther, die Puritaner, Jonathan Edwards, Charles Hodge. Lesen Sie die alten Bücher. Es ist ein großer Fehler zu denken, dass die großen Bücher der Vergangenheit zu schwer zu verstehen sind. C.S. Lewis hat Recht, wenn er die Größe des alten Schreibers auf folgende Weise deutlich macht: »Der große Mann ist gerade wegen seiner Größe viel verständlicher als sein moderner Kommentator.«[22]

Je neuer die Bücher der biblischen Lehre sind, desto geläufiger ist die traurige Trennung zwischen Gelehrsamkeit und deutlicher Leidenschaft für Christus. Die meisten Evangelikalen haben inzwischen der Ansicht Glauben geschenkt, dass es nötig ist, mit scheinbarer Gleichgültigkeit über Sachen von gewaltiger Wichtigkeit zu schreiben. Das ist sehr traurig. Doch es gibt Bücher, die das Herz »unaufgefordert singen« lassen, wenn Sie sich durch ein schwieriges Stück Theologie durcharbeiten. Und Sie werden nicht so vorsichtig wählen müssen, wenn Sie unter den Puritanern suchen.

Warum so viel Betonung auf menschliche Autoren?

Natürlich könnte jemand fragen: »Warum reden Sie über menschliche Autoren in einem Kapitel über die Anwendung des Wortes Gottes im Kampf um Freude? « Die Antwort ist, dass Gott es für uns bestimmt hat, dass uns in unserem Verständnis und unserer Freude an der Schrift von menschlichen Lehrern – von lebenden und von verstorbenen – geholfen wird. Er hat deutlich bestimmt, dass es Aufseher geben soll, die »lehrfähig« sind (1. Timotheus 3,2). Sie lehren das Wort Gottes. Darum möchte Gott, dass wir das Wort Gottes lesen und auswendig lernen und darüber nachsinnen, wenn wir Zugang dazu haben. Aber er möchte auch, dass wir durch treue Älteste und Pastoren unterrichtet werden. Einige von ihnen schreiben ihre Lehren auf. Deshalb haben wir Bücher.

Christliche Bücher von verstorbenen Autoren sind ein Dienst des Leibes Christi, der nicht nur weltweit verbreitet ist, sondern sich auch durch die Jahrhunderte erstreckt. Wir sollten die Bedeutung der Schrift von christlichen Lehrern auf der Kanzel und in der Vergangenheit lernen. Niemand von uns ist so frei von Sünde oder Vorurteilen oder Blindheit, dass wir die unfehlbare Schrift unfehlbar betrachten können. Wir brauchen Hilfe. Wir brauchen Zurechtweisung. Wir brauchen Führung und Ermutigung. Oh, die Wunder, die andere in der Bibel gesehen haben – und die wir nicht gesehen haben! Was für eine Torheit und was für ein schwerer Schlag für die Freude, wenn wir diese Bücher vernachlässigen! Viele der größten Helfer, die Gott uns in unserer Suche nach Freude gegeben hat, sind tot. Aber Gott hat ihren Nutzen in Büchern erhalten.

Die Reformatoren beharrten darauf, dass der beste Weg, eine wahre Auslegung der Schrift zu bewahren, weder ein naives Annehmen der Unfehlbarkeit der Tradition, noch der Unfehlbarkeit eines Einzelnen war, sondern die gemeinsame Auslegung der Schrift. Der beste Weg, um Treue gegenüber dem Text sicherzustellen, ist, ihn gemeinsam zu lesen, nicht nur mit den Gemeinden unserer eigenen Zeit und unseres eigenen Ortes, sondern mit der erweiterten »Gemeinschaft der Heiligen« aller Zeiten.[23]

Was ist, wenn Sie – wie ich – langsam lesen?

In diesen älteren Werken ist es, als ob man die Bibel durch den Verstand und das Herz von Menschen liest, die Gott gut gekannt und viel geliebt haben. Lassen Sie sich nicht von umfangreichen Büchern entmutigen, wie z.B. Unterricht in der christlichen Religion, dem Hauptwerk von Johannes Calvin. Sicherlich, ein großes Buch zu Ende lesen, ist nicht so wichtig wie dadurch zu wachsen. Aber es zu Ende zu lesen, ist nicht so schwierig, wie Sie vielleicht denken.

