Wenn die Freudenicht mehr da ist/Wie ein gerechtfertigter Sünder um Freude kämpfen

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English: When I Don't Desire God/Fighting for Joy Like a Justified Sinner

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Von John Piper Über Christian Hedonism
Kapitel 7 des Buches Wenn die Freudenicht mehr da ist

Übersetzung von Desiring God


… indem wir hinschauen auf Jesus, den Anfänger und Vollender des Glaubens, der um der vor ihm liegenden Freude willen die Schande nicht achtete und das Kreuz erduldete und sich gesetzt hat zur Rechten des Thrones Gottes.
Hebräer 12,2

Freue dich nicht über mich, meine Feindin! Denn bin ich gefallen, stehe ich wieder auf; wenn ich auch in Finsternis sitze, ist der HERR doch mein Licht. Das Zürnen des HERRN will ich tragen – denn ich habe gegen ihn gesündigt –, bis er meinen Rechtsstreit führt und mir Recht verschafft. Er wird mich herausführen an das Licht, ich werde seine Gerechtigkeit anschauen.
Micha 7,8-9

Ferner sah ich auch, dass es nicht meine gute Herzensverfassung war, die meine Gerechtigkeit besser machte, und ebenso wenig meine schlechte Verfassung, die meine Gerechtigkeit schlechter machte, denn meine Gerechtigkeit war Jesus Christus selbst – »derselbe gestern und heute und in Ewigkeit«. Jetzt fielen meine Ketten in der Tat von meinen Füßen. Ich wurde von meinen Bedrängnissen und Schellen gelöst; meine Versuchungen flohen ebenso davon, so dass von dieser Zeit an diese furchtbaren Schriften von Gott [über die unverzeihliche Sünde] aufhörten, mich zu plagen; jetzt ging ich auch nach Hause voller Freude über die Gnade und die Liebe Gottes.
John Bunyan
Grace Abounding to the Chief of Sinners[1]

Inhaltsverzeichnis

Das Geheimnis des »unerschrockenen« Schuldbewusstseins entdecken

Es gibt nichts Grundlegenderes für die Freude eines unwürdigen Volkes als das Kreuz Jesu Christi. Der Kampf um Freude ist ein Kampf, in dem es darum geht, zu begreifen und zu staunen, was beim Tod Christi geschah – und was dies über unseren leidenden Retter offenbart. Wenn Jesus nicht an unserer Stelle gestorben wäre, dann wäre die einzig mögliche Freude die Freude der Illusion – wie die Freude auf der Titanic, kurz bevor sie auf den Eisberg stieß. Ohne das Kreuz könnte man Freude nur aufrechterhalten, indem man die Unvermeidlichkeit des göttlichen Gerichts leugnet (bewusst oder unbewusst). Das ist in der Tat die Art von Freude, die die meisten Menschen in der Welt antreibt – eine Freude, die ihre Stärke bewahrt, indem sie blind gegenüber der bevorstehenden Gefahr ist. Wenn die Passagiere darauf aufmerksam gemacht würden, dass die meisten von ihnen innerhalb von ein paar Stunden im eisigen Ozean ertrinken würden, dann würde all ihr Feiern aufhören. Ihre Freude ist auf ihre Unwissenheit angewiesen.

Wenn die Passagiere jedoch wüssten, dass der Ozeandampfer sinken würde, aber auch wüssten, dass eine große Flotte vollkommen zuverlässiger Schiffe und Seeleute bereits auf dem Weg wäre und rechtzeitig ankommen würde, um alle zu retten, die ihren Anweisungen folgten, dann würde etwas ganz anderes passieren. Sicherlich: Das unbekümmerte Feiern würde aufhören, und eine große Ernsthaftigkeit würde sich auf der Titanic verbreiten; aber es würde eine andere Art der Freude geben – eine tiefe Empfindung der Dankbarkeit gegenüber den Rettern und eine tiefe Empfindung der Hoffnung, dass das Leben gerettet sein würde, auch wenn viele andere Dinge verloren gingen. Einige mögen durch ihren Unglauben in Panik geraten und am Versprechen der Rettung zweifeln. Doch andere würden die Kraft der Hoffnung erheben und große Taten der Liebe in Vorbereitung auf den kommenden Untergang vollbringen.

Titanic: Wir sind schlecht, und wir sind verurteilt

Jesus Christus kam als Sohn Gottes in die Welt, um für unsere Sünden zu sterben und uns von vielem zu befreien: dem Zorn Gottes, der Last der Schuld, der gerechten Bestrafung, der Sklaverei der Sünde, der Qual der Hölle und dem Verlust von allem, was gut ist – vor allem dem Verlust Gottes. Unser Problem ist nicht nur unsere eigene Schlechtigkeit, sondern viel mehr noch Gottes Verurteilung. Sicher, wir sind schlecht, oder wie die alten Theologen sagten, verdorben. Paulus sagte es auf diese Weise: »Alle [sind] unter der Sünde. … ›Da ist kein Gerechter, auch nicht einer‹« (Römer 3,9-10).

Diese Schlechtigkeit ist ein gewaltiges Hindernis auf dem Weg zu dauerhafter Freude. Wir begehren die falschen Dinge, und wir begehren die richtigen Dinge auf eine falsche Art und Weise. Und beides ist tödlich – wie wenn man gut schmeckendes Gift isst. Aber unsere Schlechtigkeit ist nicht unser größtes Hindernis auf dem Weg zur Freude. Gottes Zorn ist größer. Gott ist unendlich wertvoll, und wir haben ihn unendlich beleidigt, indem wir anderen Dingen einen höheren Wert gegeben haben. Wir haben »die Herrlichkeit … Gottes vertauscht « (Römer 1,23; Schlachter). Oder wie Paulus in Römer 3,23 sagt: Wir »erlangen nicht die Herrlichkeit Gottes«.

Folglich wird Gottes Heiligkeit und Gerechtigkeit ihn dazu bewegen, die Rechnung mit uns durch seinen Zorn auszugleichen. »Wer aber dem Sohn nicht gehorcht, wird das Leben nicht sehen, sondern der Zorn Gottes bleibt auf ihm« (Johannes 3,36). »Verflucht ist jeder, der nicht bleibt in allem, was im Buch des Gesetzes geschrieben ist, um es zu tun!« (Galater 3,10). Die Konsequenz dieses Fluchs und Zorns ist ewige Qual getrennt von der Herrlichkeit Gottes. »Die dem Evangelium unseres Herrn Jesus nicht gehorchen … werden Strafe leiden, ewiges Verderben vom Angesicht des Herrn und von der Herrlichkeit seiner Stärke« (2. Thessalonicher 1,8-9). Der Eisberg da vorn ist nicht ewige Fröhlichkeit, sondern nur Jammer.

Durch unsere Sünde befinden wir uns auf einer verlorenen Titanic – jeder von uns, ohne Ausnahme. »Jeder Mund [ist] verstopft … und die ganze Welt dem Gericht Gottes verfallen« (Römer 3,19). Das sündige Schiff unseres Lebens bewegt sich aufgrund von Gottes Gerechtigkeit und Zorn auf ewiges Verderben zu. Das ist die Wahrheit, die wir von unseren Gedanken fern halten müssten, um auf der Titanic dieser Welt glücklich zu sein – wenn es keinen Retter gäbe.

Jesus Christus ist ein großartiger Retter von all dem, was Freude zerstört

Aber wir sind nicht ohne einen Retter. Jesus Christus ist gekommen. Und er ist ein großartiger Retter. Ein jedes Bedürfnis, das wir haben – er erfüllt es. Und sein Tod am Kreuz ist der Preis, der eine jede Gabe erkauft, die zu tiefer und bleibender Freude führt.

Hängt Zorn und Fluch über uns?

Christus hat uns losgekauft von dem Fluch des Gesetzes, indem er ein Fluch für uns geworden ist – denn es steht geschrieben: ›Verflucht ist jeder, der am Holz hängt!‹ (Galater 3,13).

Gibt es Verdammnis für uns im Gerichtssaal des Himmels?

Wer wird gegen Gottes Auserwählte Anklage erheben? Gott ist es, der rechtfertigt. Wer ist, der verdamme? Christus Jesus ist es, der gestorben … ist (Römer 8,33-34).

Gibt es unzählige Vergehungen, die sich zu unserem Nachteil anhäufen?

In ihm haben wir die Erlösung durch sein Blut, die Vergebung der Vergehungen, nach dem Reichtum seiner Gnade (Epheser 1,7).

Wird Gerechtigkeit verlangt, die wir nicht vollbringen können?

Den, der Sünde nicht kannte, hat er für uns zur Sünde gemacht, damit wir Gottes Gerechtigkeit würden in ihm (2. Korinther 5,21). Durch den Gehorsam des einen [werden] die vielen in die Stellung von Gerechten versetzt (Römer 5,19).

Sind wir vom ewigen Leben abgeschnitten?

Denn so hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren geht, sondern ewiges Leben hat (Johannes 3,16).

Sind wir gefangen in der Herrschaft der Sünde, die unser Leben zerstört?

… der unsere Sünden an seinem Leib selbst an das Holz hinaufgetragen hat, damit wir, den Sünden abgestorben, der Gerechtigkeit leben (1. Petrus 2,24). Für alle ist er gestorben, damit die, welche leben, nicht mehr sich selbst leben, sondern dem, der für sie gestorben und auferweckt worden ist (2. Korinther 5,15).

Werden all die Torheiten und all das Versagen unserer Vergangenheit uns mit endgültigen, zerstörerischen Konsequenzen nach unten ziehen?

Wir wissen aber, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Guten mitwirken, denen, die nach seinem Vorsatz berufen sind (Römer 8,28).

Haben wir alle guten Dinge, die Gott für seine Kinder geplant hat, verloren?

Er, der doch seinen eigenen Sohn nicht verschont, sondern ihn für uns alle hingegeben hat: wie wird er uns mit ihm nicht auch alles schenken? (Römer 8,32).

Gibt es überhaupt Hoffnung, dass Sünder wie wir eine Ewigkeit mit Gott verbringen können, in der wir eine vollkommene Zufriedenheit finden? Kann ich jemals zu Gott nach Hause kommen?

Denn es hat auch Christus einmal für Sünden gelitten, der Gerechte für die Ungerechten, damit er uns zu Gott führe(1. Petrus 3,18).

Oh, was für eine große Errettung Jesus Christus vollbracht hat, als er starb und wieder auferstand! All das, und noch viel mehr, hat Christus durch seinen Tod erkauft. Deshalb ist der gekreuzigte Christus die Grundlage aller wahren und ewigen Freude. Selbsttäuschung ist nicht notwendig, um diese Freude zu haben. Jegliche Täuschung muss in der Tat aufhören, um die Fülle dieser Freude zu haben.

Der Geschmack und die Hoffnung der Freude stärkten Christus in seinem Leiden

In seiner eigenen Seele verknüpfte Christus selbst die Freude mit dem Kreuz. In Hebräer 12,2 heißt es, dass er für die »vor ihm liegende Freude … das Kreuz erduldete «. In seinem eigenen Herzen stärkte ihn die unerschütterliche Hoffnung der Freude mit dem Vater während seines letzten Leidens. Christus kannte die Freude mit dem Vater aus Erfahrung schon vor der Schöpfung. In der Nacht, bevor er starb, betete er: »Und nun verherrliche du, Vater, mich bei dir selbst mit der Herrlichkeit, die ich bei dir hatte, ehe die Welt war!« (Johannes 17,5).

Aber Jesus wusste auch, dass dieses Gebet von seinem Gehorsam gegenüber dem Vater abhängig war. Er musste das große Werk der Errettung durch absichtlichen Tod vollbringen. Paulus sagt, dass Jesus »gehorsam bis zum Tod, ja, zum Tod am Kreuz« wurde, und »darum hat Gott ihn auch hoch erhoben und ihm den Namen verliehen, der über jeden Namen ist« (Philipper 2,8-9). Das Wort »darum« bedeutet, dass sein Gehorsam bis zum Tod der Grund dafür war, warum Gott Christus hoch erhoben hat und ihm die Herrlichkeit gegeben hat, die er mit dem Vater vor der Schöpfung hatte. Er kam, um Sünder zu retten. Als der Preis bezahlt war, war das Werk endgültig getan. Die Worte Jesu waren: »Es ist vollbracht!« (Johannes 19,30). Und Gott belohnte ihn mit großer Herrlichkeit.

Christus starb für seine Freude und unsere Freude

In einer Hinsicht starb Christus also für sein eigenes ewiges Leben und seine eigene ewige Freude. Er hatte keine Sünde begangen und brauchte nicht von der Schuld errettet zu werden. Er war schuldlos. Doch Gott sandte ihn, um zu sterben, und das nicht zu tun, wäre Ungehorsam. Und wenn er ungehorsam gewesen wäre, dann wäre weder sein noch unser ewiges Leben erreicht worden. Daher war der Tod Jesu das Mittel, mit dem er seinen Platz der Herrlichkeit mit dem Vater wiederbekam und in die Fülle seiner eigenen ewigen Freude eintrat. Seine Freude wurde mit dem Preis des Blutes von seinem eigenen gehorsamen Tod erkauft.

Das ist für uns von Bedeutung, weil Jesus möchte, dass seine Freude auch unsere Freude ist. Er sagte in Johannes 15,11: »Dies habe ich zu euch geredet, damit meine Freude in euch sei und eure Freude völlig werde.« Als Jesus seine eigene Freude mit dem Preis seines gehorsamen Todes erkaufte, erkaufte er auch unsere Freude. Er sagte es noch einmal in Johannes 17,13: »Jetzt aber komme ich zu dir [Vater]; und dieses rede ich in der Welt, damit sie meine Freude völlig in sich haben.« Genau diese Freude, die Jesus in der Gegenwart des Vaters haben würde, ist die Freude, für die er gestorben ist, damit wir sie haben.

Im Gleichnis von den Talenten sagt Jesus, der Herr, zu seinem treuen Knecht: »Recht so, du guter und treuer Knecht! … Geh hinein in die Freude deines Herrn« (Matthäus 25,23). Es ist zuerst seine Freude. Dann lädt er uns mit dazu ein. Als er auf Erden war, war die unerschütterliche Zuversicht, dass seine Freude bald vollkommen sein würde, das, was ihn in seinem Leiden stärkte. Und durch seinen Gehorsam erlangte er ewige Freude für sich selbst und für uns.

Die Fülle seiner und unserer Freude strömt aus seiner Herrlichkeit

Die Freude, für die er starb, um sie zu haben und uns geben zu können, ist Freude an der Herrlichkeit Gottes. Das wissen wir, denn nach dem Gebet, dass seine Freude völlig in ihnen sei (Johannes 17,13), betete er: »Vater, ich will, dass die, welche du mir gegeben hast, auch bei mir seien, wo ich bin, damit sie meine Herrlichkeit schauen, die du mir gegeben hast« (V. 24). Wegen seines Gehorsams erhob Gott Jesus, den Gott-Menschen, zu seiner Rechten und rief ihn als Gott und Retter aus – siegreicher Löwe und geopfertes Lamm, allmächtiger Herr und gehorsamer Diener. Auf diese Weise erlangte Jesus wieder die Fülle der göttlichen Herrlichkeit, die er mit Gott am Anfang hatte. Aber jetzt war sie vollkommener dargestellt, durch seinen erlösenden Gehorsam und Tod. Die Herrlichkeit des Vaters war der letztendliche Grund der Freude Jesu.

Und er betete, dass wir mit ihm sein würden, um diese Herrlichkeit zu sehen. Das würde unser Zutritt zur »Freude des Herrn« sein. Unsere Freude würde dann in seiner Freude erfüllt sein. Die Absicht und die Errungenschaft des Kreuzes Christi ist die ewige, immer wachsende Freude[2] seines Volkes, wenn es die Herrlichkeit Christi sieht und genießt. Jesus starb, um das für uns zu erlangen – selbst zu der Zeit, als wir noch Sünder waren. Deswegen gibt es nichts Grundlegenderes für die Freude eines unwürdigen Volkes als das Kreuz Jesu Christi.

Das Evangelium steht im Mittelpunkt des Kampfes um Freude

Deshalb müssen wir im Kampf um Freude diese Wahrheit annehmen und sie uns selbst predigen. Das Evangelium des gekreuzigten und auferstandenen Christus ist dazu bestimmt, zu der Seele gepredigt zu werden – sowohl im gemeinsamen Gottesdienst, wo wir es Woche für Woche hören, als auch Stunde für Stunde, wenn wir es uns selbst predigen in unserem täglichen Kampf um Freude. Die Botschaft des Kreuzes hat einen zentralen und einzigartigen Platz im Kampf um Freude. Paulus setzte das Evangelium in eine Klasse für sich, als er sagte: »Mir aber sei es fern, mich zu rühmen als nur des Kreuzes unseres Herrn Jesus Christus« (Galater 6,14). Auf ähnliche Weise sagte er auch: »Ich nahm mir vor, nichts anderes unter euch zu wissen, als nur Jesus Christus, und ihn als gekreuzigt« (1. Korinther 2,2).

Das sind weitreichende Aussagen. Kein Rühmen außer in dem Kreuz! Und kein Wissen, das nicht ein Wissen von Christus, und ihn als gekreuzigt, ist! Ein jedes Rühmen unsererseits von etwas Gutem muss das Rühmen beinhalten, dass wir ohne dem Kreuz die Hölle haben würden und nicht dieses Gute. Alles, was wir wissen, muss das Wissen beinhalten, dass wir nichts richtig wissen, außer in Bezug auf den gekreuzigten Christus.

Haben Gläubige es nötig, das Predigen des Kreuzes zu hören?

Daher muss das Kreuz im Kampf um Freude eine zentrale Position innehaben. Wir müssen uns jede Woche am Tag des Herrn unter das Predigen des Kreuzes begeben, und wir müssen es uns selbst predigen, jeden Tag und während des ganzen Tages. Vernachlässigen Sie nicht das gemeinschaftliche Hören des gepredigten Wortes vom Kreuz. Ich betone die Formulierung »des gepredigten Wortes«, weil ich daran glaube, dass Gott bestimmt hat, dass das Wort des Kreuzes – und alles in Bezug auf das Kreuz – gepredigt sein soll, und nicht nur gelehrt oder diskutiert.