Nehmen wir an, Sie lesen so langsam wie ich – mit vielleicht derselben Geschwindigkeit, wie Sie sprechen – 200 Worte pro Minute. Wenn Sie ein Jahr lang fünfzehn Minuten am Tag lesen (sagen wir, vor dem Abendessen oder vor dem Schlafen), dann werden Sie in diesem Jahr insgesamt 5475 Minuten lesen. Multiplizieren Sie das mit 200 Worten pro Minute, und Sie erhalten 1.095.000 Worte, die Sie in einem Jahr lesen. Ein durchschnittliches gewichtiges Buch hat vielleicht 360 Worte pro Seite. Sie würden also 3041 Seiten in einem Jahr lesen. Das sind zehn sehr beträchtliche Bücher. Alles in fünfzehn Minuten am Tag.

Oder, um spezifischer zu werden: Meine Ausgabe von Calvins Unterricht in der christlichen Religion hat 1521 Seiten in zwei Bänden, mit durchschnittlich 400 Wörtern pro Seite, also etwa 608.400 Wörter. Das bedeutet, dass selbst wenn Sie einen Tag pro Woche nichts lesen, Sie diese großartige biblische Vision Gottes und des Menschen in weniger als neun Monaten (etwa 33 Wochen) lesen könnten, mit nur fünfzehn Minuten am Tag. Der Punkt ist der folgende: Die Worte und Wege Gottes werden in Ihnen tiefer und kraftvoller bleiben, wenn Sie sich dem ernsthaften Lesen von großartigen Büchern hingeben, die mit der Schrift gesättigt sind. Es muss natürlich nicht unbedingt Johannes Calvin – oder mein persönlicher Favorit, Jonathan Edwards – sein, aber überhaupt keine von den großartigen alten Büchern zu lesen, wenn Sie Zugang zu ihnen haben, könnte aufgrund von nichts Besserem sein, als das, was Lewis als »chronologischen Snobismus«[24] bezeichnet.

Zeit mit von der Bibel erfüllten – lebenden und verstorbenen – Menschen verbringen

Im Kampf um Freude möchte ich auch diese Taktik für die gesamte Strategie der Anwendung des Wortes Gottes hinzufügen. Machen Sie sich mit von der Bibel erfüllten Menschen vertraut, sowohl mit lebenden als auch mit verstorbenen. Ihr Leben und ihre Worte sind sehr hilfreich für unsere Freude. Die Lebenden sind die Menschen in der Gemeinde, der Sie angehören. Die Verstorbenen sind die Menschen des Leibes Christi, von deren vom Wort erfüllten Leben wir in ihren Biographien erfahren.

Gott möchte, dass wir uns gegenseitig im Kampf um Freude stärken. Paulus sagte: »Wir sind Mitarbeiter an eurer Freude« (2. Korinther 1,24). Im Hebräerbrief heißt es: »Seht zu, Brüder, dass nicht etwa in jemandem von euch ein böses Herz des Unglaubens sei im Abfall vom lebendigen Gott, sondern ermuntert einander jeden Tag,solange es ›heute‹ heißt, damit niemand von euch verhärtet werde durch Betrug der Sünde!« (Hebräer 3,12-13). Und in den Sprüchen steht: »Wer mit Weisen umgeht, wird weise« (Sprüche 13,20). Wir sollen nicht allein um Freude kämpfen. Christliche Freude ist ein Gemeinschaftsprojekt.

Genauso wie Gott bestimmt hat, dass es Lehrer gibt, lebende und verstorbene, so hat er auch bestimmt, dass der ganze Leib Christi im Kampf um Freude das Wort Gottes jeden Tag zueinander sprechen soll. »Ermuntert einander jeden Tag.« Genauer gesagt: »Lasst uns aufeinander Acht haben, um uns zur Liebe und zu guten Werken anzureizen, indem wir unser Zusammenkommen nicht versäumen, wie es bei einigen Sitte ist, sondern einander ermuntern, und das umso mehr, je mehr ihr den Tag herannahen seht!« (Hebräer 10,24-25). Jeder von uns sollte die Berufung fühlen, andere mit dem Wort Gottes zu ermuntern. Aber das ist hier nicht mein Punkt. Mein Punkt hier ist, dass Sie sicherstellen sollten, dass dies Ihnen geschieht. Begeben Sie sich in eine Gemeinschaft, die klein genug ist, dass dieser Dienst aneinander geschehen kann. Wenn ich mich mit einem freudlosen Heiligen beschäftige, ist eine meiner ersten Fragen: »Sind Sie in einer kleinen Gruppe von Gläubigen, die sich umeinander kümmern und füreinander beten und die sich ›zur Liebe und zu guten Werken anreizen‹?« Die Antwort ist meistens »Nein«.

Das Wort Gottes ist ein gemeinschaftlicher Schatz

Ich lege so viel Wert auf das Lesen der Bibel, das Einprägen der Bibel, das Nachsinnen über die Bibel und das Lesen von großen Büchern über biblische Lehre, dass sich das alles sehr individualistisch anhören könnte. Es passt zu meiner amerikanischen Veranlagung. Aber das Wort Gottes ist dazu gedacht, ein gemeinschaftlicher Schatz und ein gemeinschaftliches Ereignis zu sein. Es sollte in der Gemeinschaft der Gläubigen lebendig sein. Das ist wahrscheinlich die normale Form, die die Gabe der prophetischen Rede heute annehmen sollte: Sprechen und Anwenden der Schrift, vom Geist geleitet, zur rechten Zeit für den Bedarf einer jeden Person. Das ist, was wir voneinander im Kampf um Freude brauchen. Ruhen Sie nicht, bis Sie eine Gruppe von Gläubigen, in der dies geschieht, gefunden oder zusammengebracht haben.

Lassen Sie mich ganz präzise werden im Hinblick auf Mitgliedschaft in einer Gemeinde im Kampf um Freude. Ich weiß, dass es möglich ist, Mitglied einer Gemeinde zu sein – das heißt, den eigenen Namen auf einer offiziellen Liste zu haben – und nicht mit anderen Gläubigen verbunden zu sein, auf eine Art, die geistliches Leben und Freude und Gehorsam weckt. Es ist sogar möglich, Mitglied einer örtlichen Gemeinde zu sein – und noch nicht einmal gläubig zu sein! Dennoch glaube ich, dass es der Wille Christi ist, dass sein Volk aus Menschen besteht, die alle verantwortliche Mitglieder von örtlichen Gemeinden sind, die Christus verherrlichen und an die Bibel glauben. Das mag an einigen Orten unmöglich sein. Gott weiß das, und er wird uns geben, was wir brauchen, wenn die normalen Mittel der Gnade nicht vorhanden sind. Aber im Normalfall sollten Christen verantwortliche Mitglieder einer örtlichen Gemeinde sein.

Wenn das Neue Testament das Wort Glied benutzt, um einen Christen in Beziehung zu einer örtlichen Gemeinschaft von Gläubigen zu bezeichnen, dann verwendet es dieses Wort auf metaphorische Weise. Das heißt: Wir sind Glieder einer örtlichen Gemeinschaft von Gläubigen, genauso wie Hände und Füße Glieder des menschlichen Körpers sind. »Wie der Leib einer ist und viele Glieder hat, alle Glieder des Leibes aber, obwohl viele, ein Leib sind: so auch der Christus. … Wenn der Fuß spräche: Weil ich nicht Hand bin, gehöre ich nicht zum Leib: gehört er deswegen nicht zum Leib?« (1. Korinther 12,12.15). Das ist nicht ein Bild von dem universellen Leib Christi, sondern von der örtlichen Ausführung dieses Leibes an einem bestimmten Ort. Das wissen wir aus mehreren Gründen.