Das sagt Ihnen vielleicht nicht viel, weil Sie vielleicht wenig Erfahrung mit wahrem Predigen haben. J.I. Packer sagt, dass das seine Erfahrung war, bis er im Alter von 22 Jahren im Schuljahr 1948/49 Martyn Lloyd-Jones in der Westminster Chapel hörte. Packer hörte Lloyd-Jones jeden Sonntagabend predigen. Er sagte, dass er »ein solches Predigen niemals gehört« hatte. Das Predigen erreichte ihn »mit der Kraft eines Elektroschocks, und es brachte mindestens einem seiner Zuhörer eine größere Empfindung für Gott als für irgendeinen anderen«. Packer sagte, es sei durch dieses Predigen gewesen, dass er über »die Größe Gottes und die Größe der Seele« lernte. Des Weiteren sagte er: »Martyn Lloyd-Jones zuzuhören war, wie wenn man ein ganzes Orchester spielen hört, nachdem man nur ein einziges Klavier gehört hatte.«[3]

Ich möchte damit nicht sagen, dass Sie einen Martyn Lloyd-Jones finden müssen, dem Sie jeden Sonntag im Gottesdienst zuhören können. Es gab nur einen Lloyd-Jones. Es geht nicht um die Persönlichkeit, sondern um Tiefe und Ernsthaftigkeit und eine Empfindung für das Gewicht der Herrlichkeit. Es geht um tief empfundene Strenge in der Auslegung der Schrift, die mit einer anbetenden Empfindung des Frohlockens über die Schönheit der Wahrheit Gottes angekündigt wird (nicht nur diskutiert oder analysiert wird).

Wenn Paulus Timotheus ermahnt: »Predige das Wort« (2. Timotheus 4,2), dann gibt es zwei Dinge, die mich denken lassen, dass er uns ermutigen würde, das Wort im Rahmen einer Gottesdienst-Versammlung zu hören. Das eine ist, dass es im Zusammenhang dieser Stelle um die »Unterweisung in der Gerechtigkeit « (2. Timotheus 3,16) für die Gemeinde geht, nicht hauptsächlich um die Evangelisation unter Ungläubigen. Mit anderen Worten meint Paulus: »Predige das Wort zu Gläubigen.« Das andere ist, dass das Wort »Predige« hier ein griechisches Wort (kēryxon) ist, das »verkünden« bedeutet. Es war die Arbeit eines Menschen, der für öffentliche Bekanntmachungen der Regierungsbeamten zuständig war, als es noch kein Radio, kein Fernsehen und keine gedruckten Medien gab. Diese Art der Rede hat eine Gesinnung des Frohlockens und der Ernsthaftigkeit. Das Predigen ist Teil der Anbetung. Wenn es in der Kraft des Heiligen Geistes geschieht, ist es Anbetung. Es ist erklärendes Frohlocken. Der Prediger betet an über dem Wort, das er ausruft. Es gibt Wahrheit, die vom Heiligen Geist kommt, und es gibt Leidenschaft, die vom Heiligen Geist kommt. Und die Wirkung auf Gottes Volk ist, Aspekte der Freude an Christus zu erwecken, die auf keine andere Weise aufkommen können.

Bitte stellen Sie sich keinen vornehmen, gut erleuchteten Gemeindesaal mit Kirchenbänken aus Buchenholz und einer weißen Kanzel vor. Denken Sie nicht einmal an einen niedrigen Mehrzwecksaal mit Teppich und Stühlen und einem Keyboard. Denken Sie an eine Lehmhütte mit einem Blechdach oder an eine Höhle mit Fackeln oder an ein Strohdach auf Pfählen ohne Mauern oder an ein einfaches Wohnzimmer mit weggerückten Möbeln oder an einen Flecken Gras unter einem Baum. Und stellen Sie sich nicht Tausende von Zuhörern und die beste Akustik vor. Stellen Sie sich acht oder zwanzig oder vierzig Gottesdienstbesucher vor. Selbst in einem kleinen Rahmen mit wenigen Menschen kann Predigen geschehen. Der Prediger wird seine Stimme anders gebrauchen, aber die wesentlichen Bestandteile der Leidenschaft und der Ernsthaftigkeit und des erklärenden Frohlockens können gegenwärtig sein. Sie sollten gegenwärtig sein. Das Wort des Kreuzes ist eine Art Botschaft – eine unvergleichlich gute Botschaft –, die eine solche Art des Ankündigens fordert, auch für ein Dutzend Heilige.

Was ist, wenn ich kein wahres Predigen bekommen kann?

Die Frage wird sicherlich gestellt werden: Wie kämpfe ich mit dieser Waffe um Freude, wenn ich an einem Ort ohne eine solche Art der Gottesdienst-Versammlung wohne? Was ist, wenn die Prediger nicht an die Bibel glauben? Oder was ist, wenn sie nicht das Wort des Kreuzes, sondern nur das Wort der menschlichen Erfahrungen predigen? Oder was ist, wenn all die Bedeutung und Ernsthaftigkeit fehlt und die Leiter entschlossen scheinen, hauptsächlich spaßig zu sein? Oder was ist, wenn ich ans Haus gefesselt bin und nicht den Gottesdienst besuchen kann? Als Antwort auf diese Fragen verstehen Sie mich bitte nicht so, dass das Hören des Predigens über das Kreuz der einzige Pfeil in Ihrem Köcher wäre. Es ist gut. Es ist wichtig. Gott lässt Gemeinden entstehen, und das Predigen dort ist eine seiner Absichten. Über lange Zeit hinaus schadet es uns, wenn wir es nicht haben.

Aber Gott ist gnädig und kann unsere Bedürfnisse stillen, wenn wir keinen Zugang zu einer Gemeinde haben, die das Wort des Kreuzes predigt. Er wird Ihnen im Nachsinnen über das Wort begegnen. Er wird Ihnen in der Familienandacht begegnen. Er wird Ihnen in Kleingruppen begegnen, wo das Wort diskutiert und angewandt wird, auch wenn niemand dort ist, der zum Predigen berufen und begabt ist. Er wird Ihnen durch das Predigen im Radio oder im Fernsehen oder im Internet oder auf Kassetten oder CDs begegnen. Das ist alles nicht dasselbe wie die lebendige Stimme im Zusammenhang von Anbetung und Gemeinschaft. Aber es sind gute Dinge, und Gott kann sich dadurch mächtig offenbaren.

Dennoch ist es ein biblisches Ziel und eine biblische Norm für Christen, Teil einer Gottesdienst-Versammlung zu sein, wo das Wort des Kreuzes gepredigt wird. Gott bestimmt das für unsere Freude. Das Wort zu erforschen ist gut. Meditation ist gut. Diskussion ist gut. Analysieren und Erklären sind gute Dinge. Aber Predigen ist auch gut, und Gott ruft uns dazu auf, den Segen zu genießen, wenn das Wort des Kreuzes im Herzen eines gottesfürchtigen Predigers explodiert und im Gemüt und Herzen eines anbetenden Volkes in Frohlocken überfließt. Der Kampf um Freude verliert eine seiner Waffen, wenn man nicht regelmäßig das Evangelium gepredigt hört. Gott kann dies für uns auf anderem Wege ausgleichen. Aber Predigen ist eine kostbare Gabe Gottes an die Gemeinde. Wenn die Gemeinde über »das Wort vom Kreuz« frohlockt, dann wird es für »uns aber, die wir errettet werden, … Gottes Kraft« (1. Korinther 1,18).

Mit dem Brot und dem Kelch um Freude kämpfen

Wir sollten nicht vergessen, dass die Teilnahme am Abendmahl mit Gottes Volk eine Art des Predigens ist, die ebenfalls dazu bestimmt ist, die Freude des Volkes Christi zu nähren. »Denn sooft ihr dieses Brot esst und den Kelch trinkt, verkündigt ihr den Tod des Herrn, bis er kommt« (1. Korinther 11,26). Das Austeilen und Einnehmen des Abendmahls ist eine Handlung, in der der Tod und die Auferstehung Christi verkündigt werden. Durch diese Verkündigung mit dem Brot und dem Kelch wird unsere Freude genährt.

Christus hat bestimmt, dass wir uns an den Segnungen von Golgatha geistlich laben sollen, wenn wir das Brot essen und von dem Kelch trinken. »Der Kelch der Segnung, den wir segnen, ist er nicht die Gemeinschaft des Blutes des Christus? Das Brot, das wir brechen, ist es nicht die Gemeinschaft des Leibes des Christus?« (1. Korinther 10,16). Wir haben Gemeinschaft am Kelch und am Brot, indem wir uns an dem laben, was das Blut und der Leib Christi für uns erlangt haben, als er starb, insbesondere die Vergebung der Sünden, die Gabe der Gerechtigkeit und unaufhörliche persönliche Gemeinschaft mit Christus und seinem Vater. Aus diesem Grund ist eine regelmäßige Anwesenheit am Tisch des Herrn eine große Waffe im Kampf um Freude.