Ein Grund: Wenn der Apostel Paulus über den universellen Leib Christi spricht, dann sagt er, dass Christus selbst das »Haupt« ist. »Er ist das Haupt des Leibes, der Gemeinde« (Kolosser 1,18; 2,19; Epheser 5,23). Aber wenn Paulus über den örtlichen Leib der Gläubigen spricht, dann verwendet er das Wort »Haupt« genauso, wie er das Wort für irgendein anderes Glied wie die Hand oder den Fuß verwendet: »Das Auge kann nicht zur Hand sagen: Ich brauche dich nicht; oder wieder das Haupt zu den Füßen: Ich brauche euch nicht« (1. Korinther 12,21). Ein anderer Grund, warum wir wissen, dass das Bild der »Mitgliedschaft« in 1. Korinther 12 sich auf die Mitgliedschaft in einem örtlichen Leib von Gläubigen bezieht und nicht nur Mitgliedschaft im universellen Leib Christi meint, ist, dass dieser Text von engen Beziehungen der Fürsorge und der Verantwortung spricht, die mit dieser Mitgliedschaft Hand in Hand gehen: »Gott hat den Leib zusammengefügt …, damit keine Spaltung im Leib sei, sondern die Glieder dieselbe Sorge füreinander hätten« (1. Korinther 12,24- 25). Diese Art der gegenseitigen Fürsorge ist nicht in dem universellen Leib Christi möglich, sondern nur in den örtlichen Ausführungen dieses Leibes.

Daher ist es deutlich, dass der Apostel Paulus über den metaphorischen Gebrauch des Wortes Glied (Hand und Fuß und Kopf und Auge) hinaus zu der wirklichen, persönlichen, verantwortlichen Mitgliedschaft in einer örtlichen Gemeinde übergeht. Mitgliedschaft bewegt sich von metaphorischen Verbindungen zu wirklichen, konkreten, organisatorischen Verbindungen, die Erwartungen von sowohl Fürsorge als auch Verantwortung schaffen. Deshalb kann Paulus die Züchtigung in der Gemeinde so ernst nehmen und sogar davon sprechen, in seltenen Fällen Mitglieder aus einer Gemeinde auszuschließen. »Denn was habe ich zu richten, die draußen sind? Richtet ihr nicht, die drinnen sind? Die aber draußen sind, richtet Gott. Tut den Bösen von euch selbst hinaus!« (1. Korinther 5,12-13). Solch ein formelles Ausschließen wäre nicht möglich, wenn es keine formelle Mitgliedschaft gäbe.

Ich betone diese biblische Perspektive der Mitgliedschaft einer Gemeinde, weil wir in einer Zeit leben, in der Menschen Verantwortung meiden. Wir sind sehr individualistisch und widerstandsfähig dagegen, dass andere Menschen uns einen Maßstab vorgeben, der nicht im Einklang mit unseren sofortigen Wünschen ist. Aber Gott liebt uns und ruft uns nicht zu etwas auf, was schlecht für uns ist. Mitgliedschaft in einer Gemeinde ist eine Gnadengabe. Wie in anderen Beziehungen (Ehe, Elternschaft, Arbeit, Teams, Gesellschaft), beinhaltet sie auch Schmerz. Aber mehr als den meisten von uns bewusst ist, hat sie nach Gottes Plan und durch seine Barmherzigkeit eine Auswirkung, die das Leben erhält, den Glauben stärkt und die Freude bewahrt. Der gemeinschaftliche und auf Christus ausgerichtete Dienst des Wortes Gottes kommt zu uns durch die Mitgliedschaft in einer Gemeinde auf Wegen, die wir nicht vorhersagen können. Ich rate Ihnen dringlich, dass Sie sich nicht von diesem Segen abschneiden, indem Sie am Rande der Gemeinde Christi bleiben.

Einer der Gründe, warum dieser gemeinschaftliche Dienst des Wortes solche Kraft hat, ist, dass das Wort in echten Menschen verkörpert kommt. Wir lesen nicht Seiten – wir hören lebende Menschen. Paulus deutete auf die Kraft dieses persönlichen Dienstes hin, als er sagte: »So, in Liebe zu euch hingezogen, waren wir willig, euch nicht allein das Evangelium Gottes, sondern auch unser eigenes Lebenmitzuteilen, weil ihr uns lieb geworden wart (1. Thessalonicher 2,8). Wenn das Wort Gottes, für unseren Bedarf angepasst, zu uns in einer Person kommt, die uns sich selbst gibt, dann ist das ein großer Triumph der Liebe, der fast immer zu Freude führt.

Christliche Biographien und der Kampf um Freude

Und selbst die Verstorbenen können auf diese Weise leben. Das ganze elfte Kapitel des Hebräerbriefs kann in diesem Vers über Abel zusammengefasst werden: »Und durch diesen Glauben redet er noch, obgleich er gestorben ist« (V. 4). Der Hebräerbrief gibt die Antwort darauf, wie wir uns »zur Liebe und zuguten Werken« anreizen können: durch das Leben der Lebenden und der Verstorbenen. »Gedenkt eurer Führer, die das Wort Gottes zu euch geredet haben! Schaut den Ausgang ihres Wandels an, und ahmt ihren Glauben nach!« (Hebräer 13,7). Das Leben eines Christen, sei es in der Vergangenheit oder in der Gegenwart, ist eine anschauliche Darstellung der Wahrheit des Wortes Gottes und der Zurschaustellung der Gnade Gottes. Und weil der Kampf um Freude ein Kampf ist, all das, was Gott für uns ist, zu sehen und zu genießen, wären wir schlechte Krieger, wenn wir nicht christliche Gemeinschaft suchen würden und keine Biographien von Christen lesen würden.

Inspiration aus dem Kampf um Freude von Edwards

Meine Freundschaft mit Jonathan Edwards ist über die Jahre gewachsen, obwohl Edwards seit 1758 tot ist. Was ich von seinen Worten und Werken gelernt habe, ist unermesslich. Ich danke Gott von ganzem Herzen für ihn. Ich habe ihm in einem anderen Buch[25] meinen Tribut gezollt. Sein Kampf um Freude war für meinen eigenen Kampf eine große Inspiration und Führung. So schrieb er z.B. 70 Vorsätze, als er ein junger Mann war. Drei von diesen sind über die Jahre in meinem eigenen Kampf um Freude bei mir geblieben.

Nummer 22 lautet: »Entschlossen, mich zu bemühen, so viel Freude wie möglich für mich in der anderen Welt zu erlangen, mit all der Kraft, Macht und Heftigkeit, ja sogar Gewalt, zu der ich fähig bin oder zu der ich mich auf jedem vorstellbaren Weg bringen kann, sie auszuüben.« Sie können sehen, dass er schon sehr früh die Kriegsführung der Freude begriffen hat. Über das Mittel zu diesem Zweck sagte er in Nummer 28: »Entschlossen, die Schrift so zuverlässig, beständig und oft zu studieren, dass ich deutlich erkennen kann, dass ich in der Kenntnis derselben wachse.« Er war überaus von der Bibel erfüllt, auch wenn er so viel philosophisches Vermögen hatte. Und das hat mir geholfen, mich an das Wort Gottes zu fesseln. Und um eine Leidenschaft hinter diese vom Wort erfüllte Suche nach ewiger Freude zu setzen, schrieb er diese einfachen, aber inspirierenden Worte in Vorsatz Nummer 6: »Entschlossen, mit meiner ganzen Kraft zu leben, solange ich lebe.«[26]

Wenn Sie christliche Biographien lesen, dann bekommen Sie einen Menschen zu sehen, der ein Leben lang um Freude kämpft. Das ist von gewaltiger Hilfe. Es gibt Führung im Kampf. Es gibt Inspiration, weil die Gnade triumphiert. Es gibt Demut und Hoffnung, aufgrund von Versagen und Veränderungen zum Besseren. Und manchmal gibt es Eindrücke von dem, was in Bezug auf Gott möglich ist, die einen Leser dazu bewegen, wie nie zuvor zu beten und zu verlangen. Edwards zum Beispiel erinnert sich an eine seiner Erfahrungen, die er mit 34 Jahren hatte:

Als ich 1737 einmal um meiner Gesundheit willen in den Wald ritt und an einem ruhigen Ort vom Pferd stieg, um einen Spaziergang zu machen, bei dem ich über Gott nachdenken und beten konnte, wie es meine Angewohnheit war, hatte ich eine Sicht, die für mich außerordentlich war: Es war die Herrlichkeit des Sohnes Gottes, als Mittler zwischen Gott und Mensch, und seine wunderbare, große, volle, reine und süße Gnade und Liebe sowie sein demütiges und sanftes Herniederkommen. Diese Gnade, die so sanft und süß erschien, erschien gleichzeitig auch groß über die Himmel hinaus. Die Person Christi erschien unaussprechlich hervorragend, so sehr hervorragend, dass sie alles Denken und Vorstellen verschlucken konnte. Ich verblieb in diesem Zustand etwa eine Stunde, soweit ich weiß, und die meiste Zeit davon war ich unter einer Flut von Tränen, und ich weinte laut. Ich fühlte eine Leidenschaft in der Seele, die ich nicht besser beschreiben kann als ausgeleert und vernichtet zu sein, im Staub zu liegen und voll von Christus allein zu sein, ihn mit einer heiligen und reinen Liebe zu lieben, durch ihn zu leben, ihm zu dienen und zu folgen und vollkommen heilig und rein gemacht zu sein, mit einer göttlichen und himmlischen Reinheit. Ich hatte zu mehreren anderen Zeiten sehr ähnliche Erfahrungen, und immer mit den gleichen Auswirkungen.[27]