Für Freude predigen und zur Ehre Gottes predigen

Das Predigen des Wortes vom Kreuz ist für unsere Freude bestimmt, weil es zur Ehre Gottes bestimmt ist. Jonathan Edwards sah deutlicher als die meisten anderen Menschen, dass das Predigen zur Ehre Gottes Folgen für die Rolle des Predigens im Kampf um Freude hatte. Eine seiner großen Einsichten war: »Gott wird nicht nur verherrlicht, wenn man seine Herrlichkeit sieht, sondern auch, wenn man sich daran erfreut.«[4] Er kam deshalb zu dem Schluss, dass das Ziel des Predigens Freude an der Herrlichkeit Gottes sein muss. Und so beschrieb er sein Predigen auf diese Weise: »Ich halte es für meine Pflicht, die Zuneigungen meiner Zuhörer so hoch, wie ich es nur kann, zu erheben, vorausgesetzt, dass sie nur Auswirkungen der Wahrheit sind und dass es Zuneigungen sind, die nicht mit der Natur dessen, woher sie kommen, im Widerspruch stehen.«[5] Wahrheit und Zuneigungen. Glaubenslehre und Freude. Beides ist entscheidend. Wenn das Wort vom Kreuz auf diese Weise gepredigt wird, dann ist das ein schwerer Schlag gegen die Freudlosigkeit von Gottes Volk. Und das ist ein Schlag zur Ehre Gottes.

Zum Prediger werden und sich selbst das Evangelium predigen

Aber jetzt kommen wir zurück zu der anderen Art des Predigens, die ich erwähnt habe. Wir sollten nicht nur Predigten anhören; wir sollten auch selbst Prediger werden, indem wir das Wort vom Kreuz jeden Tag uns selbst predigen. Wir dürfen uns nicht nur darauf verlassen, dass man zu uns predigt, sondern sollten zu guten Predigern für unsere eigene Seele werden. Das Evangelium ist Gottes Kraft, um uns freudig zur letztendlichen Errettung zu führen, wenn wir es uns selbst predigen. Martyn Lloyd-Jones (1899-1981) betonte diese Wahrheit. Er war Pastor der Westminster Chapel in London von 1943 bis 1968 und predigte eine Reihe von Botschaften, die 1964 als eines seiner hilfreichsten und beliebtesten Bücher veröffentlicht wurden: Geistliche Krisen und Depressionen – Ursachen und Überwindung. Ich empfehle das Buch sehr. Er schreibt aus der folgenden Überzeugung heraus:

Ich glaube, dass die größte Notwendigkeit heute eine neu erwachte und frohe Kirche ist. … Nichts ist … wichtiger, als dass wir uns aus einem Zustand befreien, der anderen Menschen den Eindruck vermittelt, dass Christ-sein gleichzusetzen ist mit Unglücklich-sein, Traurig-sein, Krankhaft-sein, und dass ein Christ jemand ist, der »Freuden verachtet und sein Leben in Mühsal verbringt«. … Christen scheinen zu oft niedergeschlagen zu sein und vermitteln zu oft den Anschein von Trauer, Mangel an Freiheit und fehlender Freude. Es steht völlig außer Frage, dass dies der Hauptgrund dafür ist, dass eine große Anzahl Menschen das Interesse am Christentum verloren hat.[6]

Sein Buch ist eine Auslegung von Psalm 42, insbesondere Vers 6: »Was betrübst du dich, meine Seele, und bist so unruhig in mir? Harre auf Gott; denn ich werde ihm noch danken, dass er meines Angesichts Hilfe und mein Gott ist« (Luther 1984). Eine der vielen Dinge, die Lloyd-Jones in diesem Vers sieht, ist die Tatsache, dass der Psalmist zu sich selbst predigt. Er wendet das auf uns an:

Haben Sie sich klar gemacht, dass der Kummer in Ihrem Leben zum größten Teil der Tatsache zuzuschreiben ist, dass Sie auf Ihr Selbst hören, anstatt dass Sie zu Ihrem Selbst reden? Betrachten Sie einmal die Gedanken, die Ihnen so beim Aufwachen kommen. Sie haben sie nicht in Gang gesetzt, aber sie beginnen, zu Ihnen zu sprechen, sie bringen die Probleme von gestern wieder zurück, usw. Jemand spricht. Wer spricht zu Ihnen? Ihr Selbst spricht zu Ihnen. Die Methode des Psalmisten war dies [in Psalm 42]: Anstatt dieses Selbst zu sich reden zu lassen, begann er mit dem Selbst zu sprechen. »Was betrübst du dich, meine Seele?«, so fragt er. Seine Seele hatte ihn niedergedrückt, erdrückt. Daher erhebt er sich und sagt: »Selbst, höre einmal, ich spreche mit dir.«[7]

Überlassen Sie sich nicht der Opfer- Mentalität, sondern trotzen Sie sich selbst

Das ist eine tiefgründige Lektion. Viel zu viele Christen sind in ihrem Kampf um Freude passiv. Sie erzählen mir etwas über ihren Zustand der Freudlosigkeit, und wenn ich sie nach den Arten von Strategien frage, die sie angewandt haben, um diesen Feind zu besiegen, dann hinterlassen sie den Eindruck, dass sie ein hilfloses Opfer sind: »Freudlosigkeit ist einfach da. Was kann ich tun?« Nun, Gott beabsichtigt nicht, dass wir passiv sind. Er möchte, dass wir den Kampf des Glaubens kämpfen – den Kampf um Freude. Und die Hauptstrategie ist, sich selbst das Evangelium zu predigen. Es ist Krieg. Satan ist schon am Predigen, das ist sicher. Wenn wir passiv bleiben, dann überlassen wir ihm das Feld.

Lloyd-Jones geht daher ins Detail und wird deutlich:

Die größte Kunst im geistlichen Leben besteht darin, zu wissen, wie man mit sich selbst umgehen muss. Sie müssen an sich arbeiten, Sie müssen sich selbst ansprechen, sich selbst belehren und kritisieren. … Sie müssen Ihr Selbst antreiben, tadeln, verurteilen, ermutigen, und Sie müssen ihm sagen: »Hoffe auf Gott« – anstatt auf diese deprimierte und unglückliche Art und Weise zu jammern. Und dann müssen Sie sich an Gott erinnern: wer er ist, … was er getan hat und was er tun möchte. Und wenn Sie das gemacht haben, enden Sie mit Folgendem: Trotzen Sie sich selbst, trotzen Sie anderen Menschen, trotzen Sie dem Teufel und der ganzen Welt, und sagen Sie mit dem Psalmisten: »Denn ich werde ihm noch danken, dass er mir hilft mit seinem Angesicht« und »dass er meines Angesichts Hilfe und mein Gott ist«.[8]

Das Wort vom Kreuz – »das Evangelium der Herrlichkeit Christi« – ist die Hauptquelle für die Wahrheit darüber, »wer Gott ist« und »was Gott getan hat« und »was Gott gelobte zu tun«. Das sind die großen Entmutigungstöter. Sie sind alle im Evangelium. In der Endanalyse ist es das Kreuz Christi allein, das die Freudentöter in unserem Leben töten kann.

Natürlich ist das »Selbst« nicht die einzige Stimme, die zu uns in unserem Kopf spricht. Der Teufel tut das auch, ebenso wie andere Menschen, wenn wir ihre Bemerkungen in unserem Gedächtnis wieder hervorkramen. Wenn also Lloyd-Jones uns auffordert, uns selbst zu predigen, dann weiß er, dass wir uns an all diese Freude tötenden Botschaften richten müssen. Deshalb spricht er davon, sich selbst, anderen Menschen und Satan zu trotzen. Wenn wir uns selbst das Evangelium predigen, dann richten wir uns an jedes Wort eines jeden Feindes jeglicher Art.

Die Lehre der Rechtfertigung und der Kampf um Freude

Lassen Sie uns jetzt ein großartiges Beispiel dieses Predigens in Betracht ziehen, das mir durch viele dunkle Zeiten durchgeholfen hat. Es kommt von einer unwahrscheinlichen Stelle: vom Propheten Micha, der 700 Jahre vor Christus predigte und eine der praktischsten Anwendungen in der ganzen Bibel für die große Wahrheit der Rechtfertigung allein durch den Glauben gab. Diese Lehre liegt im Herzen des Evangeliums. Es ist der Kern des Wortes vom Kreuz. Bevor wir also Michas Anwendung dieser Lehre in Bezug auf seinen dunklen und elenden Zustand in Betracht ziehen, wollen wir erst klarstellen, was Rechtfertigung ist. Wir werden dann bald wieder zu Micha zurückkommen.

Die Lehre der Rechtfertigung besagt, dass die Abhilfe für meine Entfremdung von Gott zunächst eine juristische Angelegenheit ist, und erst danach eine moralische Angelegenheit. Zuerst muss ich rechtlich gesehen von der Schuld freigesprochen werden und eine Gerechtigkeit angerechnet bekommen, die ich nicht habe. Das heißt, ich muss im Gerichtssaal des Himmels für gerecht erklärt werden, wo Gott als Richter sitzt und wo ich durch sein Gesetz verurteilt stehe. Das ist es, was das Wort rechtfertigen bedeutet: nicht gerecht machen, sondern gerecht erklären. Das wird in Lukas 7,29 deutlich, wo steht, dass die Menschen Gott »rechtfertigten« (unrev. Elberfelder)! Das heißt: Sie erklärten, dass Gott gerecht war. Sie haben Gott nicht gerecht gemacht. Der Unterschied ist, dass wir Sünder sind und keine eigene Gerechtigkeit haben. Wir sollten sie haben, aber wir haben sie nicht. Das ist der Grund, warum wir schuldig und für ewige Bestrafung bestimmt sind.

Um uns einen Weg der Errettung zu eröffnen, sandte Gott Christus, der ein perfektes göttlich-menschliches Leben führen und einen gehorsamen Tod sterben sollte. Auf diese Weise wurde Christus sowohl zur stellvertretenden Strafe für unsere Sünden (Matthäus 26,28; 1. Korinther 15,3; 1. Petrus 3,18) als auch zur stellvertretenden Erfüllung für unsere Gerechtigkeit (Römer 5,19; 10,4; 2. Korinther 5,21; Philipper 3,9). Deshalb ist im Gerichtssaal Gottes meine Schuld der Sünde durch das Blut Christi beseitigt (»In ihm haben wir die Erlösung durch sein Blut, die Vergebung der Vergehungen« [Epheser 1,7]), und mein Rechtsanspruch auf den Himmel ist durch den Gehorsam Christi vorgesehen (»So werden auch durch den Gehorsam des einen die vielen in die Stellung von Gerechten versetzt werden« [Römer 5,19]). Ich werde für gerecht erklärt – frei von der Strafe der Sünde und jetzt mit einem Rechtsanspruch auf den Himmel. Das ist es, was wir unter Rechtfertigung verstehen.

Die Freude, zu sehen, dass Rechtfertigung allein durch den Glauben geschieht

Der Schlussstein der Rechtfertigung besteht darin, dass sie allein durch den Glauben geschieht, ohne Gesetzeswerke. Paulus sagte: »Wir urteilen, dass der Mensch durch Glauben gerechtfertigt wird, ohne Gesetzeswerke« (Römer 3,28). Dann verglich er zwei Weisen, wie Sünder versuchen, mit Gott alles in Ordnung zu bringen. Die eine ist durch Arbeit, um Akzeptanz zu verdienen; die andere ist durch Vertrauen in den völlig freien Gnadenakt, der denen Akzeptanz gibt, die ihn einfach als eine kostbare Gabe empfangen. »Dem aber, der Werke tut, wird der Lohn nicht angerechnet nach Gnade, sondern nach Schuldigkeit. Dem dagegen, der nicht Werke tut, sondern an den glaubt, der den Gottlosen rechtfertigt, wird sein Glaube zur Gerechtigkeit gerechnet« (Römer 4,4-5).

Für die »Gottlosen« – die wissen, dass sie auf der Titanic sind und der Vernichtung entgegensteuern – ist die beste Nachricht in der ganzen Welt die Nachricht, dass Gott sie wegen Christus allein durch den Glauben als gerecht ansehen wird. Das ist der große Grund zur Freude im Wort vom Kreuz: Rechtfertigung ist allein aus Gnade (nicht mit unserem Verdienst vermischt) und allein durch den Glauben (nicht mit unseren Werken vermischt) und allein auf der Grundlage Christi (nicht seine Gerechtigkeit mit unserer vermischt) und allein zur Ehre Gottes (nicht zu unserer Ehre).

Das Verwechseln von Rechtfertigung und Heiligung wird Freude töten

Dann, und nur dann, auf der Basis dieser Vergebung und dieser Erklärung der Gerechtigkeit, gibt Gott uns seinen Heiligen Geist, um uns moralisch und fortschreitend in das Bild seines Sohnes zu verwandeln. Diese fortschreitende Veränderung ist nicht die Rechtfertigung, aber sie basiert auf der Rechtfertigung. Diese Veränderung ist das, was wir Heiligung nennen. »Nun aber, da ihr von der Sünde frei und Gott dienstbar geworden seid, habt ihr als eure Frucht die Heiligung, als Ende aber das ewige Leben« (Römer 6,22). Zuerst muss die Rechtsfrage geklärt werden. Im Gerichtssaal des Himmels wird ein gottloser Sünder allein durch den Glauben für gerecht erklärt! Die Gerechtigkeit Christi wird ihm angerechnet. Er hat keine eigene Gerechtigkeit, wenn Gott ihn annimmt (Philipper 3,9). Sein Glaube besteht nur aus Empfangen. Er ist noch nicht liebevoll geworden. Christi treues Leben der Liebe, das das Gesetz Gottes perfekt erfüllt hat, wird dem Gottlosen angerechnet. Das ist Rechtfertigung. Das ist die Rechtsfrage, die zuerst geklärt wird.

Wenn diese Frage geklärt ist – und das passiert in einem Augenblick –, dann kommt der moralische Prozess in Gang (Heiligung). Beides sind Gaben, und beide sind durch das Blut Christi erkauft. Sie sind untrennbar voneinander, aber unterschiedlich. Beide sind allein durch den Glauben. Die Rechtfertigung ist allein durch den Glauben, weil nur der Glaube die Erklärung annimmt, dass der Gottlose als gerecht angesehen wird. Heiligung ist allein durch den Glauben, weil nur der Glaube die Kraft bekommt, die Frucht der Liebe zu tragen. Im Kampf um Freude ist es entscheidend, dass wir Rechtfertigung und Heiligung nicht verwechseln oder vereinigen. Wenn wir sie verwechseln, dann wird es letztendlich das Evangelium untergraben und Rechtfertigung durch den Glauben zu Rechtfertigung durch Leistung machen. Wenn das passiert, dann wird die große Waffe des Evangeliums im Kampf um Freude aus unseren Händen fallen.

Zu dem werden, was man ist

Die Bibel spricht von unseren Taten in Beziehung zu unserer Stellung in Christus. Sie tut das, zum Beispiel, indem sie uns gebietet, zu dem zu werden, was wir sind. In zeremonieller Sprache des Alten Testaments sagt Paulus: »Fegt den alten Sauerteig aus, damit ihr ein neuer Teig seid, wie ihr ja bereits ungesäuert seid!« (1. Korinther 5,7). Mit anderen Worten: »Werdet zu dem, was ihr seid. Ihr seid ungesäuert (sündlos in Christus); deshalb werdet ungesäuert (sündlos in der Praxis).« 

Perfekte Sündlosigkeit wird es in diesem Leben nicht geben, aber wir bewegen uns darauf zu. Paulus sagte das ganz deutlich: »Nicht, dass ich es schon ergriffen habe oder schon vollendet bin; ich jage ihm aber nach, ob ich es auch ergreifen möge, weil ich auch von Christus Jesus ergriffen bin« (Philipper 3,12). »Also diene ich nun selbst mit dem Sinn dem Gesetz Gottes, mit dem Fleisch aber dem Gesetz der Sünde« (Römer 7,25). Doch das Prinzip ist klar: Kämpfen Sie um Freude, nicht indem Sie Dinge tun, die Ihre Identität bei Gott bewirken, sondern indem Sie zu dem werden, was Ihre Identität bei Gott in Christus schon ist. Werden Sie zu dem, was Sie sind.

Wir werden aus Gnade allein durch den Glauben gerechtfertigt, wegen unserer Vereinigung mit Christus, dessen Gerechtigkeit als unsere angerechnet wird. Aufgrund dieser Vereinigung mit Christus sind wir bereits gestorben und auferstanden und heilig und Licht. Das Geheimnis unverfälschter Freude im Kampf mit der Sünde ist, darum zu kämpfen, zu dem zu werden, was wir in Christus sind. Wir sind bereits tot mit Christus (Römer 6,5-6), deshalb »haltet euch der Sünde für tot, Gott aber lebend in Christus Jesus!« (Römer 6,11). Wir sind bereits mit Christus zusammen lebendig gemacht (Epheser 2,5), deshalb »sucht, was droben ist« (Kolosser 3,1). Wir sind bereits heilig in Christus (Kolosser 3,12), deshalb »seid … im ganzen Wandel heilig!« (1. Petrus 1,15). Wir sind schon jetzt das Licht der Welt in Christus (Matthäus 5,14), deshalb »lasst euer Licht leuchten« (Matthäus 5,16; Luther 1984).

All das ist eine andere Art, um zu sagen: Leben Sie wie ein gerechtfertigter Sünder. Schließen Sie keinen Frieden mit der Sünde in Ihrem Leben. Wenn Sie mit der Sünde Frieden schließen und sich mit ihr als Langzeit-Partner niederlassen, dann zeigen Sie damit, dass Sie nicht mit Christus vereint sind. In der Vereinigung mit Christus passieren zwei Dinge: Seine Gerechtigkeit wird uns angerechnet, und dadurch bekommen wir einen neuen Impuls, zu dem zu werden, was wir sind. Die große Evangeliums-Waffe im Kampf um Freude ist die felsenfeste Realität, dass wir allein durch den Glauben als gerecht in Christus angesehen werden. Diese angerechnete Gerechtigkeit existiert nur aufgrund seiner Leistung, nicht unserer. Durch unser Verhalten werden wir stufenweise zu dem, was wir in ihm und durch ihn sind.

Diese Evangeliums-Waffe ist nur wirksam, solange wir die Grundlage unserer Rechtfertigung frei von unserer eigenen Leistung halten. Gott nimmt uns an auf der Grundlage der Gerechtigkeit Christi, nicht unserer Gerechtigkeit. Natürlich ist unsere allmähliche Heiligung – unser allzu langsames Wachstum in die Ähnlichkeit Christi – von Bedeutung. Es ist das notwendige Anzeichen dafür, dass unser Glaube echt ist.[9] Und was für einen Unterschied macht es doch, sicher zu sein, in der entmutigenden Dunkelheit unserer eigenen Unvollkommenheit, dass wir eine vollkommene Gerechtigkeit haben – nämlich die Gerechtigkeit Christi.