Diese Geschichte hat mich in meinen Zwanzigern von der törichten Vorstellung befreit, dass große Theologie und ernsthafte Lehre einen Menschen davon abhalten, vor Freude zu weinen. Seit diesem Zeitpunkt habe ich immer die Vorstellung abgelehnt, dass ein starkes Bemühen, mehr von Gott zu wissen, einen dazu bringen muss, weniger von Gott zu spüren.

Um Ihrer Freude an Christus willen: Lesen Sie christliche Biographien! Es wird Sie aus sich selbst herausnehmen und Sie in eine andere Zeit und in eine andere Haut versetzen, damit Sie Jesus mit Augen sehen können, die mehr staunen als ihre eigenen. Finden Sie einige Heilige aus vergangenen Jahrhunderten, die von der Bibel erfüllt waren, Christus verherrlicht haben und auf Gott ausgerichtet waren, und lernen Sie von Ihnen, wie man um Freude kämpft.

Luthers seltsamer Helfer, um die Schrift zu verstehen und sich daran zu erfreuen

Das Thema der Biographie gibt mir die Gelegenheit, eine weitere Taktik zu erwähnen, wie man das Wort Gottes im Kampf um Freude gebrauchen kann. Martin Luther (1483-1546), der große deutsche Reformator, hat mich über die wesentliche Rolle des Leidens belehrt, wenn es darum geht, die Fülle Christi in der Schrift zu sehen und die Fülle der Freude zu kennen.

Luther merkte bei Psalm 119 an, dass der Schreiber nicht nur über das Wort Gottes betete und nachdachte, um es zu verstehen – er litt auch, um es zu verstehen. Der Psalmist sagt: »Bevor ich gedemütigt wurde, irrte ich. Jetzt aber halte ich dein Wort. … Es war gut für mich, dass ich gedemütigt wurde, damit ich deine Ordnungen lernte« (Psalm 119,67.71). Leiden auf dem Weg der Gerechtigkeit ist ein unerlässlicher Schlüssel, um die Schrift zu verstehen. Es ist sicher, dass wir diesen Schlüssel erhalten werden: »Wir [müssen] durch viele Bedrängnisse in das Reich Gottes hineingehen« (Apostelgeschichte 14,22). Für einige kommt das Wort zusammen mit dem Schlüssel: »Ihr [habt] das Wort in viel Bedrängnis mit Freude des Heiligen Geistes aufgenommen« (1. Thessalonicher 1,6). So war es bei Luther.

Er bewies den Wert der Bedrängnisse immer wieder in seiner eigenen Erfahrung:

Denn sobald Gottes Wort durch Sie bekannt wird, wird der Teufel Sie bedrängen und wird einen wahren Doktor [Lehrer] aus Ihnen machen und wird durch seine Versuchungen Sie lehren, Gottes Wort zu suchen und zu lieben. Denn ich selbst … schulde meinen Papisten [römisch-katholischen Gegnern] vielen Dank dafür, dass sie mich so sehr durch das Wüten des Teufels geschlagen, bedrängt und erschreckt haben, so dass sie mich zu einem ziemlich guten Theologen gemacht haben, ein Ziel, das ich sonst nie erreicht hätte.[28]

Leiden war ins Leben von Luther eingeflochten. Er machte emotional und geistlich die härtesten Kämpfe durch. In einem Brief an Melanchthon vom 2. August 1527 schreibt er zum Beispiel:

Für mehr als eine Woche wurde ich im Tod und in der Hölle hin- und hergeworfen; mein ganzer Körper fühlt sich geschlagen an, meine Glieder zittern noch. Ich habe Christus fast ganz verloren und wurde in den Wellen und Stürmen der Verzweiflung und der Gotteslästerung umhergetrieben. Aber wegen der Bitten des Treuen fing Gott an, mir gnädig zu sein, und riss meine Seele aus den Tiefen der Hölle.[29]