John Bunyan: »Jetzt ging ich auch nach Hause voller Freude« 

Das war auch die Erfahrung von John Bunyan. Er erzählt seine Geschichte, um uns zu ermutigen, uns an der Lehre der Rechtfertigung zu erfreuen. Es gibt eine perfekte, objektive, äußerliche Gerechtigkeit, die uns angerechnet wird und die nicht von uns, sondern von Christus ist. Bunyan ist derjenige, der Die Pilgerreise schrieb, das Buch, das nach der Bibel am meisten verkauft wurde. Er war ein Pastor im 17. Jahrhundert, der mehr als zwölf Jahre im Gefängnis verbrachte, weil er nicht aufhörte, das Wort vom Kreuz zu predigen. John Owen, der größte puritanische Theologe und ein Zeitgenosse Bunyans, wurde einmal von König Charles II. gefragt, warum er denn einen ungebildeten Kesselflicker predigen hören wollte. Seine Antwort war: »Mit Verlaub, Eure Majestät, wenn ich die Fähigkeit des Kesselflickers, zu predigen, haben könnte, würde ich freiwillig mein ganzes Wissen aufgeben.«[10]

Aber Bunyan war nicht immer so mutig und voll von der Kraft des Evangeliums. In seinen Zwanzigern gab es schreckliche Kämpfe.

Eine ganze Flut von Blasphemien, sowohl gegen Gott und Christus, als auch gegen die Schrift, wurde auf meinen Geist geschüttet, zu meiner großen Verwirrung und Verwunderung. … Mein Herz war zeitweilig äußerst hart. Auch wenn man mir tausend Pfund für eine Träne gegeben hätte, hätte ich keine vergießen können. … Ach, welch eine Hoffnungslosigkeit im Herzen des Menschen. … Ich fürchtete, dass diese meine schlimme Sünde die unverzeihliche Sünde sein könnte. … Ach, niemand außer mir kennt die Plagen jener Tage.[11]

Dann kam der entscheidende Moment des Sieges über Verzweiflung und Freudlosigkeit. Es war ein Erwecken zu der herrlichen Wahrheit der Anrechnung der Gerechtigkeit Christi.

Eines Tages, als ich am Feld entlangging … fiel dieser Satz auf meine Seele. Deine Gerechtigkeit ist im Himmel. Und … mit den Augen meiner Seele sah ich Jesus Christus zur Rechten Gottes; dort, sage ich, war meine Gerechtigkeit; so dass, egal wo ich war und was ich tat, Gott nicht von mir sagen könnte, ihm fehle meine Gerechtigkeit, denn diese war gerade vor ihm. Ferner sah ich auch, dass es nicht meine gute Herzensverfassung war, die meine Gerechtigkeit besser machte, und ebenso wenig meine schlechte Verfassung, die meine Gerechtigkeit schlechter machte, denn meine Gerechtigkeit war Jesus Christus selbst – »derselbe gestern und heute und in Ewigkeit« (Hebräer 13,8). Jetzt fielen meine Ketten in der Tat von meinen Füßen. Ich wurde von meinen Bedrängnissen und Schellen gelöst; meine Versuchungen flohen ebenso davon; so dass von dieser Zeit an diese furchtbaren Schriften von Gott [über die unverzeihliche Sünde] aufhörten, mich zu plagen; jetzt ging ich auch nach Hause voller Freude über die Gnade und die Liebe Gottes.[12]

Er ging voller Freude nach Hause. Das ist die Wirkung des Wortes vom Kreuz, wenn man mit den Augen des Herzens die Herrlichkeit der Gnade Gottes in der Rechtfertigung sieht. Als er vom Feld nach Hause ging, atmete Bunyan dieselbe Luft wie Martin Luther, der dieselbe Entdeckung in einem Kloster machte. Als das Licht dämmerte, sagte Luther:

Ich begann zu verstehen, dass die Gerechtigkeit Gottes das ist, wodurch der gerechte Mensch lebt, durch eine Gabe Gottes, nämlich durch den Glauben. Und dies ist die Bedeutung: Die Gerechtigkeit Gottes ist im Evangelium offenbart, nämlich die passive Gerechtigkeit, mit der der gnädige Gott uns durch den Glauben rechtfertigt. … Jetzt fühlte ich mich, als ob ich ganz von neuem geboren wäre und durch offene Tore in das Paradies selbst eingetreten wäre.[13]

Wie Micha um Freude kämpfte, nachdem er gesündigt hatte

Bunyan und Luther beschreiben die Freude am Entdecken der Wahrheit der Rechtfertigung allein durch den Glauben. Doch der Prophet Micha zeigt uns, wie ein Mensch, der schon an diese Lehre glaubt, diese dem Feind (sei es dem Selbst oder anderen Menschen oder Satan) ins Gesicht predigen kann und so um Freude kämpfen kann. Jetzt sind wir also zum Beispiel Michas zurückgekommen, das ich zuvor versprochen hatte. Auch wenn er nur die Lehre der Rechtfertigung in ihrer Form des Alten Testaments kannte, ist seine Anwendung dennoch ein sehr gutes Beispiel, wie wir sie uns selbst predigen können – oder irgendeinem Feind, der mit Ratschlägen der Verzweiflung versucht, unsere Freude zu töten. Diese Bibelstelle hat sich in vielen dunklen Zeiten als große Hilfe für mich erwiesen.

Hier ist das, was Micha sagte:

(8) Freue dich nicht über mich, meine Feindin! Denn bin ich gefallen, stehe ich wieder auf; wenn ich auch in Finsternis sitze, ist der HERR doch mein Licht. (9) Das Zürnen des HERRN will ich tragen – denn ich habe gegen ihn gesündigt –, bis er meinen Rechtsstreit führt und mir Recht verschafft. Er wird mich herausführen an das Licht, ich werde seine Gerechtigkeit anschauen (Micha 7,8-9).

Ich bezeichne die Einstellung Michas gern als unerschrockenes Schuldbewusstsein. Einerseits ist er wirklicher Sünde schuldig. In Vers 9 sagt er schlicht und ergreifend: »Ich habe gegen ihn gesündigt.« Micha weiß es und versucht nicht, es zu verstecken. Er bereut es und ist gebrochen und versucht nicht, irgendetwas unter den Teppich zu kehren. »Das Zürnen des HERRN will ich tragen.« Es gibt also nicht nur wirkliche Schuld, sondern auch wirklichen göttlichen Zorn. Es gefällt Gott nicht, was Micha tat. Er ist zornig. Micha reklamiert nicht, dass das nicht sein kann – dass Gott nie zornig mit seinen Kindern ist. Er umgeht nicht die Strafe seines Gottes mit sentimentalem Gerede über Gottes Gnade. Die Gnade wird schon früh genug kommen. Micha ist beschämt und akzeptiert Gottes Zorn: »wenn ich auch in Finsternis sitze«. Er legt seine Hand auf seinen Mund und akzeptiert den Kummer und die Schwermut, die über ihm hängen. Es gibt hier keine schnelle Lösung. Im christlichen Leben gibt es solche Zeiten. Es ist töricht von uns, sie leicht zu nehmen oder zu trivialisieren oder zu leugnen, dass es sie gibt. Gott ist heilig, und er züchtigt die Kinder, die er liebt. Es gibt einen väterlichen Zorn, welcher nicht mehr der Zorn eines Richters ist (Hebräer 12,5-11).

Warum war Michas Schuldbewusstsein unerschrocken?

Doch ich sagte, dass diese Bibelstelle ein unerschrockenes Schuldbewusstsein beschreibt. Erstaunlicherweise, in all seiner Reue und Schwermut unter Gottes Zorn, wendet sich Micha seinem Feind zu und sagt: »Freue dich nicht über mich, meine Feindin! Denn bin ich gefallen, stehe ich wieder auf.« Der Feind will es ihm schmerzhaft deutlich machen. Der Feind sagt, dass die Sünde Michas ihn von seinem Gott abschneidet. Der Feind lügt und versucht, Micha hoffnungslos zu machen. Das ist ein bedeutender Kampf gegen Michas Freude an Gott. Und Micha kämpft gut – er predigt das Evangelium der Rechtfertigung durch den Glauben. Er gibt uns ein Beispiel, wie wir mit der Waffe des Evangeliums um Freude kämpfen können.

Er sagt: »Wenn ich auch in Finsternis sitze, ist der HERR doch mein Licht.« Erinnern Sie sich daran, dass diese Finsternis die Strafe des Herrn ist. Gottes Zorn brennt! Und inmitten der von Gott verhängten Finsternis sagt Micha: »Gott ist mein Licht.« Er rechnet mit Gottes Licht in der Finsternis, die Gott selbst gesandt hat. Das bedeutet es, unerschrocken zu sein. Das ist es, was wir in unserer Finsternis lernen müssen – selbst in der Finsternis, die wir durch unsere Sünde selbst auf uns gebracht haben. Ja, ich bin in der Schwermut wegen meines Versagens. Ja, Gott hat mich in seinem Missfallen hierhin versetzt. Aber nein, ich bin nicht verlassen, und Gott ist nicht gegen mich. Er ist für mich. Selbst in der Finsternis, die er auferlegt, wird er mich stärken. Er wird mich nicht gehen lassen. Selbst wenn er mich tötet, wird er mich retten. Wir müssen lernen, im Kampf um Freude auf diese Weise zu uns selbst zu predigen.