Das waren die Bedrängnisse, die seine Augen für die Bedeutung der Schrift öffneten. Diese Erfahrungen waren genauso Teil seiner Exegese wie sein griechisches Wörterbuch. So etwas in dem Leben von Heiligen zu sehen, hat mich dazu gebracht, zwei Mal zu überlegen, bevor ich mich über die Bedrängnisse meiner Arbeit beschwere. Wie oft bin ich dazu geneigt, zu denken, dass die Belastungen und Konflikte und Enttäuschungen nur Ablenkungen von den Angelegenheiten des Dienstes und des Bibelstudiums sind. Luther lehrt uns (zusammen mit Psalm 119,67.71), das alles anders zu sehen. Die Belastungen des Lebens, die Unterbrechungen, die Enttäuschungen, die Konflikte, die körperlichen Leiden, die Verluste – all diese Dinge können sehr wohl die Linse sein, durch die wir die Bedeutung von Gottes Wort wie nie zuvor sehen. Paradoxerweise mag der Schmerz des Lebens uns das Wort öffnen, das zum Weg zur Freude wird.

Man könnte noch mehr dazu sagen, wie man das Wort Gottes im Kampf um Freude anwendet. In den folgenden Kapiteln wird auch noch mehr dazu gesagt werden. Aber jetzt, zum Schluss dieses Kapitels, merken Sie sich dies: Die Bibel ist das Wort einer lebenden Person, Jesus Christus, der unser Gott und unser Retter ist. Deshalb: Lesen Sie sie und denken Sie über sie nach und prägen Sie sie sich ein, mit dem Ziel, ihn in seinen niedergeschriebenen Worten und Werken zu sehen. Er ist so nah wie Ihr eigener Atem und ist unendlich barmherzig und mächtig.


  1. John Wesley, »Preface to Sermons on Several Occasions, 1746«, The Works of John Wesley, Bd. 1, S. 104-106.
  2. Zitiert aus: John R. Stott, The Preacher’s Portrait (Grand Rapids: Eerdmans, 1961), S. 30-31.
  3. Für weitere Gedanken, warum der frühe Morgen am besten ist, siehe Kapitel 10.
  4. Diesen Bibelleseplan kann man auf Englisch von der Webseite von Nav-Press herunterladen (http://www.navpress.com/Magazines/DJ/OriginalBibleReadingPlan.asp?opt=old&mscsid=D3VU2HQ7H00Q8J9RB9FUNVCKSX3FE168).
  5. Es gibt zum Beispiel etliche Bibellesepläne auf der Webseite von Back to the Bible (http://www.backtothebible.org/devotions/journey/). Einige Organisationen schicken Ihnen den Bibeltext für den Tag per Email zu (z.B. http://www.bible-reading.com/bible-plan.html). Ich schlage vor, dass Sie einfach »Bibelleseplan« in Ihre Internet-Suchmaschine eingeben und selbst den Plan finden, der für Sie am besten geeignet ist. Ein weiterer Plan ist der Bibelleseplan von M’Cheyne, der Sie in einem Jahr zwei Mal durch das Neue Testament und die Psalmen und ein Mal durch den Rest des Alten Testaments leitet. Dieser Bibelleseplan ist – mit hilfreichem Kommentar – im Buch von D.A. Carson, For the Love of God: A Daily Companion for Discovering the Riches of God’s Word, 2 Bände (Wheaton: Crossway Books, 1998-1999) zu finden. Laut U.S. Census Bureau hat der Durchschnittsbürger der USA einen etwa 25 Minuten langen Weg zur Arbeit (http://www.census.gov/acs/www/Products/Ranking/2002/R04T040.htm). Wenn das bedeutet, dass Menschen im Durchschnitt an Werktagen 50 Minuten im Auto verbringen, dann könnte man in dieser Zeit die ganze Bibel in drei Monaten auf CD hören. Das Hören der Bibel auf CD dauert 72 Stunden. Das könnte eine tiefgründige Auswirkung auf den Geist für die Herrlichkeit Christi und die Freude des Zuhörers haben.
  6. Georg Müller, A Narrative of Some of the Lord’s Dealing with George Muller, Written by Himself, Jehovah Magnified. Addresses by George Muller Complete and Unabridged, 2 Bände (Muskegon: Dust and Ashes, 2003), Bd. 1, S. 646.
  7. Ebd., Bd. 2, S. 732.
  8. Ebd., Bd. 2, S. 740.
  9. Ebd., Bd. 2, S. 834.
  10. Ebd., Bd. 1, S. 271.
  11. Ebd., Bd. 1, S. 272-273.
  12. Dallas Willard, »Spiritual Formation in Christ for the Whole Life and the Whole Person«, in: Vocatio 12 (Frühjahr 2001), S. 7.
  13.  »[Bunyan] studierte die Authorized Version …, bis seine ganze Sprache von ihr durchtränkt war. Und wenn das, was er geschrieben hat, auch eine faszinierende Dichtung ist, so fühle ich doch, wenn wir seine Pilgerreise … in die Hand nehmen, jedes Mal: ›Dieser Mann ist ja eine lebende Bibel!‹ Wo immer du ihn auch anzapfst, wirst du feststellen: Sein Blut ist Biblin, die Essenz der Bibel selbst. Er kann nicht sprechen, ohne ein Bibelwort zu zitieren, denn seine Seele ist voll des Wortes Gottes.« C.H. Spurgeon, Alles zur Ehre Gottes – Autobiographie (Wuppertal und Kassel: Oncken, 1984), S. 286.
  14. John Bunyan, Pilgerreise (Lahr: Johannis, 2001), S. 134.
  15. John Brown, John Bunyan: His Life, Times, and Work (London: The Hulbert Publishing Co., 1928), S. 364.
  16. Ein Weg, dies zu tun, ist das Programm Fighter Verse zu benutzen, das an unserer Gemeinde entwickelt wurde. Mehr Informationen dazu gibt es auf der Webseite http://www.desiringgod.org/fighterverses.
  17. Sie können das ganze Buch auf Englisch auf der Webseite http://www.fbcdurham.org lesen, unter dem Link »Writings«.
  18. Davis legt großen Wert darauf, die Nummern der Kapitel und der Verse auszusprechen, wenn Sie lange Stellen auswendig lernen. Er hat gute Gründe dafür. Nehmen Sie sie ernst und entscheiden Sie selbst. Ich spreche nicht die Nummern vor jedem Vers aus, wenn ich einen Abschnitt oder ein Kapitel auswendig lerne. Ein Grund dafür ist, dass ich die Worte im Gottesdienst und in der Andacht und in der Anbetung aufsagen möchte, wo die Versnummern im Fluss des Textes sich sehr künstlich anhören würden und ablenkend sein würden (zumindest für mich).
  19. Wesley L. Duewel, Let God Guide You Daily (Grand Rapids.: Francis Asbury Press, 1988), S. 77.
  20. Thomas Goodwin, »The Vanity of Thoughts«, in: The Works of Thomas Goodwin, 12 Bände (Eureka: Tanski Publications), Bd. 3, S. 526-527.
  21. C.S. Lewis, »On the Reading of Old Books«, in: God in the Dock (Grand Rapids: Eerdmans, 1970), S. 205.
  22. Ebd., S. 200.
  23. Michael S. Horton, »What Still Keeps Us Apart?«, in: Roman Catholicism: Evangelical Protestants Analyze What Divides and Unites Us, Hrsg. John H. Armstrong (Chicago: Moody, 1994), S. 253.
  24. C.S. Lewis, Überrascht von Freude (Gießen: Brunnen, 2004), S. 249.
  25. John Piper, God’s Passion for His Glory: Living the Vision of Jonathan Edwards (Wheaton: Crossway Books, 1998).
  26. Jonathan Edwards, The Works of Jonathan Edwards, Bd. 16, Letters and Personal Writings, Hrsg. George S. Claghorn (New Haven: Yale University Press, 1998), S. 753-755.
  27. Ebd., S. 801.
  28. Zitiert aus Ewald M. Plass (Zusammensteller), What Luther says: An Anthology in Three Volumes (St. Louis: Concordia Publishing House, 1959), Bd. 3, S. 1360.
  29. Heiko A. Oberman, Luther: Man Between God and the Devil (New York: Doubleday, 1992), S. 323.