Dann sagt Micha etwas noch Erstaunlicheres: »Das Zürnen des HERRN will ich tragen – denn ich habe gegen ihn gesündigt –, bis er meinen Rechtsstreit führt und mir Recht verschafft.« Inmitten seiner Schuld und in der Schwermut wegen ihrer Konsequenzen, weiß er, dass der Finsternis eine Grenze gesetzt ist. Gott wird kommen. »Und wenn er kommt, dann wird er meinen Rechtsstreit führen.« Er wird mein Verteidiger im Gericht sein, nicht mein Ankläger. Derjenige, der ihn in das Gefängnis der Finsternis warf, wird Michas Kaution bezahlen und seine Sache vor Gericht vertreten und sicherstellen, dass er freigesprochen wird und wieder in Freude leben kann.

Er geht noch weiter und sagt, dass wenn Gott zu ihm in der Finsternis kommt, er ihm »Recht verschaffen« wird. Michas Feinde sagen, dass er gefallen ist, was bedeutet, dass Gott gegen ihn ist. »Siehst du das denn nicht, Micha? Du gibst ja selbst zu, dass du gesündigt hast. Du sagst selbst, dass Gott zornig ist. Du sagst selbst, dass die Finsternis und Schwermut von dem Herrn sind. Es gibt nur eine vernünftige Erklärung: Gott fällt ein Urteil gegen dich. Du magst ihn vielleicht einmal ›Vater‹ genannt haben, aber das ist jetzt vorbei. Jetzt ist er Richter. Du bist schuldig, und das Urteil fällt gegen dich aus.« Das ist es, was der Feind sagt.

Im Angesicht all dieser »vernünftigen« Anklagen (von dem Selbst, anderen Menschen oder Satan) predigt Micha die Lehre der Rechtfertigung durch den Glauben. Wenn er in dieser Zeit nach dem Kreuz Christi gelebt hätte, würde er den Grund der Barmherzigkeit Gottes deutlich machen, nämlich die Gerechtigkeit Jesu Christi. Er sagt: »Passt auf, alle, die ihr so sprecht. Mein Gott – der Gott des Bundes, der mich durch Glauben und nicht durch Werke für gerecht erklärt – wird bald ein Urteil für mich fällen. Das heißt, dass ihr, meine Feinde, diejenigen sein werdet, die gerichtet werden. Gebt Acht und lernt durch meine wachsende Hoffnung und mein unerschrockenes Schuldbewusstsein die Lehre der Rechtfertigung allein durch den Glauben.« Wenn ihr das nicht lernt, dann werden eure Freuden in diesem Leben auf einer Illusion gegründet sein – der Illusion, dass euer Schiff unsinkbar ist.

Michas Worte sind ein äußerst wichtiges Beispiel dafür, wie wir das Evangelium uns selbst predigen können, wenn Entmutigung und Finsternis uns als Christen zu überwältigen drohen. Michas Weg – der biblische Weg – ist vollkommen anders als die schnelle Lösung, die versucht, die Ernsthaftigkeit der Sünde und den Schmerz der Strafe Gottes zu leugnen. Wir dürfen jedoch nicht denken, dass Gott uns immer nur wegen offensichtlicher Sünde in diese schmerzhafte Schule schickt. Paulus nahm jedes Unglück im Leben als von der züchtigenden Hand Gottes an. Selbst die Unglücke, die ihn sagen ließen, »dass wir übermäßig beschwert wurden, über Vermögen, so dass wir sogar am Leben verzweifelten« – auch diese nahm er an, als von Gottes souveräner Hand. Er erklärte, dass in all diesen Umständen Gottes Intention gut war, nämlich: »… damit wir nicht auf uns selbst vertrauten, sondern auf Gott, der die Toten auferweckt « (2. Korinther 1,8-9).

Unerschrockenes Schuldbewusstsein ist das Gegenteil von billiger Gnade

Im Kampf um lebenserhaltende, die Frucht der Liebe tragende Freude müssen wir lernen, zu uns selbst mit unerschrockenem Schuldbewusstsein zu predigen. Das ist etwas ganz anderes als »billige Gnade«. Erinnern Sie sich an Dietrich Bonhoeffer, den jungen deutschen Theologen? Er wurde am 9. April 1945 im Konzentrationslager Buchenwald gehängt, auf besonderen Befehl von Himmler. Er schrieb ein kleines Buch, das von vielen in den radikalen Zeiten der späten sechziger Jahre gelesen wurde, als ich auf dem College war. Es heißt Nachfolge. Ich kaufte es mir, als ich 1967 in meinem letzten Studienjahr war. Es hat mich $1,45 gekostet. Ich danke Gott, wenn ich mir anschaue, was ich mir als 21-jähriger Student unterstrichen habe, auf der Suche nach einer Sache, für die es sich lohnt zu leben.

Was Bonhoeffer in seinem Buch angreift, ist das Gegenteil von dem, was Micha tat. Es gibt Menschen, die sich weigern, mit Micha in die Finsternis zu gehen und die Zurechtweisung Gottes zu empfangen. Bonhoeffer nennt diese Weigerung »billige Gnade«. Er hat sie auf folgende Weise beschrieben. Es ist wichtig, dass wir das hören, damit wir nicht den Kampf um Freude mit billiger Gnade verwechseln. Der Kampf um Freude ist nicht billige Gnade. Er ist Michas unerschrockenes Schuldbewusstsein. Er ist die Kraft, um in der Finsternis von Gottes echtem Zürnen die Rechtfertigung durch den Glauben zu predigen.

Billige Gnade ist Predigt der Vergebung ohne Buße, ist Taufe ohne Gemeindezucht, ist Abendmahl ohne Bekenntnis der Sünden, ist Absolution ohne persönliche Beichte. Billige Gnade ist Gnade ohne Nachfolge, Gnade ohne Kreuz, Gnade ohne den lebendigen, Mensch gewordenen Jesus Christus. … Nur wer in der Nachfolge Jesu im Verzicht auf alles, was er hatte, steht, darf sagen, dass er allein aus Gnaden gerecht werde. … Wir, die Raben, haben uns um den Leichnam der billigen Gnade gesammelt, von ihr empfingen wir das Gift, an dem die Nachfolge Jesu unter uns starb.[14]

Der Zustand in der Gemeinde der westlichen Welt hat sich seit den Tagen Bonhoeffers nicht verbessert. Heutzutage ist billige Gnade unter Evangelikalen in der unverfolgten Gemeinde verbreitet. Billige Gnade ist der falsche Weg, sich im Kampf um Freude auf Gnade zu stützen. Es gibt einen anderen Weg, um Freude zu kämpfen – der Weg Michas, der Weg der mutigen Gebrochenheit, der Weg des unerschrockenen Schuldbewusstseins.

Im Kampf um Freude ist der Unterschied zwischen Michas unerschrockenem Schuldbewusstsein und »billiger Gnade« der, dass Micha die Sünde so ernst nimmt. Es gab einen verwerflichen Fall. Es gibt echtes und schreckliches Zürnen von Gott. Es gibt eine Zeit der entsetzlichen Dunkelheit. Es gibt Gebrochenheit und Reue, während wir geduldig die Strafe unseres Gottes ertragen. Aber in der Asche unseres Bedauerns geht die Flamme des Mutes nie aus. Sie mag flimmern. Aber wenn unser Selbst oder Satan uns höhnisch vorwirft, dass wir am Ende sind, ergreifen wir den Glauben Michas – ja, wir ergreifen gewiss Christus und seine Gerechtigkeit – und sagen: »Freue dich nicht über mich, meine Feindin! Denn bin ich gefallen, stehe ich wieder auf; wenn ich auch in Finsternis sitze, ist der HERR doch mein Licht. … Er [führt] meinen Rechtsstreit … und [verschafft] mir Recht. Er wird mich herausführen an das Licht.« 

Das Zentrum des Kampfes um Freude

Das Wort des Kreuzes zu hören und es uns selbst zu predigen, ist die zentrale Strategie im Kampf um Freude. Ohne diese Strategie funktioniert nichts. Hier fangen wir an. Und hier bleiben wir. Wir wachsen niemals über das Evangelium hinaus. Hier sehen wir die Herrlichkeit Christi deutlicher als irgendwo anders. Das Evangelium ist sogar »[das Evangelium] von der Herrlichkeit des Christus, der Gottes Bild ist« (2. Korinther 4,4). Wenn das Sehen Christi der Schlüssel dazu ist, ihn zu genießen (und das ist es!), dann ist es hier, wo wir verweilen müssen. Das Wort vom Kreuz ist die Offenbarung der Herrlichkeit Christi.

Und hier im Kreuz wird jeder Feind der Freude überwunden: göttlicher Zorn, weil Jesus unser Fluch wird; wirkliche Schuld, weil er unsere Vergebung wird; Rechtsbruch, weil er unsere Gerechtigkeit wird; Entfremdung von Gott, weil er unsere Versöhnung wird; Sklaverei unter Satan, weil er unsere Erlösung wird; Gefangenschaft in der Sünde, weil er unsere Befreiung wird; Gewissensbisse, weil er unsere Reinigung wird; Tod, weil er unsere Auferstehung wird; Hölle, weil er unser ewiges Leben wird. Und an dieser Stelle widerstehe ich dem Verlangen, mit Dutzenden von Wegen fortzufahren, wie das Kreuz die Feinde unserer Freude besiegt. Stattdessen verweise ich Sie auf das Buch, in dem ich 50 von ihnen gesammelt habe: Die Passion Jesu Christi: Fünfzig Gründe, warum er kam, um zu sterben.[15]

Durch das Kreuz erkaufte und sicherte Gott jeden möglichen Segen, der jemals benötigt werden konnte, um uns für immer glücklich zu machen. »Er, der doch seinen eigenen Sohn nicht verschont, sondern ihn für uns alle hingegeben hat: wie wird er uns mit ihm nicht auch alles schenken?« (Römer 8,32). Die Antwort auf diese Frage ist nicht ungewiss. Gott wird – mit Blut besiegelt – uns mit Christus alles schenken, aufgrund des Todes seines Sohnes. Das heißt: Er wird uns alles geben, was wirklich gut für uns ist. Wir müssen uns das jeden Tag predigen, weil Satan das Gegenteil predigt. Was könnte unsere Freude schon stoppen, wenn wir wirklich an diese Wahrheit glaubten? Alles, was wir benötigen, um in Gott unsere Zufriedenheit zu finden, hat das Kreuz sichergestellt. Es kann nicht versagen.

Das Kreuz, die Freude, das Opfer der Liebe und die Herrlichkeit Gottes

Durch seinen gehorsamen Tod wurde Jesus zu unserer Gerechtigkeit vor Gott. Er wurde daher zum Grund unserer unerschütterlichen Freude. Und deshalb der Grund für unsere radikalsten, am meisten riskierenden Taten der Liebe. Als die berühmten fünf Missionare in Ecuador – Jim Elliot, Peter Fleming, Ed McCully, Nate Saint, Roger Youderian – 1956 ihren letzten Versuch unternahmen, die Liebe Gottes zu den Waorani zu bringen, bevor sie am Flussufer getötet wurden, sangen sie als Teil ihrer letzten Vorbereitungen Edith Cherrys Lied »Wir ruhen in dir«. Im Herzen dieser Hymne ist eine Strophe mit dem Herzen des Evangeliums – die angerechnete Gerechtigkeit Christi.

Ja, in deinem Namen, Führer unserer Rettung!
In deinem teuren Namen, der über alle Namen ist;
Jesu unsere Gerechtigkeit, unsere sichere Gründung,
Du unser Prinz der Herrlichkeit und König der Liebe bist.

Woher bekommen Missionare (die, wie wir alle, Sünder sind) den Mut, den Spießen derer, denen sie Liebe erweisen, gegenüberzustehen und lieber zu sterben, als Schusswaffen in ihren Händen zu gebrauchen? Sie bekommen den Mut durch die höhere Zufriedenheit, die sie in Christus haben, über alles andere, was die Welt bieten kann. »Der ist kein Tor, der hingibt, was er nicht behalten kann, auf dass er gewinne, was er nicht verlieren kann.«[16] Ja, besonders, wenn es die vollkommen glücklich machende Herrlichkeit Christi ist, die wir nicht verlieren können.

Und unter dieser höheren Zufriedenheit in Christus liegt das Evangelium der Rechtfertigung allein durch den Glauben. Christus war ihre Gerechtigkeit. Christus war ihre sichere Grundlage. Deshalb war ihre Freude unbesiegbar. Und ihre Liebe zu Menschen war größer als ihre Liebe zum Leben. Oh, mögen wir doch das Geheimnis des unerschrockenen Schuldbewusstseins lernen – und wie wir als gerechtfertigte Sünder um Freude kämpfen können. Wenn das Evangelium Christi diese Auswirkung hat, wird unsere Freude vollkommen sein, und seine Herrlichkeit wird scheinen.


  1. John Bunyan, Grace Abounding to the Chief of Sinners (Hertfordshire: The Evangelical Press, 1978), S. 90-91.
  2. Für eine Erklärung, warum unsere Freude immer wachsend sein wird, siehe John Piper, »Can Joy Increase Forever? Meditation on Ephesians 4:29 and 5:4«, A Godward Life, Book Two Sisters: Multnomah, 1999), S. 162-164.
  3. Christopher Catherwood, Five Evangelical Leaders (Wheaton: Harold Shaw Publishers, 1985), S. 170-171. Interessierte Leser können die Webseite von Martyn Lloyd-Jones Trust Recordings (http://www.mlj.org.uk) besuchen, um Online-Predigten zu hören.
  4. Jonathan Edwards, The Works of Jonathan Edwards, Bd. 13, »Miscellanies«, a-500, Hrsg. Thomas Schafer (New Haven: Yale University Press, 1994), S. 495 (Nr. 448), siehe auch Nr. 87, S. 251-252; Nr. 332, S. 410. Weil [Gott] unendlichen Wert auf seine eigene Herrlichkeit legt, die aus der Kenntnis seiner Person, der Liebe zu ihm, [das heißt,] Zufriedenheit und Freude an ihm, besteht, deshalb hat er Wert auf das Bild, die Kommunikation oder die Gemeinschaft dieser Dinge in der Kreatur gelegt. Und es ist deshalb, weil er Wert auf sich selbst legt, dass er sich an der Kenntnis und Liebe und Freude der Kreatur erfreut; da er doch das Objekt der Kenntnis und Liebe und Gemeinschaft der Kreatur ist. … Gottes Achtung für das Wohlbefinden der Kreatur und seine Achtung für sich selbst ist keine geteilte Achtung; beides ist in einem vereint, da die beabsichtigte Freude der Kreatur Freude in der Gemeinschaft mit ihm selbst ist. (Dissertation Concerning the End for Which God Created the World, in: The Works of Jonathan Edwards, Hrsg. Paul Ramsey, Bd. 8, S. 532-533, Hervorhebung hinzugefügt).
  5. Jonathan Edwards, »Some Thoughts Concerning the Revival«, in: The Works of Jonathan Edwards, Bd. 4, The Great Awakening, Hrsg. C. Goen (New Haven: Yale University Press, 1972), S. 387.
  6. Martyn Lloyd-Jones, Geistliche Krisen und Depressionen – Ursachen und Überwindung (Bad Liebenzell: Verlag der Liebenzeller Mission, 1983), S. 7, 11.
  7. Ebd., S. 21-22.
  8. Ebd., S. 22.
  9. Das historische Westminster-Glaubensbekenntnis drückt sehr gut aus, wie der Glaube allein rechtfertigt, aber niemals allein ist und immer zu Liebe führt (zitiert aus http://www.glaubensstimme.de/bekenntnisse/624.htm, 2.2.2006): Diejenigen, die Gott wirksam beruft, die rechtfertigt er auch aus Gnaden, nicht indem er sie mit Gerechtigkeit erfüllt, sondern dadurch, dass er ihre Sünden vergibt und ihre Personen als gerecht erachtet und sie annimmt, nicht wegen irgendetwas, was in ihnen bewirkt oder von ihnen getan worden ist, sondern um Christi willen allein. Weder der Glaube selbst, nämlich der Glaubensakt, noch irgendein anderer evangelischer Gehorsam (wie die Umkehr zu Christus), wird ihnen als Gerechtigkeit angerechnet. Vielmehr erfolgt die Rechtfertigung dadurch, dass ihnen die Gerechtigkeit und die Sühne Christi angerechnet wird, wobei sie sich auf ihn und seine Gerechtigkeit verlassen und diese durch den Glauben empfangen; solch einen Glauben haben sie jedoch nicht aus sich selbst – er ist ein Geschenk Gottes. (11.1) Der Glaube, nämlich Christus aufzunehmen und auf ihn und seine Gerechtigkeit zu vertrauen, ist das einzige Mittel der Rechtfertigung. Doch er ist in der gerechtfertigten Person nicht allein, sondern immer vereint mit allen anderen heilsamen Gnadengaben; so ist er kein toter Glaube, sondern ein Glaube, der durch die Liebe tätig ist. (11.2)
  10. Andrew Thomson, »Life of Dr. Owen«, in The Works of John Owen, Hrsg. W.H. Goold, 24 Bände (1850-1853; Nachdruck: Edinburgh: Banner of Truth, 1965), Bd. 1, S. XCII.
  11. John Bunyan, Grace Abounding to the Chief of Sinners (Hertfordshire: Evangelical Press, 1978), S. 55-59.
  12. Ebd., S. 90-91.
  13. John Dillenberger, Hrsg., Martin Luther: Selections from His Writings (Garden City: Doubleday and Co., 1961), S. 11-12.
  14. Dietrich Bonhoeffer, Nachfolge (1937; Nachdruck: München: Kaiser, 1987), S. 14, 22, 24.
  15. Bielefeld: Christliche Literatur-Verbreitung, 2004.
  16. Jim Elliot, zitiert aus Elisabeth Elliott, Im Schatten des Allmächtigen: Das Tagebuch Jim Elliots (Bielefeld: Christliche Literatur-Verbreitung, 1993), S. 14.